Student droht Misshandlung
Diese Urgent Action ist beendet.
Das ehemalige Vorstandsmitglied der Studierendenvereinigung der Region Darfur an der Holy Quran Universität, Naser Aldeen Mukhtar Mohamed, wurde am 28. Januar ohne Anklage freigelassen. Er war am 22. August 2017 festgenommen und anschließend in einer Hafteinrichtung des sudanesischen Geheimdienstes NISS in Einzelhaft festgehalten worden.
Die sudanesische Polizei auf dem Weg zum Sitzstreik der Studierendenvereinigung in Omdurman
© Darfur Students' Association
Am 22. August wurde der ehemalige Vorstand der Studierendenvereinigung der Region Darfur an der Universität Holy Quran, Naser Aldeen Mukhtar Mohamed, vom sudanesischen Geheimdienst NISS festgenommen. Naser Aldeen Mukhtar Mohamed wird ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in der Haftanstalt des NISS in Omdurman, nördlich von Khartum, festgehalten. Ihm drohen Folter und andere Misshandlungen.
Setz dich für die Sicherheit des sudanesischen Studenten ein!
Appell an
Präsident
HE Omar Hassan Ahmad al-Bashir
Office of the President
People’s Palace, PO Box 281
Khartoum, SUDAN
Sende eine Kopie an
Innenminister
Hamed al-Mannan
Ministry of Interior
PO Box 873
Khartoum, SUDAN
Botschaft der Republik Sudan
S.E. Herrn
Badreldin Abdalla Mohamed Ahmed A. Alla
Kurfürstendamm 151
10709 Berlin
Fax: 030-890 69 823
Amnesty fordert:
- Lassen Sie Naser Aldeen Mukhtar Mohamed umgehend und bedingungslos frei, da er sich lediglich aufgrund der friedlichen Ausübung seines Rechts auf Meinungsfreiheit in Haft befindet.
- Sorgen Sie bitte dringend dafür, dass er bis zu seiner Freilassung weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird.
- Bitte stellen Sie sicher, dass Naser Aldeen Mukhtar Mohamed bis zu seiner Freilassung regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und Rechtsbeiständen seiner Wahl erhält.
Sachlage
Der 23-jährige Naser Aldeen Mukhtar Mohamed ist der ehemalige Vorsitzende der Studierendenvereinigung der Region Darfur an der Universität Holy Quran in der Stadt Omdurman. Er wurde am 22. August von Angehörigen des NISS (National Intelligence Security Service) am Eingang zur Universität festgenommen, nachdem er gerade eine Prüfung geschrieben hatte. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge wurde Naser Aldeen Mukhtar Mohamed von fünf NISS-Beamt_innen in Zivil am Eingang zur Universität angehalten und in einen Toyota-Lieferwagen ohne Nummernschild gezwungen. Dieser fuhr mit ihm davon.
Familienangehörige teilten Amnesty International mit, dass sie Naser Aldeen Mukhtar Mohamed in der Haftanstalt des NISS nicht besuchen dürfen. Ohne Kontakt zur Außenwelt erhöht sich dessen Risiko erheblich, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.
Naser Aldeen Mukhtar Mohamed ist eines der aktivsten Mitglieder der Studierendenvereinigung der Region Darfur in Khartum. Er war bereits am 14. November 2015 festgenommen worden, nachdem er einen friedlichen Sitzstreik organisiert hatte. Dieser richtete sich gegen die Entscheidung der Universität, dass Studierende aus Darfur nicht länger von den Studiengebühren befreit werden sollten. Im Gewahrsam des NISS wurde er heftig geschlagen, mit dem Tode bedroht und rassistisch beleidigt. Am 23. Dezember 2015 kam Naser Aldeen Mukhtar Mohamed wieder frei. Seitdem steht er unter Beobachtung und Angehörige des NISS drohten sogar, ihn erneut festzunehmen.
Amnesty International veröffentlichte im Januar einen Bericht, in dem auf die verheerende Situation für Studierende aus Darfur an der Universität Holy Quran hingewiesen wird. Die Organisation ist der Ansicht, dass Naser Aldeen Mukhtar Mohamed ein gewaltloser politischer Gefangener ist, der allein wegen der friedlichen Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung festgehalten wird.
