Drei türkische Männer in Gefahr
Karte Malaysia
© based on UN map
Drei türkische Staatsangehörige sind laut der malaysischen Polizei in Malaysia unter Berufung auf die Antiterrorgesetze festgenommen und inhaftiert worden. Es besteht Sorge um ihre Sicherheit, falls sie an die Türkei ausgeliefert werden sollten.
Appell an
PREMIERMINISTER Office of the Prime Minister of Malaysia Main Block, Perdana Putra Building Federal Government Administrative Centre 62502 Putrajaya, MALAYSIA (Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Premierminister) Fax: (00 60) 3 8888 3444
INNENMINISTER YB Dato’Seri Dr. Ahmad Zahid bin Hamidi Kementerian Dalam Negeri Malaysia, Block D1, D2 & D9 Kompleks D, Pusat Pentadbiran Kerajaan Persekutuan, 62546 Putrajaya, MALAYSIA (Anrede: Dear Home Minister / Sehr geehrter Herr Innenminister) Fax: (00 60) 3 8889 1613 E-Mail: ahmadzahid@moha.gov.my
Sende eine Kopie an
GENERALSTAATSANWALT Tan Sri Mohamed Apandi Ali Attorney General’s Office No. 45 Persiaran Perdana Precinct 4, 62100 Putrajaya, Wilayah Putrajaya, MALAYSIA (Anrede: Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt) Fax: (00 60) 3 2070 7500 E-Mail: pro@agc.gov.my
BOTSCHAFT VON MALAYSIA S.E. Herr Zulkifli Bin Adnan Klingelhöferstr. 6, 10785 Berlin Fax: 030-88 57 49 50 oder 030-88 57 49 55 E-Mail: mwberlin@malemb.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Malaysisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 16. Juni 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Ich möchte Sie höflich bitten, Ihren Verpflichtungen aus internationalen Menschenrechtsabkommen nachzukommen, Turgay Karam, Ismet Ozcelik und Ihsan Aslan sowie andere Personen nicht in ein Land abzuschieben, sie nicht auszuliefern oder in anderer Weise zurückzuführen, in dem sie Gefahr laufen, gefoltert und in anderer Weise misshandelt zu werden oder andere Menschenrechtsverletzungen erleiden könnten.
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Ich möchte meine Sorge über die willkürliche Art und Weise zum Ausdruck bringen, in der die drei Männer in Haft genommen wurden.
- Gewähren Sie bitte beiden Männern sofortigen Zugang zu einem Rechtsbeistand sowie Besuche durch ihre Familien und ein Verfahren vor einem unabhängigen Gericht, bei dem die internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren strikt beachtet werden.
Sachlage
Der Polizeipräsident von Malaysia hat am 5. Mai bestätigt, dass drei türkische Staatsangehörige – der Schulleiter Turgay Karaman, der Akademiker Ismet Ozcelik und der Geschäftsmann Ihsan Aslan – unter Berufung auf das Sicherheitsgesetz (Security Offences Special Measures Act 2012 - SOSMA) festgenommen und inhaftiert wurden. Es wird nach Abschnitt 130J des Strafgesetzbuchs in Verbindung mit dem SOSMA wegen angeblicher Bewerbung und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder wegen der Beauftragung von Terrorakten gegen sie ermittelt.
Am 2. Mai wurden Sorgen um Turgay Karaman laut, als er nicht wie vorgesehen zu einem Treffen erschien. Laut seinem Rechtsbeistand tauchte im Internet ein Überwachungsvideo auf, in dem zu sehen ist, wie Turgay Karaman von nicht identifizierten Männern in Zivil auf einem Parkplatz in Kuala Lumpur umringt und dann in einem nicht gekennzeichneten Fahrzeug abtransportiert wird. In derselben Nacht meldete die Frau von Ihsan Aslan, einem Freund von Turgay Karaman, ihren Mann als vermisst. Am 4. Mai wurde laut seinem Rechtsbeistand Ismet Ozcelik von fünf Fahrzeugen gestoppt, als er mit Freund_innen in einem Auto unterwegs war. 20 Personen stürmten auf sie ein, konfizierten ihre Telefone und entführten Ismet Ozcelik in ihrem Fahrzeug. Der Innenminister gab später an, dass in Verbindung mit dem sogenannten Islamischen Staat gegen sie ermittelt werde. Den drei Männern wird weder Zugang zu ihren Rechtsbeiständen noch zu ihren Familien gewährt. Sie sind daher unter Verstoß gegen internationale Menschenrechtsabkommen ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft. Aufgrund der mysteriösen Umstände ihrer Festnahmen besteht zudem die Sorge, dass ihnen Folter und andere Misshandlungen, ein unfaires Verfahren oder andere Menschenrechtsverletzungen drohen könnten, sollten sie an die Türkei ausgeliefert werden. Die Männer werden zurzeit im Polizeipräsidium Bukit Aman in Kuala Lumpur festgehalten.
