In Haft wegen "illegalen" Büchern

Karte Malaysia

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Die Studentin Siti Noor Aishah ist wegen vermeintlichen Besitzes von zwölf Büchern, die von der malaysischen Regierung für "illegal" erklärt wurden, in Präventivhaft genommen worden.

Appell an

PREMIERMINISTER
Office of the Prime Minister of Malaysia
Main Block, Perdana Putra Building
Federal Government Administrative Centre
62502 Putrajaya
MALAYSIA
(Anrede: Dear Prime Minister / Sehr geehrter Herr Premierminister)
Fax: (00 60) 3 8888 3444

INNENMINISTER
YB Dato’Seri Dr. Ahmad Zahid bin Hamidi
Kementerian Dalam Negeri Malaysia,
Block D1, D2 & D9 Kompleks D, Pusat Pentadbiran Kerajaan Persekutuan, 62546 Putrajaya
MALAYSIA
(Anrede: Dear Home Minister / Sehr geehrter Herr Innenminister)
Fax: (00 60) 3 8889 1613
E-Mail: ahmadzahid@moha.gov.my

Sende eine Kopie an

GENERALSTAATSANWALT
Tan Sri Mohamed Apandi Ali
Attorney General’s Office
No. 45 Persiaran Perdana Precinct 4,
62100 Putrajaya, Wilayah
Putrajaya
MALAYSIA
(Anrede: Dear Attorney General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 60) 3 2070 7500
E-Mail: pro@agc.gov.my

BOTSCHAFT VON MALAYSIA
S.E. Herr Zulkifli Bin Adnan
Klingelhöferstr. 6, 10785 Berlin
Fax: 030-88 57 49 50 oder
030-88 57 49 55

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Malaysisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 18. Mai 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

E-MAILS, FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte ziehen Sie das beim Hohen Gericht eingelegte Rechtsmittel zurück und lassen Sie Siti Noor Aishah sofort und bedingungslos frei.

  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Siti Noor Aishah vor der ausstehenden Freilassung nicht gefoltert oder auf andere Weise misshandelt wird, dass sie regelmäßigen Kontakt zu ihrer Familie und Rechtsbeiständen ihrer Wahl hat und Zugang zu medizinischer Versorgung.

  • Bitte prüfen und ändern Sie das Gesetz Security Offences (Special Measures) Act und alle weiteren Gesetze, die längere Haftdauer oder Verwaltungshaft erlauben und das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren untergraben

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Malaysian Attorney-General to withdraw the appeal from the HIGHT Court and to immediately and conditionally release Siti Noor Aishah.

  • Urging the authorities to ensure that, pending release, Siti Noor Aisha is not tortured or otherwise other ill-treated, and granted access to her family, lawyer and any medical care she requires.

  • Urging them to review and amend the Security Offences (Special Measures) Act and all laws that allow for prolonged detention without charge, and undermine fair trial rights.

Sachlage

Die 29-jährige Doktorandin der Universität Malaya, Siti Noor Aishah Khairuddin, wird bis zur Anhörung am Hohen Gericht von Kuala Lumpur am 10. April, im Kajang-Gefängnis festgehalten. Am 27. März wurde sie zum zweiten Mal wegen vermeintlichen Besitzes von zwölf Büchern, welche ihre Unterstützung einer terroristischen Gruppe oder die Beauftragung terroristischer Handlungen belegen sollen, festgenommen.

Die erste Festnahme fand am 22. März 2016 statt. Bewaffnete Polizist_innen der malaysischen Antiterroreinheit umstellten Siti Noor Aishahs Haus im Bundesstaat Terengannu und nahmen sie fest. Sie wurde unter Berufung auf das Strafgesetzbuch und das Gesetz zu Sicherheitsvergehen (Security Offences (Special Measures) Act) für 28 Tage an einem unbekannten Ort in Einzelhaft gehalten. Laut der NGO SUARAM, die an ihrem Fall arbeitet, wurde sie bezüglich des Besitzes von Büchern, welche die malaysische Regierung für "illegal" erklärt hat, täglich zwölf Stunden lang verhört. Im April 2016 wurde sie wegen "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung oder Beauftragung terroristischer Handlungen" angeklagt. Am 29. September 2016 ordnete das Hohe Gericht von Kuala Lumpur ihre Freilassung an, da die Staatsanwaltschaft nicht belegen konnte, dass die Bücher, die in ihrem Besitz waren, illegal waren. Am selben Tag wurde sie unter Berufung auf das Gesetz über Präventionshaft für 60 Tage inhaftiert. Anschließend wurde sie unter Hausarrest gestellt.