Hintergrundinformation
In den vergangenen Jahren haben Studierende aus Darfur im gesamten Sudan Menschenrechtsverletzungen erlitten. Amnesty International hat in dieser Zeit dokumentiert, wie studentische Aktivist_innen aus Darfur zur Zielscheibe der sudanesischen Sicherheitskräfte wurden. Die Studierenden werden dabei von den Sicherheitskräften einfach als Unterstützer_innen bewaffneter Gruppen bezeichnet. Der bewaffnete Konflikt dient nicht nur in Darfur sondern auch in den anderen Landesteilen sowohl als Entschuldigung für Menschenrechtsverletzungen als auch als Mittel zu deren Vertuschung.
Auslöser für die meisten dieser Menschenrechtsverletzungen waren die Versuche von Studierenden aus Darfur, den dortigen Konflikt in öffentlichen Foren innerhalb der Universitäten zu diskutieren oder auf die Probleme bei der Befreiung von Studiengebühren für Studierende, die aus Darfur stammen, hinzuweisen. Diese Befreiung basiert auf verschiedenen Friedensverträgen, die in Darfur abgeschlossen worden waren. Die öffentlichen Foren und Sitzstreiks wurden jedoch regelmäßig von Studierenden, die der Regierungspartei nahestehen, gewaltsam angegriffen. Sie endeten immer mit willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen sowie Folter und anderweitigen Misshandlungen der Studierenden aus Darfur durch die Angehörigen des NISS. An fast allen Universitäten im Sudan entsteht jedes Jahr eine krisenhafte Situation, was die Studierenden aus Darfur und die Zahlung ihrer Studiengebühren betrifft. Häufig suspendieren die Universitäten Studierende aus Darfur oder verweigern ihnen die Teilnahme an Prüfungen, weil sie keine Studiengebühren gezahlt haben. Im Juli 2017 verließen mehr als 1.000 Studierende aus Darfur die Bakht al-Rida Universität in der Provinz White Nile. Sie begründeten diesen Schritt mit der unfairen Behandlung durch die Universität und die Sicherheitskräfte in Bakht al-Rida. An der Islamischen Universität in Omdurman wurden am 31. August bei Zusammenstößen zwischen Studierenden, welche die Regierungspartei unterstützen, und Studierenden aus Darfur zwei Studierende aus Darfur getötet.
Das Nationale Sicherheitsgesetz von 2010 (National Security Act - NSA) garantiert dem sudanesischen Geheimdienst umfassende Befugnisse zur Festnahme und Inhaftierung von Personen. Verdächtige können bis zu viereinhalb Monaten ohne gerichtliche Überprüfung festgehalten werden. Der sudanesische Geheimdienst nutzt diese Befugnisse oftmals zur willkürlichen Inhaftierung von Personen und setzt viele dieser Gefangenen der Folter und anderweitigen Misshandlungen aus. Das Nationale Sicherheitsgesetz schützt NISS-Beamt_innen zudem vor der strafrechtlichen Verfolgung für Vergehen im Rahmen ihrer Arbeit. Dies führt zu einer verbreiteten Kultur der Straflosigkeit. Die am 5. Januar 2015 verabschiedete Änderung von Artikel 151 der Verfassung hat die Befugnisse des NISS erweitert und die Situation noch verschärft. Durch die Änderung entwickelte sich der NISS von einer Geheimdienstbehörde, die sich auf das Einholen und die Analyse von Informationen sowie Beratung konzentrierte, zu einer vollwertigen Sicherheitsbehörde mit einem umfangreichen Mandat zur Ausübung einer Mischung von Funktionen, die normalerweise von den Streitkräften oder den Strafverfolgungsbehörden eines Landes wahrgenommen werden. Sie gab dem NISS uneingeschränkte Verfügungsfreiheit zu entscheiden, was eine politische, wirtschaftliche oder gesellschaftliche Bedrohung darstellt und wie auf eine solche Bedrohung reagiert werden darf. Weder das NSA noch der überarbeitete Artikel 151 verlangt vom NISS bei der Ausübung seiner Tätigkeit ausdrücklich oder implizit die Einhaltung der relevanten internationalen, transnationalen oder nationalen Gesetze.