Philippinen: Verschleppter Aktivist in Foltergefahr

Zeichnung von zwei winkenden Figuren, eine Person hält ein Schild hoch

Der Landrechtsaktivist Steve Abua wird seit dem 6. November in der Region Central Luzon vermisst. Steve Abua engagiert sich in der Gemeinde für die Bäuer_innen, Landarbeiter_innen und indigenen Gemeinschaften. Die Ehefrau von Steve Abua ist davon überzeugt, dass die philippinischen Behörden in seine Entführung verwickelt sind. Polizei und Militär sollten alles dafür tun, um Steve Abua zu finden, seine Sicherheit zu gewährleisten und ihn zu seiner Familie zurückzubringen.

Appell an

Maj. Gen. Andrew Costelo

Commander, Northern Luzon Command

Armed Forces of the Philippines

Camp Servillano Aquino, Tarlac City, Tarlac

PHILIPPINEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Philippinen

Frau Lillibeth Pono

Geschäftsträgerin a.i.

Luisenstr. 16, 10117 Berlin

Fax: 030-873 2551

E-Mail: info@philippine-embassy.de

Amnesty fordert:

  • Bitte setzten Sie sich mit allen Mitteln dafür ein, Steve Abua zu finden, seine Sicherheit zu gewährleisten und ihn sicher zu seiner Familie zurückzubringen.
  • Untersuchen Sie die Umstände von Steve Abuas Entführung und stellen Sie alle mutmaßlichen Täter_innen in fairen Verfahren vor Gericht.
  • Sollte er sich in staatlichem Gewahrsam befinden, ist sein Aufenthaltsort unverzüglich bekannt zu geben und er freizulassen, es sei denn, er wird nach internationalen Standards einer erkennbaren Straftat beschuldigt. Bis zu seiner Freilassung ist sicherzustellen, dass er nach internationalen Standards für Gefangene behandelt wird.
  • Gewährleisten Sie den Schutz und die Förderung der Menschenrechte aller Personen, einschließlich der Menschenrechtsverteidiger_innen und -aktivist_innen, die häufig die Hauptleidtragenden von Menschenrechtsverletzungen sind.

Sachlage

Der Landrechtsaktivist Steve Abua wird seit dem 6. November in Central Luzon vermisst. Nach Angaben seiner Frau Johanna war Steve Abua auf dem Weg zu einem Treffen, als er von unbekannten Täter_innen entweder in der Provinz Pampanga oder in der Provinz Bataan, beide in der Region Central Luzon, verschleppt wurde. Sie wurde nach seiner Entführung in Telefonanrufen dazu aufgefordert, ihren Mann zu drängen, er solle zugeben, Mitglied einer bewaffneten Gruppe zu sein. Diese Taktik benutzen die philippinischen Behörden häufig, um Menschenrechtsverteidiger_innen und Dissident_innen zum Schweigen zu bringen.

Die Entführer_innen riefen die Ehefrau von Steve Abua an und schickten ihr Fotos und ein Video, auf dem Steve Abuas Augen verbunden und seine Hände gefesselt sind und ein Stück Stoff in seinen Mund gestopft ist. Die Anrufer_innen forderten Johanna auf, ihren Mann dazu zu drängen, zuzugeben Mitglied der bewaffneten Gruppe New People's Army (NPA) zu sein. Doch laut der Ehefrau ist er kein Mitglied dieser Gruppe. Sie forderten sie zudem auf, sich zusammen mit ihrer Tochter mit ihnen zu treffen. Das lehnte sie jedoch ab. Es gibt Grund zu der Annahme, dass die Entführer_innen mit der Regierung in Verbindung stehen, da Johanna Abua berichtete, dass sie ihr gesagt hätten, die Regierung wolle Steve Abua nur eine Chance geben, "sich zu ändern".

Dieses Vorgehen ist äußerst besorgniserregend. Trotz wiederholter Zusagen, die Menschenrechte zu achten, zu schützen und zu fördern, beschuldigt die Regierung nach wie vor Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen fälschlich, Mitglieder der NPA zu sein. Dies sind Anschuldigungen, die Angriffe, einschließlich Tötungen, gegen diese Personen verstärken.

Steve Abuas Verschwinden, das ihn in die Gefahr von Folter und anderen Misshandlungen bringt, sowie die Schikanen gegenüber seiner Familie zeichnen ein alarmierendes Bild der Menschenrechtslage auf den Philippinen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Vor seinem langjährigen Engagement für Bäuer_innen, Landarbeiter_innen und indigene Gemeinschaften der Kilusang Magbubukid ng Pilipinas war Steve Abua ein studentischer Aktivist und Sprecher, und schloss sein Studium an der University of the Philippines mit Auszeichnung ab.

Zuletzt wurde Steve Abua am 6. November 2021 in der Stadt Lubao in Pampanga gesehen, als er nach Angaben seiner Frau Johanna auf dem Weg zu einem Treffen in Bataan war. Es wird angenommen, dass er entweder an einem Transportterminal in der Provinz Pampanga oder in der Stadt Dinalupihan in Bataan entführt wurde. Noch am Tag seiner Entführung erhielt seine Frau Nachrichten von seinem Handy, die vermutlich von seinen Entführer_innen stammten, darunter auch Fotos von ihm. Die Entführer_innen gaben sich nicht zu erkennen und sagten auch nicht, zu welcher Gruppe sie gehören. Sie befahlen Johanna auch, niemandem von Steve Abuas Situation zu erzählen, da sie ihn sonst töten würden. Sowohl die Polizei als auch das Militär in der Region bestritten, Steve Abua festgenommen oder inhaftiert zu haben oder ihn gefangen zu halten.

Das Phänomen des Red-Tagging – d. h. die Verknüpfung von Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen mit bewaffneten Gruppen, sowohl durch die Regierung als auch durch unbekannte Personen – gibt es schon seit Jahrzehnten, hat sich aber unter der Regierung von Präsident Rodrigo Duterte nach dem Abbruch der Friedensgespräche zwischen der Regierung und der Kommunistischen Partei der Philippinen im Jahr 2017 verschärft. Dutertes anschließende Verfügung Nr. 70 sieht einen "Ansatz zur Bekämpfung lokaler kommunistischer Terrorgruppen durch die ganze Nation" vor und führte zur Gründung der Nationalen Task Force zur Beendigung bewaffneter Konflikte durch kommunistische Gruppen im Land. Beobachter_innen betrachten diesen Moment als den Beginn einer verstärkten Kampagne des Red-Tagging, von Drohungen und Schikanen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen, politische Aktivist_innen, Anwält_innen, Gewerkschafter_innen und andere Zielgruppen, die der progressiven Linken zugeordnet werden. Viele Organisationen, darunter Amnesty International und das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte, haben die sofortige Beendigung dieses Vorgehens gefordert und ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die gefährlich breit angelegte Strategie der Regierung zur Aufstandsbekämpfung zu einer Zunahme der Menschenrechtsverletzungen gegen Menschenrechtsverteidiger_innen und politische Aktivist_innen im ganzen Land geführt hat.