Neues Verfahren
Vereinigte Arabische Emirate
© Courtesy of the University of Texas Libraries
Der emiratische Staatsangehörige Abdulrahman Bin Sobeih erschien am 28. März vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Die 15-jährige Haftstrafe, zu der er zuvor in Abwesenheit verurteilt worden war, wurde aufgehoben und es werden neue, bisher nicht bekannte Anklagen gegen ihn erhoben. Das Verfahren wird am 29. April fortgesetzt.
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Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 20. Mai 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.
Sachlage
Abdulrahman Bin Sobeih, auch bekannt als al-Suwaidi, wurde am 28. März vor die Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs der VAE gestellt. 101 Tage zuvor war er von Indonesien in die VAE abgeschoben worden, wo sein Verbleib zunächst unbekannt war, nachdem Beamt_innen ihn mitgenommen hatten. Während der Anhörung am 28. März rollte der Richter den Fall "UAE 94" neu auf, in dem Abdulrahman Bin Sobeih in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden war. Anschließend hob der Richter den Schuldspruch und das Urteil gegen Abdulrahman Bin Sobeih auf, sodass er wegen neuer Anklagepunkte, die bisher nicht bekannt sind, erneut vor Gericht gestellt werden kann. Der Richter verschob den Verfahrenstermin auf den 29. April, damit Abdulrahman Bin Sobeih Zeit hat, einen Rechtsbeistand zu beauftragen.
Im Juli 2013 hatten die Vereinigten Arabischen Emirate Abdulrahman Bin Sobeih in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt. Ihm wurde vorgeworfen, Mitglied einer Gruppe zu sein, die an der Bildung einer Organisation zum Sturz der Regierung der VAE beteiligt gewesen sein soll. Mehr als 60 weitere Personen waren damals ebenfalls in einem Gerichtsverfahren verurteilt worden, das bei Weitem nicht den internationalen Standards für faire Verfahren entsprach. 71 der 94 Angeklagten hatten vor Gericht ausgesagt, gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein. Die Angeklagten hatten keine Möglichkeit, Urteil und Strafmaß anzufechten. Amnesty International geht davon aus, dass die Betroffenen nur deshalb festgenommen und verurteilt wurden, weil sie bekannte Kritiker der Regierung der VAE sind.
Abdulrahman Bin Sobeih war am 20. Oktober 2015 in Indonesien von den Behörden wegen Besitzes falscher Ausweispapiere festgenommen worden. Am 18. Dezember wurde er gezwungen, in ein Privatflugzeug in Richtung VAE zu steigen, und abgeschoben. Danach war sein Verbleib unbekannt, bis er am 28. März 2016 vor Gericht erschien.
[SCHREIBEN SIE BITTE ]
E-MAILS, FAXE, TWITTERNACHRICHTEN ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
-
Stellen Sie bitte sicher, dass Abdulrahman Bin Sobeih vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und umgehend Zugang zu einem Rechtsbeistand, seiner Familie und jeglicher erforderlichen medizinischen Betreuung erhält.
- Bitte sorgen Sie dafür, dass sein Gerichtsverfahren gemäß den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren vor einem ordentlichen Strafgericht stattfindet, bei dem es die Möglichkeit gibt, Rechtsmittel gegen das Urteil einzulegen, und bei dem nicht auf die Todesstrafe zurückgegriffen wird. Bitte veröffentlichen Sie die Anklagen, die gegen ihn erhoben werden.
[APPELLE AN]
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Hintergrundinformation
Im März 2012 begannen die Behörden der Vereinigten Arabischen Emirate damit, zahlreiche Personen mit Kontakten zur Organisation al-Islah festzunehmen. Sie warfen ihnen vor, Verbindungen zur ägyptischen Muslimbruderschaft zu haben und Straftaten gegen die staatliche Sicherheit der Vereinigten Arabischen Emirate zu planen.
