Misshandlung von Guantánamo-Häftlingen

Zhen Jianghua ist hinter Gittern, seine Hände an den Gitterstäben. An der Außenwand ein Schild: Polizeiwache.

Der chinesische Menschenrechtsverteidiger Zhen Jianghua hinter Gittern auf einer Polizeiwache

Ungefähr 50 Häftlinge auf dem US-Militärstützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba sind zur Zeit im Hungerstreik. Die Mehrheit der Streikenden wird von den Guantánamo-Behörden zwangsernährt. Die bei der Zwangsernährung angewandten Maßnahmen kommen grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleich. Des Weiteren ist Amnesty International besorgt über Berichte, denen zufolge exzessive Gewalt gegen Hungerstreikende eingesetzt wird, wenn sie aus ihren Zellen geholt werden. Außerdem sollen alle Gefangenen während der Zwangsernährung pauschal an einen Stuhl gefesselt werden, selbst wenn sie sich nicht gegen die Zwangsernährung wehren.

Appell an

VERTEIDIGUNGSMINISTER The Honorable Robert M. Gates US Secretary of Defense, 1000 Defense Pentagon, Washington DC 20301, USA (korrekte Anrede: Dear Secretary of Defense) Fax: (00 1) 703 571 8951

JUSTIZMINISTER The Honorable Eric H. Holder Attorney General, US Department of Justice 950 Pennsylvania Avenue NW, Washington DC 20530-0001, USA (korrekte Anrede: Dear Attorney General) Fax: (001) 202 307 6777 E-Mail: AskDOJ@usdoj.gov

ADMIRAL DER MARINE Admiral Patrick M. Walsh, Department of the Navy, 2000 Navy Pentagon, Washington D.C. 20350-2000, USA (korrekte Anrede: Dear Admiral) E-Mail: über: http://www.navy.mil/submit/contacts.asp

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN STAATEN VON AMERIKA Herrn John Monroe Koenig, Gesandter Botschaftsrat (Geschäftsträger a.i.) Pariser Platz 2, 10117 Berlin Fax: 030-83 05 10 50 E-Mail: über http://germany.usembassy.de/email/feedback.htm

 

BITTE SCHREIBEN SIE IHRE APPELLE MÖGLICHST SOFORT.

RECOMMENDED ACTION PLEASE SEND APPEALS TO ARRIVE AS QUICKLY AS POSSIBLE, IN ENGLISH OR YOUR OWN LANGUAGE:

  • welcoming President Obama's decision to close the Guantánamo detention facility and noting the review he ordered into the conditions in which the detainees are held;

  • however, expressing serious concern at reports that Guantánamo detainees on hunger strike have been force-fed in a manner which may amount to cruel, inhuman or degrading treatment; and at reports of the use of excessive force during cell extractions of hunger strikers, and the blanket use of the restraint chair;

  • calling for all the detainees who have participated, or who continue to participate in the hunger strike, to be given immediate access to adequate medical care and treatment;

  • calling on the US authorities to include the methods of force-feeding in their ongoing review of the conditions of detention at Guantánamo and to ensure that all detainees are treated in accordance with all applicable international law and standards;

  • calling for all the Guantánamo detainees to be immediately released unless they are promptly charged with a recognizably criminal offence and tried in full accordance with international standards for fair trial in US federal courts.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE E-MAILS, TELEFAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE, IN DENEN SIE

  • es begrüßen, dass US-Präsident Barack Obama sich für die Schließung des US-Gefangenenlagers Guantánamo einsetzt und zur Kenntnis nehmen, dass er eine Überprüfung der Haftbedingungen der Häftlinge angeordnet hat;

  • dennoch Ihre ernste Sorge darüber ausdrücken, dass Berichten zufolge Hungerstreikende in Guantánamo in einer Weise zwangsernährt werden, die grausamer, unmenschlicher und erniedrigender Behandlung gleichkommt und dass die Gefangenen unter Anwendung exzessiver Gewalt aus ihren Zellen geholt und pauschal während der Zwangsernährung an Stühle gefesselt werden;

  • fordern, dass die Gefangenen, die an einem Hungerstreik teilgenommen haben oder dies gegenwärtig tun, umgehend Zugang zu medizinischer Versorgung und Behandlung erhalten;

  • die US-Behörden auffordern, die Zwangsernährungsmaßnahmen in ihre derzeitige Überprüfung der Haftbedingungen in Guantánamo einzubeziehen und sicherzustellen, dass alle Gefangenen unter Beachtung und Einhaltung aller anwendbaren internationalen Gesetze und Standards behandelt werden;

  • fordern, dass alle Häftlinge in Guantánamo entweder umgehend einer erkennbar strafbaren Handlung angeklagt und unter Anwendung der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor ein Gericht der Zivilbehörden gestellt oder sofort freigelassen werden.

