Migranten inhaftiert

Tomás González
© Ricardo Ramírez Arriola
Menschenrechtsverteidiger_innen, die sich für Migrant_innen einsetzen, sind während einer Operation der Polizei und Einwanderungsbehörden zur Inhaftierung von Migrant_innen ohne regulären Aufenthaltsstatus in der Gemeinde Zapata im Bundesstaat Tabasco verletzt worden. Der Verbleib der Migrant_innen ist nicht geklärt.
Appell an
INNENMINISTER
Miguel Ángel Osorio Chong
Secretaría de Gobernación
Bucareli 99, col. Juárez
Cuauhtémoc Distrito Federal,
MEXIKO, C.P. 06600
(Anrede: Dear Minister / Sr. Secretario / Sehr geehrter Herr Innenminister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414
E-Mail: secretario@segob.gob.mx
GENERALSTAATSANWALT DES BUNDESSTAATES TABASCO
Fernando Valenzuela Pernas
Av. Paseo Usumacinta No. 802 Col. Gil y Sáenz (antes El Águila).
Villahermosa
Tabasco
MEXIKO
(Anrede: Dear Attorney General / Sr. Fiscal General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (0052) 993 313 6550 (Bitte sagen Sie "tono de fax por favor")
E-Mail: procurador@pgjtabasco.gob.mx
Sende eine Kopie an
ÖRTLICHE ORGANISATION
La 72 albergue de migrantes
E-Mail: ruben_migrante@hotmail.com
BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
I.E. Patricia Espinosa Cantellano
Klingelhöferstraße 3
10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23-700
E-Mail: mail@mexale.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 13. Juni 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Ich fordern Sie nachdrücklich auf, den Verbleib der etwa 320 Migrant_innen aus Zapata bekanntzugeben und sicherzustellen, dass sie Zugang zu Menschenrechts-NGOs und Rechtsbeiständen haben.
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Ich möchte zudem darauf dringen, umgehend eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Vorfälle während der Operation durchzuführen, die Ergebnisse zu veröffentlichen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
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Bitte stellen Sie umgehend wirksamen Schutz für Rubén Figueroa, Fray Tomás González und die Migrant_innen in der Herberge La 72 zur Verfügung.
- Ich möchte meine Sorge darüber zum Ausdruck bringen, dass die Operation zur Inhaftierung von Migrant_innen seitens der INM und der Polizei am 30. April Berichten zufolge zu Menschenrechtsverletzungen an Migrant_innen und den Menschenrechtsverteidigern Rubén Figueroa, Fray Tomás González und Fray Aurelio Montero Vásquez geführt hat.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Calling on the authorities to make public the whereabouts of the 320 detained migrants and ensure that they have access to non-governmental human rights organizations and lawyers.
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Calling for a prompt, full and impartial investigation into incidents that occurred during the operation, for the results to be made public and for those responsible for the abuses to be brought to justice.
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Urging the authorities to provide immediate and effective protection to Rubén Figueroa, Fray Tomás González, and other migrants at the La 72 shelter.
- Expressing concern that the INM and police’s operation to detain migrants on 30 March reportedly resulted in human rights violations against migrants and migrants’ rights defenders Rubén Figueroa, Fray Tomás González and Fray Aurelio Montero Vásquez.
Sachlage
Am 30. April berichteten die Menschenrechtsverteidiger Rubén Figueroa, Fray Tomás González und Fray Aurelio Montero Vásquez, dass sie durch Angehörige der Nationalen Einwanderungsbehörde INM, der Bundespolizei und der Polizei des Bundesstaates Tabasco kleinere Verletzungen erlitten hätten, als diese bei einer Operation in Zapata Migrant_innen ohne regulären Aufenthaltsstatus festnahmen. Rubén Figueroa und Fray Aurelio Montero Vásquez sollen von Polizeibeamt_innen ins Gesicht geschlagen worden sein. Fray Tomás González wurde von INM-Vertreter_innen so stark geschubst, dass er schwer stürzte.
Zu diesem Vorfall kam es, als Rubén Figueroa und Fray Aurelio Montero Vásquez versuchten, eine Gruppe von etwa 320 Migrant_innen ohne regulären Aufenthaltstatus, einschließlich Kindern und schwangeren Frauen, mit Nahrung und humanitärer Hilfe zu versorgen. Die Migrant_innen hatten versucht, einen Güterzug in Richtung der Nordgrenze Mexikos zu besteigen. Als die Migrantenrechtsverteidiger in Zapata ankamen, sahen sie, dass INM-Vertreter_innen und Polizeibeamt_innen die Migrant_innen festnahmen und Frauen und Männer und einige Mütter von ihren Kindern trennten, ehe sie die Flüchtlinge in Bussen abtransportierten. Die Behörden sagten nicht, wohin die Migrant_innen gebracht wurden. Einige Migrant_innen flüchteten in die Umgebung, andere suchten Schutz in der Migrantenherberge La 72 in Tenosique. Diejenigen, die flüchten konnten, berichteten, dass mehrere Migrant_innen während der Operation von Angehörigen der INM und der Polizei geschlagen worden waren.