2016 soll die türkische Regierung ihre Verbündeten unter Druck gesetzt haben, strafrechtliche Maßnahmen gegen vermeintliche Unterstützer_innen von Fethullah Gülen zu ergreifen, den die türkischen Behörden beschuldigen, der Drahtzieher des Putschversuchs in der Türkei gewesen zu sein. Fethullah Gülen weist diese Vorwürfe zurück. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen haben glaubhafte Beweise für willkürliche Inhaftierungen durch die türkischen Behörden und das Foltern von Gefangenen, die im Verdacht stehen, der Gülen-Bewegung anzugehören. Wenn die drei Männer verdächtigt werden, mit der Gülen-Bewegung in Verbindung zu stehen, fürchtet Amnesty International, dass ihnen die Auslieferung an die Türkei und dort Misshandlungen drohen.
Hintergrundinformation
2016 führte der Putschversuch in der Türkei zu einem massiven Vorgehen der Regierung gegen Angestellte im öffentlichen Dienst und die türkische Zivilgesellschaft. Dabei werden diejenigen zur Hauptzielscheibe, denen Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen werden. Die türkischen Behörden machen den Exilgeistlichen Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich.
Nach dem Putschversuch rief die türkische Regierung einen dreimonatigen Ausnahmezustand aus, der seither zweimal verlängert wurde und gegen eine Anzahl von Artikeln des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Die Regierung hat eine Reihe von Präsidialerlassen verabschiedet, die nicht einmal mehr diese bereits eingeschränkten Standards einhalten. Mehr als 100.000 Mitarbeiter_innen des öffentlichen Dienste, darunter Lehrer_innen, Polizist_innen und Militärangehörige, Ärzt_innen, Richter_innen und Staatsanwält_innen wurden mit der Begründung aus ihren Ämtern entlassen, sie hätten Verbindungen zu Terrororganisationen oder seien eine Bedrohung für die nationale Sicherheit. Mindestens 47.000 Menschen wurden in Untersuchungshaft genommen und beschuldigt, Verbindungen zu dem Putschversuch oder der Gülen-Bewegung zu haben, die von den türkischen Behörden als "Fethullahistische Terrororganisation" (FETÖ) bezeichnet wird. Es liegen glaubhafte Beweise für die Folter von Gefangenen vor, die von Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen dokumentiert wurden.
Am 13. Oktober 2016 wurden Alettin Duman und Tamer Tibik, zwei in Malaysia lebende Türken von ihren Familien vermisst gemeldet. Später ließ die türkische Regierung wissen, dass die drei von der malaysischen Regierung an sie übergeben worden waren, da man sie verdächtigte, den muslimischen Geistlichen Fethullah Gülen zu unterstützen. Seither sind sie ohne Gerichtsverfahren in der Türkei inhaftiert. In einem Brief an seine Frau beschreibt Tamer Tibik, wie er von unbekannten Sicherheitskräften am 13. Oktober 2016 entführt wurde. Er erzählt, wie ihm die Augen verbunden und er in Handschellen gelegt wurde und man ihn an einen unbekannten Ort brachte. Am darauffolgenden Tag setzte man ihn in ein Flugzeug in die Türkei. Amnesty International ist nach wie vor darüber besorgt, wie Malaysia auf Gesetze zur nationalen Sicherheit und Präventivhaft wie das SOSMA zurückgreift.
Das SOSMA entspricht nicht den internationalen Menschenrechtsstandards, wie sie die Mindeststandards für die Behandlung von Gefangenen (die Nelson-Mandela-Regeln) festlegen. Darin ist der ungehinderte Zugang zu einem Rechtsbeistand garantiert und es wird den Gefangenen voller und effektiver Zugang zum Gefängnisleben auf einer gerechten Grundlage zugestanden. Das SOSMA ermöglicht vielmehr, Gefangene in Einzelhaft zu nehmen; sie 48 Stunden ohne Kontakt zur Außenwelt festzuhalten und ihnen bis zu 28 Tage lang den Zugang zu Gerichten und/oder Rechtsbeiständen zu verweigern.
Bei einer parlamentarischen Anfrage sagte der stellvertretende Innenminister, dass zwischen dem 31. Juli 2012 und dem 22. Februar 2017 insgesamt 989 Personen unter Berufung auf das SOSMA inhaftiert worden seien; 363 sind inzwischen wieder auf freiem Fuß, gegen 139 läuft ein Strafverfahren und gegen 502 Personen liegt ein Schuldspruch vor.