Sachlage

Binyam Mohamed wird seit dem 14. Januar 2009 dreimal täglich zwangsernährt. Kürzlich erzählte er seinem Anwalt, dass er Zeuge davon wurde, wie andere Hungerstreikende mit Gewalt aus ihren Zellen geholt und scheinbar aufgrund ihrer Weigerung, zwangsernährt zu werden, geschlagen wurden. Binyam Mohamed gab an, "freiwillig" zur Zwangsernährung zu gehen, damit er nicht genauso behandelt wird. Er berichtete weiter, dass er während der Zwangsernährungssitzungen jedes Mal auf schmerzhafte Art und Weise an einen Stuhl gefesselt wird. Die Zwangsernährung dauert höchstens je 15 Minuten. Trotzdem fesselt man Binyam Mohamed für zwei bis drei Stunden an den Stuhl, obwohl es offensichtlich unnötig ist, da er sich nicht gegen den Vorgang wehrt. Binyam Mohamed leidet seit einiger Zeit unter Verdauungsbeschwerden. Obwohl mehrere Ernährungswissenschaftler ihm eine spezielle Diät empfohlen haben, bewilligen die Guantánamo-Behörden ihm Berichten zufolge diese Diät nicht.

Lakhdar Boumediene, der seit über sieben Jahren in Guantánamo festgehalten wird, nachdem er im Januar 2002 in Bosnien und Herzegovina festgenommen wurde, ist seit Dezember 2006 im Hungerstreik. Anfangs wehrte er sich gegen die Zwangsernährung, hörte damit aber auf, als am 20. November 2008 von einem Bundesrichter seine sofortige Entlassung angeordnet wurde. Lakhdar Boumediene informierte vor Kurzem seine Anwälte darüber, dass man ihn trotzdem zweimal täglich bei der Zwangsernährung an einen Stuhl fesselt. Seine Hand- und Fußgelenke und sein Oberkörper werden am Stuhl festgebunden, sein Kopf wird nach hinten gedrückt und fixiert und dann wird er geknebelt und ein dicker Schlauch wird in eins seiner Nasenlöcher eingeführt. Er sagte seinen Anwälten, dass der Schlauch oft fälschlicherweise in seine Luftröhre oder seine Lunge eingeführt werde. Wegen seines Knebels könne er das den Krankenschwestern aber nicht mitteilen. Am 30. Januar 2009, nachdem Lakhdar Boumediene dagegen protestiert hatte, im Zuge seiner Zwangsernährung gewogen zu werden, wurde er aus seiner Zelle geholt und an einen unbekannten Ort im Guantánamo-Gefangenenlager gebracht. Seine Anwälte haben seit drei Wochen nicht mit ihm gesprochen und sind sehr besorgt um seinen Gesundheitszustand.

Amnesty International erhielt übereinstimmende Berichte, denen zufolge die Schläuche ohne Narkose eingeführt werden. Die Hungerstreikenden sollen bei Einführung und Entnahme der Schläuche regelmäßig ernsthafte Schmerzen erleiden und bluten. Die Organisation befürchtet, dass die Verletzungen, die durch die Zwangsernährung entstehen, nicht angemessen medizinisch versorgt werden.

Ahmed Zuhair, ein saudischer Staatsbürger, der seit Mitte 2005 im Hungerstreik ist (siehe UA 350/08, 23.12.2008, http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-350-2008/lebensgefahr), beschrieb kürzlich in einem Brief an seine Anwälte, dass Angehörige der "Immediate Reaction Force" (IRF) jetzt alle Hungerstreikenden mit Gewalt aus ihren Zellen holen, ob sie sich gegen die Zwangsernährung wehren oder nicht. Amnesty International ist sehr besorgt über diese anscheinende Eskalation im Verhältnis zu der vorherigen Praxis, besonders in Hinsicht auf die übereinstimmenden Berichte, denen zufolge Angehörige der IRF den Gefangenen physische Gewalt zufügen, wenn sie sie aus ihren Zellen holen und der Zwangsernährung unterziehen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 22. Januar 2009 ordnete Präsident Barack Obama die Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo innerhalb eines Jahres an. Unter anderem weist seine Verfügung den Verteidigungsminister an, eine unverzügliche Überprüfung der Haftbedingungen der in Guantánamo Gefangenen einzuleiten, um sicherzustellen, dass sie "allen anwendbaren Gesetzen, die diese Art von Haft regeln, darunter Artikel 3 der Genfer Kriegskonventionen, genügen". Die Überprüfung soll am 17. Februar 2009 abgeschlossen sein und "alle nötigen Veränderungen" sollen sofort danach umgesetzt werden. Am 3. Februar 2009 gab das Pentagon bekannt, dass der US-Admiral Patrick M. Walsh, der stellvertretende Oberbefehlshaber für Marineoperationen, die Überprüfung leiten wird. Amnesty International ist der Auffassung, dass die US-Behörden auch die Zwangsernährungsmaßnahmen überprüfen und im Vorfeld der Schließung des Gefangenenlagers alle Bedingungen für die Häftlinge verbessern sollten, um sie mit den Verpflichtungen in Einklang zu bringen, die den USA durch das internationale Völkerrecht auferlegt sind. Für mehr Informationen auf Englisch lesen Sie: "The promise of real change. President Obama’s executive orders on detentions and interrogations" (30. Januar 2009, http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR51/015/2009/en). Amnesty International hat eine Kampagne gestartet, in der sie Präsident Obama auffordert, in den ersten 100 Tagen im Amt einige Schritte im Bezug auf den "Kampf gegen den Terror" zu unternehmen. Besuchen Sie http://www.obama100days.org/ für mehr Informationen.