Fray Tomás González kam ohne den ihm zwei Wochen zuvor gewährten Polizeischutz dort an. Im März 2013 hatte der Interamerikanische Menschenrechtsausschuss eine besondere Schutzanordnung für Fray Tomás González und die Migrantenherberge La 72 erlassen. Die begrenzte Umsetzung der Anordnung seitens der mexikanischen Behörden führt jedoch zu mangelhaften und verzögerten Schutzmaßnahmen, wie bei dem kürzlich zur Verfügung gestellten Polizeischutz.
Hintergrundinformation
Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen werden in Mexiko aufgrund ihrer rechtmäßigen und bedeutenden Arbeit oft angegriffen, bedroht, eingeschüchtert, entführt oder getötet. Die dafür Verantwortlichen werden so gut wie nie gerichtlich belangt. Amnesty International begrüßt die Einführung des Gesetzes zum Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen im Jahre 2012. Allerdings haben viele der über 100 Bedrohten, die bislang auf Grundlage dieses Gesetzes um Schutzmaßnahmen gebeten haben, keinen zeitnahen oder wirksamen Schutz erhalten, was zu Frustration, Unsicherheit und Entmutigung geführt hat. Entgegen der Beteuerungen der mexikanischen Regierung ist das Gesetz noch weit davon entfernt, wirksam umgesetzt zu werden, weil es an gut ausgebildetem Personal und ausreichenden finanziellen Mitteln fehlt und das Gesetz von Politiker_innen höherer Ebenen nicht genügend unterstützt wird. Diese Mängel führen dazu, dass die Behörden sowohl auf Landes- als auch auf Regionalebene die in diesem Gesetz vorgesehenen Schutzmaßnahmen oftmals nicht anwenden. Angriffe auf Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen werden meist geduldet und die dafür Verantwortlichen gehen häufig straffrei aus, da die dazu angestellten Ermittlungen oftmals unzureichend sind und von Behörden durchgeführt werden, die selbst der Beteiligung an Übergriffen verdächtigt werden. Gegen die Gewalt, deren Opfer Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen häufig werden, muss dringend umfassend vorgegangen werden, wobei die genannten Schutzmaßnahmen nur ein Teil der Gesamtstrategie sein dürfen. Die mexikanische Regierung hat bisher auf das Klima anhaltender Bedrohung, der Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen in mehreren Bundesstaaten ausgesetzt sind, nicht überzeugend reagiert.
2013 nahmen die Einwanderungsbehörden Mexikos 82 269 Migrant_innen fest und 75 704 wurden abgeschoben, die große Mehrheit nach Guatemala, Honduras und El Salvador. Eine größere Zahl mittelamerikanischer Migrant_innen versuchte, in die USA zu gelangen. In Mexiko erleiden viele Migrant_innen weiterhin Verstöße durch die Polizei, und andere werden Opfer gezielter Entführungen, des Menschenhandels, von Vergewaltigung und Tötungen durch kriminelle Banden, die häufig im Einvernehmen mit lokalen Behörden agieren. Reformen der Migrationsgesetzgebung, die manche Rechte von Migrant_innen, insbesondere das Recht auf Schutz und Zugang zur Justiz stärkten, wurden nicht angemessen umgesetzt. Die nationale Strategie zur Bekämpfung der Entführung von Migrant_innen zieht immer noch keine kriminellen Banden und Mitarbeiter_innen von Behörden zur Verantwortung, die Menschenrechtsverletzungen an Migrant_innen begehen. 2011 berichtete die nationale Menschenrechtskommission von 10 000 Entführungen von Migrant_innen ohne regulären Aufenthaltsstatus durch kriminelle Banden in einem Zeitraum von nur sechs Monaten, häufig im Einvernehmen mit Behördenvertreter_innen. Die Verantwortlichen für Verschleppungen und andere Menschenrechtsverletzungen an Migrant_innen werden nur selten zur Rechenschaft gezogen.
Die Behörden auf Bundesstaatenebene ignorieren die Misere der Migrant_innen zu großen Teilen, und die Bundesbehörden sehen Migrantenströme zunehmend als Gefahr für die nationale Sicherheit, statt die Sicherheit von Migrant_innen auf der Durchreise zu gewährleisten. Vor kurzem reisten Mütter von Migrant_innen aus Mittelamerika auf der Suche nach ihren Kindern durch Mexiko und forderten staatliche Untersuchungen. Die nationale Menschenrechtskommission veröffentlichte kürzlich einen unbefriedigenden Bericht zu der Tötung von 72 Migrant_innen in San Fernando im Bundestaat Tamaulipas im August 2010. Das Versagen der Behörden beim Schutz des Rechts auf Leben der Migrant_innen und der umfassenden Aufklärung des Massakers war nicht Inhalt des Berichts. Er beschränkte sich auf begrenzte Aspekte des Falls im Zusammenhang mit grob fehlerhaften forensischen Untersuchungen zur Identifizierung der Opfer. Die Leichname aus anderen Massakern, von denen viele vermutlich Migrant_innen sind, sind noch gar nicht identifiziert worden.