Iran: Hossein Shahbazi droht Hinrichtung

Das Bild zeigt das Foto eines jungen Mannes

Hossein Shahbazi droht im Iran die Hinrichtung, obwohl er zum Tatzeitpunkt minderjährig war (Archivbild).

+++ Update: Hossein Shahbazi ist am 28. Mai nicht hingerichtet worden, dennoch droht ihm weiterhin die Vollstreckung seines Todesurteils. +++ Der 22-jährige Hossein Shahbazi soll in wenigen Tagen hingerichtet werden. Er wurde in einem unfairen Verfahren zum Tode verurteilt, in dem erzwungene "Geständnisse" die Grundlage seiner Verurteilung bildeten. Hossein Shahbazi war 17 Jahre alt, als er die ihm vorgeworfene Tat begangen haben soll. Mit seiner für den 28. Mai angesetzten Hinrichtung verstoßen die Behörden der Islamischen Republik Iran gegen das Verbot der Anwendung der Todesstrafe gegen Menschen, die zum Zeitpunkt des ihnen zur Last gelegten Verbrechens minderjährig waren.

Bitte beachten: Allen Personen mit persönlichen Beziehungen in den Iran raten wir, eine Teilnahme zu prüfen. Dieses Schreiben wird mit deinem Vor- und Nachnamen und Mail-Adresse an den Adressaten im Land gesandt.

Appell an

Oberste Justizautorität

Head of judiciary

Gholamhossein Mohseni Ejei

c/o Embassy of Iran to the European Union

Avenue Franklin Roosevelt No. 15

Brüssel

BELGIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Islamischen Republik iran

S. E. Herrn Mahmoud Farazandeh

Podbielskiallee 67

14195 Berlin


Fax: 030- 83 222 91 33

E-Mail: info@iranbotschaft.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, die geplante Hinrichtung von Hossein Shahbazi umgehend auszusetzen und sowohl seinen Schuldspruch als auch das Todesurteil aufzuheben. Bitte gewähren Sie ihm ein faires Wiederaufnahmeverfahren in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht und den Prinzipien der Jugendgerichtsbarkeit, unter Ausschluss von erzwungenen "Geständnissen" und ohne Rückgriff auf die Todesstrafe.
  • Sorgen Sie dafür, dass er vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird und seine Foltervorwürfe untersucht werden. Die mutmaßlich für Folter Verantwortlichen müssen in fairen Verfahren ohne Rückgriff auf die Todesstrafe vor Gericht gestellt werden.
  • Zudem appelliere ich an Sie, unverzüglich ein offizielles Hinrichtungsmoratorium zu verhängen und bis zur vollständigen Abschaffung der Todesstrafe keine Todesurteile mehr gegen Personen zu verhängen, die zur Tatzeit unter 18 Jahre alt waren, da dies gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen des Iran verstößt.

Sachlage

Hossein Shahbazi befindet sich im Adelabad-Gefängnis in der Stadt Schiras (Provinz Fars) und ist zum fünften Mal unmittelbar von der Hinrichtung bedroht. Er wurde in einem grob unfairen Verfahren für eine Straftat, die er im Alter von 17 Jahren begangen haben soll, zum Tode verurteilt. Seine Familie hat alle Rechtsmittel ausgeschöpft und die Behörden zeigen sich entschlossen, Hossein Shahbazi am 28. Mai hinzurichten. Vier vorangegangene Hinrichtungstermine waren im Zuge öffentlicher Proteste immer wieder verschoben worden.

