Journalist gegen Kaution frei

Amnesty-Logo: Kerze umschlossen von Stacheldraht

Am 24. Oktober 2019 wurde der palästinensische Fotojournalist Mustafa al-Kharouf nach einer neunmonatigen Haftstrafe in einem israelischen Gefängnis freigelassen. Er hat nach wie vor keinen legalen Aufenthaltsstatus und ist in Gefahr, erneut von seiner Familie getrennt zu werden. Ein vorläufiger Antrag auf Gewährung eines dauerhaften Wohnsitzes wurde bereits eingereicht. Die israelischen Behörden müssen ihm einen dauerhaften Aufenthaltsstatus in Ostjerusalem gewähren.

Appell an

Minister of Interior

Aryeh Makhlouf Deri

2 Kaplan Street

PO Box 6158, Kiryat Ben-Gurion

Jerusalem 91061

ISRAEL

Sende eine Kopie an

Botschaft des Staates Israel

S. E. Herrn Jeremy Nissim Issacharoff


Auguste-Viktoria-Straße 74-76

14193 Berlin


Fax: 030 – 8904-5555

E-Mail: botschaft@israel.de

Amnesty fordert:

  • Ich möchte Sie bitten, Mustafa al-Kharouf in Übereinstimmung mit Israels Verpflichtungen aus dem Vierten Genfer Abkommen einen dauerhaften Aufenthaltsstatus in Ostjerusalem zu gewähren, damit er sicher zuhause sein kann.

Sachlage

Am 24. Oktober 2019 wurde Mustafa al-Kharouf aus dem Givon-Gefängnis entlassen, wo er willkürlich inhaftiert war. Endlich war er wieder bei seiner Familie. Trotz seiner Freilassung besteht jedoch weiterhin die Gefahr, dass er erneut festgenommen und abgeschoben wird, da er keinen legalen Aufenthaltsstatus hat. Mustafa al-Kharouf musste eine Kaution von 12.000 NIS (etwa 3.000 Euro) hinterlegen und muss sich zwischen 22:00 Uhr und 5:00 Uhr zuhause aufhalten. Die israelische Menschenrechtsorganisation HaMoked hat über Mustafa al-Kharoufs Anwalt Adi Lustigman einen vorläufigen Antrag auf Gewährung eines dauerhaften Wohnsitzes im Rahmen der Familienzusammenführung gestellt. Für Mustafa al-Kharouf ist Jerusalem seine Heimat. Seit Jahren versucht er, seinen Status zu legalisieren.

Der Fotojournalist war am 22. Januar 2019 festgenommen worden. Kurz zuvor hatte das israelische Innenministerium seinen Antrag auf Familienzusammenführung mit seiner Frau und Tochter abgelehnt und seine sofortige Abschiebung nach Jordanien angeordnet. Er war neun Monate lang willkürlich im israelischen Givon-Gefängnis inhaftiert.

Hintergrundinformation

Hintergrund

In der Nacht vom 21. auf 22. Juli 2019 holten die israelischen Einwanderungsbehörden Mustafa al-Kharouf im Givon-Gefängnis ab und versuchten, ihn am Grenzübergang Allenby/King Hussein zwischen Jordanien und dem von Israel besetzten Westjordanland nach Jordanien abzuschieben. Die jordanischen Behörden verweigerten ihm jedoch die Einreise. Mustafa al-Kharouf wurde dann sogleich zum Grenzübergang Wadi Araba an der Südgrenze zwischen Jordanien und Israel gebracht, wo die jordanischen Behörden ihm abermals die Einreise verweigerten. Diese Abschiebungsversuche dauerten mehr als einen halben Tag. In dieser Zeit wussten weder seine Familie noch sein Rechtsbeistand, wo er sich aufhielt. Mustafa al-Kharoufs Rechtsbeistand wurde später darüber informiert, dass Mustafa al-Kharouf in das Givon-Gefängnis zurückgebracht und dort bis zu seiner Abschiebung in Gewahrsam bleiben würde.

Am 25. September 2019 urteilte das Überprüfungsgericht für die Gewahrsamnahme von Ausländern ohne Aufenthaltsstatus, dass Mustafa al-Kharouf freigelassen werden muss, wenn er nicht innerhalb eines Monats abgeschoben werden kann. Am 24. Oktober 2019 wurde er nach einer neunmonatigen Haftstrafe freigelassen. Die Bedingungen für seine Freilassung legen fest, dass er nur 21 Tage Zeit hat, um sich einen rechtmäßigen Aufenthaltstitel für Ostjerusalem zu besorgen – andernfalls müsse er das Land verlassen. Sein Rechtsbeistand wird vor Gericht einen Antrag auf Fristverlängerung einreichen.  

Der 32-jährige Fotojournalist Mustafa al-Kharouf wurde in Algerien geboren. Seine Mutter ist Algerierin und sein Vater ein aus Jerusalem stammender Palästinenser. Mustafa al-Kharouf kam als Zwölfjähriger mit seinen Eltern aus Algerien nach Ostjerusalem und lebt dort heute mit seiner Frau Tamam al-Kharouf und seiner Tochter Asia.

Kurz nachdem seine Eltern mit Mustafa al-Kharouf nach Ostjerusalem gezogen waren, reichten sie bei den israelischen Behörden einen Antrag auf Familienzusammenführung ein, um eine rechtliche Aufenthaltserlaubnis zu erhalten. Die Behörden verlangten jedoch für die Erlangung des offiziellen Aufenthaltsstatus von der Familie einen Beleg darüber, dass Ostjerusalem ihr Lebensmittelpunkt ist. Diese Bestimmung wird seit 1988 in diskriminierender Form auf die palästinensische Bevölkerung Jerusalems angewendet. Die Familie konnte diesen Beleg erst nach weiteren sechs Jahren erbringen. Zu diesem Zeitpunkt war Mustafa al-Kharouf bereits 18 Jahre alt, was bedeutete, dass seine Eltern keinen Antrag auf Registrierung eines Kindes oder Familienzusammenführung in seinem Namen stellen konnten. Somit wurde er staatenlos. Seither versucht Mustafa al-Kharouf in einem langwierigen bürokratischen Prozess, das Innenministerium dazu zu bringen, seinen Rechtsstatus in Ostjerusalem anzuerkennen. Dies verlief jedoch bisher erfolglos.

Völkerrechtlich betrachtet gilt Ostjerusalem als Teil der besetzten palästinensischen Gebiete und folglich steht die dortige palästinensische Bevölkerung unter dem Schutz des Vierten Genfer Abkommens (Genfer Abkommen über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten vom 12. August 1949). Den israelischen Behörden ist es untersagt, palästinensische Bewohner_innen Ostjerusalems umzusiedeln oder abzuschieben. Die Entscheidung zur Abschiebung von Mustafa al-Kharouf verstößt eindeutig gegen Artikel 49 des Vierten Genfer Abkommens, der die Vertreibung von geschützten Personen aus einem besetzten Gebiet ausdrücklich verbietet. Das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs definiert die folgende Handlung als Kriegsverbrechen: "[...] die Vertreibung oder Überführung [durch die Besatzungsmacht] der Gesamtheit oder eines Teiles der Bevölkerung des besetzten Gebiets innerhalb desselben oder aus diesem Gebiet."