Die zweite und jüngste Festnahme fand am 27. März 2017 statt, nachdem die Staatsanwaltschaft vor dem Berufungsgericht erfolgreich Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Hohen Gerichts, einlegt hatte, ihren Fall erneut zu verhandeln. Sie wurde unverzüglich von der Polizei in Gewahrsam genommen. Ihr wurde keine Freilassung gegen Kaution angeboten und sie wird derzeit ohne Anklage bis zu ihrer Anhörung am 10. oder 11. April in Haft gehalten.

Amnesty International ist über den wiederholten Einsatz der Gesetze zur Präventivhaft besorgt, die es den Behörden ermöglichen, Menschen willkürlich festzunehmen und sie ohne Kontakt zur Außenwelt zu inhaftieren. Das gibt Anlass zur Befürchtung, dass den Betroffenen Folter und andere Misshandlungen drohen. Zusätzlich wird ihnen der Zugang zu Gerichten für bis zu 28 Tage verweigert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International ist nach wie vor darüber besorgt, wie Malaysia auf Gesetze zur nationalen Sicherheit und Präventivhaft zurückgreift.

In der Vergangenheit ist das Gesetz zur Inneren Sicherheit Internal Security Act (ISA) dazu benutzt worden, friedlich geäußerte abweichende Meinungen zu unterdrücken. Wer unter Berufung auf dieses Gesetz festgenommen wurde, konnte während der Ermittlungen bis zu 60 Tage ohne Verfahren inhaftiert werden. Der Innenminister konnte dann Haftanordnungen von bis zu zwei Jahren verhängen, die immer wieder neu ausgestellt werden können. Im Laufe der Jahre hat Amnesty International zahlreiche Fälle von Folter und anderen Misshandlungen von Gefangenen dokumentiert, die unter Berufung auf das ISA festgehalten werden.

2012 löste das 2015 reformierte Gesetz zu Sicherheitsvergehen (Security Offences Special Measures Act - SOSMA) das ISA ab. Die Regierung hatte versprochen, das ISA durch Gesetze abzulösen, die "ein Gleichgewicht zwischen nationaler Sicherheit und persönlicher Freiheit finden". Doch das SOSMA entspricht nicht den internationalen Menschenrechtsstandards, wie sie die Mindeststandards für die Behandlung von Gefangenen (die Nelson-Mandela-Regeln) festlegen. Darin ist der ungehinderte Zugang zu einem Rechtsbeistand garantiert, und es wird den Gefangenen voller und effektiver Zugang zum Gefängnisleben auf einer gerechten Grundlage zugestanden. Das SOSMA ermöglicht vielmehr, Gefangene in Einzelhaft zu nehmen; sie 48 Stunden ohne Kontakt zur Außenwelt festzuhalten und ihnen bis zu 28 Tage lang den Zugang zu Gerichten und/oder Rechtsbeiständen zu verweigern.

Bei einer parlamentarischen Anfrage sagte der stellvertretende Innenminister, dass zwischen dem 31. Juli 2012 und dem 22. Februar 2017 insgesamt 989 Personen unter Berufung auf das SOSMA inhaftiert worden seien; 363 sind inzwischen wieder auf freiem Fuß, gegen 139 läuft ein Strafverfahren und gegen 502 Personen liegt ein Schuldspruch vor. Das Gesetz wird willkürlich gegen Regierungskritiker_innen eingesetzt, wie an der elftägigen Haft von Maria Chin Abdullah im November 2016 und der Inhaftierung von Khairuddin Abu Hassan aufgrund seiner Korruptionsvorwürfe zu sehen ist. Es gibt Anlass zur Sorge, dass die Regierung in zunehmendem Maße und unter verschiedenen Umständen, bei denen es sich nicht um eine Bedrohung der Sicherheit handeln muss, die nationale Sicherheit ins Feld führt und damit eine Kontrolle der Exekutive im Sinne der Gewaltenteilung außer Acht lässt.