Hossein Shahbazi wurde am 30. Dezember 2018 festgenommen, und ihm wurde elf Tage lang der Zugang zu einem Rechtsbeistand und seiner Familie verweigert, während er in einer Hafteinrichtung der Ermittlungseinheit der iranischen Polizei (Agahi) in Schiras festgehalten wurde. Seinen Angaben zufolge wurde er in dieser Zeit verhört und dabei gefoltert und anderweitig misshandelt. Nach einem grob unfairen Verfahren, in dem die durch Folter erlangten "Geständnisse" gegen ihn verwendet wurden, verurteilte die Abteilung 3 des Strafgerichts der Provinz Fars Hossein Shahbazi wegen Mordes zum Tode. Sein Schuldspruch wurde am 16. Juni 2020 vom Obersten Gerichtshof bestätigt. Im Jahr 2021 wies der Oberste Gerichtshof seinen Antrag auf gerichtliche Überprüfung zurück. Die von Amnesty International eingesehene Urteilsschrift des Obersten Gerichtshofs räumt ein, dass er zum Zeitpunkt des Verbrechens noch keine 18 Jahre alt war, argumentiert aber, dass die Organisation für Rechtsmedizin im Iran, ein der Justiz unterstehendes forensisches Institut, festgestellt hatte, dass er zum Zeitpunkt des Verbrechens über die nötige geistige Reife verfügt habe, um die Schwere seiner Tat zu erkennen, und dass daher die Todesstrafe angemessen sei. Dieses und andere Gutachten der Organisation für Rechtsmedizin, in denen Personen, die zur Tatzeit minderjährig waren, die nötige "Reife" bescheinigt wird, unterstreichen einmal mehr, dass im Iran unter Beihilfe von Rechtsmediziner*innen das Recht auf Leben von Kindern verletzt wird.

Im Iran werden Personen, die zum mutmaßlichen Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt waren, nach wie vor zum Tode verurteilt und hingerichtet. Das absolute Verbot der Anwendung der Todesstrafe gegen Personen, die zum Zeitpunkt des ihnen vorgeworfenen Verbrechens unter 18 Jahre alt waren, ist im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte und in der Konvention über die Rechte des Kindes enthalten, die beide vom Iran ratifiziert wurden. Zudem gilt es als zwingende Norm des Völkergewohnheitsrechts, was bedeutet, dass dieses Verbot von der internationalen Staatengemeinschaft als eine Norm akzeptiert und anerkannt wird, die für alle Staaten verbindlich ist und von der nicht abgewichen werden darf. Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften der verurteilten Person, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Hossein Shahbazi wurde von der iranischen Polizei (Agahi) festgenommen und elf Tage lang in Schiras festgehalten, bevor er in eine Jugendstrafanstalt verlegt wurde. Dort wurde ihm weiterhin einige Tage lang der Zugang zu seiner Familie verwehrt, bevor ihn seine Mutter besuchen durfte. Laut Angaben von Quellen, die seinen Fall kennen, hatte er bei diesem Besuch Prellungen im Gesicht und schien an Gewicht verloren zu haben. Derzeit ist Hossein Shahbazi im Adelabad-Gefängnis in Schiras inhaftiert.

Das iranische Strafjustizsystem leistet Verstößen gegen das Recht auf Leben Vorschub, erhält einen Kreislauf der Gewalt aufrecht und zielt darauf ab, die Verantwortung für staatlich sanktionierte Tötungen an diejenigen abzugeben, die Angehörige durch Mord verloren haben. Im Iran gibt es das gesetzlich geregelte Prinzip von qesas (Vergeltung gleicher Art). Es handelt sich hierbei um Vergeltungsmaßnahmen, bei denen diejenigen, die wegen Mordes schuldig gesprochen wurden, das Schicksals des Mordopfers teilen sollen – also den Tod. Die Hinterbliebenen des Mordopfers haben per Gesetz das Recht, die Tötung des Angeklagten einzufordern oder zu vollstrecken, oder aber eine Begnadigung im Gegenzug für "Blutgeld" (diyeh) auszusprechen.

In Todesstrafenfällen wie dem von Hossein Shahbazi, in denen Personen wegen Verbrechen verurteilt wurden, die sie als Minderjährige begangen haben, und in denen das qesas-Prinzip Anwendung findet, führen die Behörden der Islamischen Republik Iran die Öffentlichkeit und die internationale Gemeinschaft regelmäßig in die Irre. Die Behörden geben an, dass die Entscheidung für oder gegen eine Hinrichtung nicht bei ihnen liege und sie lediglich eine Vermittlerrolle übernehmen und die Familienangehörigen des Opfers dazu ermuntern können, sich für eine Begnadigung im Gegenzug für "Blutgeld" (diyeh) auszusprechen. Amnesty International betont, dass diese Behauptungen unehrlich sind und zeigen, dass die iranischen Behörden die Kinderrechte nicht ausreichend schützen. Iranische Gerichte verurteilen immer wieder Personen wegen Verbrechen zum Tode, die sie als Minderjährige begangen haben. Dies ist ein Verstoß gegen internationales Recht. Zudem lehnen die iranischen Behörden wiederholt Anträge zur Umwandlung von Todesurteilen ab.