Zwischen März und Juli 2013 fanden vor der Staatssicherheitskammer des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Arabischen Emirate Verfahren gegen 94 Staatsangehörige des Landes statt, die Verbindungen zu al-Islah haben sollen. Viele der 94 Angeklagten wurden monatelang ohne Zugang zu ihren Familien oder Rechtsbeiständen an unbekannten Orten festgehalten, bevor man sie vor Gericht stellte. Das Gericht ließ Beweise der Anklage zu, die sich auf "Geständnisse" in der Untersuchungshaft stützten, obwohl die Gefangenen in dieser Zeit weder Zugang zu ihren Familien noch zu Rechtsbeiständen hatten. Das Gericht bestritt Misshandlungsvorwürfe, die 71 Angeklagte erhoben hatten, und leitete keine Untersuchung der Vorwürfe ein. 69 der Angeklagten wurden für schuldig befunden. Nach emiratischem Recht ist das Urteil endgültig, so dass kein Rechtsmittel eingelegt werden kann. Somit entsprach das Verfahren nicht den Standards für ein faires Gerichtsverfahren und stellt einen Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Amnesty International hat das Gerichtsverfahren "UAE 94" in dem Bericht "There is no freedom here – Silencing dissent in the United Arab Emirates" im November 2014 auf Englisch dokumentiert (siehe http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE25/018/2014/en).
Im November 2013 erklärte die Arbeitsgruppe für willkürliche Inhaftierungen der Vereinten Nationen, dass die 61 inhaftierten Personen lediglich von ihren Rechten auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit Gebrauch gemacht hätten.
Nach der Festnahme von Abdulrahman Bin Sobeih in Indonesien im Oktober 2015 beantragten die Vereinigten Arabischen Emirate seine sofortige Auslieferung. Dem Antrag wurde jedoch nicht stattgegeben, weil das Auslieferungsabkommen zwischen den Vereinigten Arabischen Emiraten und Indonesien von 2014 vorsieht, dass die zuständigen Gerichte beider Länder einer Auslieferung zustimmen müssen. Am 18. Dezember 2015 lief die Haftanordnung gegen Abdulrahman Bin Sobeih aus. Obwohl keine gerichtliche Genehmigung für die Auslieferung vorlag, überwachten Angehörige der Behörden beider Länder die Auslieferung von Abdulrahman Bin Sobeih aus Indonesien.
Abdulrahman Bin Sobeih reiste seit 1995 regelmäßig nach Indonesien, wo er sich in verschiedenen sozialen und religiösen Hilfsorganisationen engagierte. Er lehrte Arabisch an einem islamischen Internat in der Provinz Westjava und beteiligte sich an Hilfsprojekten nach dem Tsunami in Aceh in den Jahren 2004-2005. Nach einem weiteren Tsunami in Pangangdan in Westjava im Jahr 2007 soll er die dortige Bevölkerung unterstützt haben. 2010 soll er der islamischen Organisation al-Khairat beim Bau einer Moschee in der Provinz Zentral-Sulawesi geholfen haben.
Laut Angaben des Rechtsbeistands von Abdulrahman Bin Sobeih hat sein Mandant während der langen Aufenthalte in Indonesien mehrfach seine Ausweise verloren und deshalb gefälschte Versionen seiner indonesischen Ausweiskarte (Kartu Keluarga oder K.K.), seines Familienausweises und seiner Geburtsurkunde mit sich geführt. Die indonesischen Behörden nahmen ihn wegen der Beschaffung falscher Dokumente auf Grundlage der Paragrafen 264.2, 266.1 und 2 des indonesischen Strafgesetzbuchs fest. Dieser Straftatbestand kann mit bis zu acht Jahren Haft geahndet werden.
Der Rechtsbeistand von Abdulrahman Bin Sobeih war davon ausgegangen, dass das Auslieferungsverfahren länger dauern würde, da sein Mandant nach indonesischem Recht erst in Indonesien hätte vor Gericht gestellt werden müssen. Zudem hätte ein Gericht der Auslieferung zustimmen müssen. Beides ist jedoch nicht geschehen.