Ecuador: Häftlinge weiterhin gefährdet

Die Grafik zeigt eine Gefängnistür mit Gitterstäben.

Die kritische Situation in den ecuadorianischen Gefängnissen hält an. Die Versorgung von Inhaftierten mit Lebensmitteln und Medikamenten ist in den fünf größten Gefängnissen des Landes weiter eingestellt. Angehörige und Wohltätigkeitsorganisationen sind gezwungen, auf eigene Kosten das Nötigste zu besorgen. Offenbar waren aufgrund von Haushaltskürzungen keine staatlichen Zahlungen an den Verpflegungsdienstleister der Gefängnisse ergangen. Am 2. Mai ordnete ein Gericht in Quito an, dass das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen der Behörde für inhaftierte Personen (SNAI) innerhalb von 15 Tagen die nötigen Mittel zu überweisen hat. Bisher stehen die Zahlungen jedoch aus.

Appell an

General Luis Eduardo Zaldumbide López
Director General de SNAI
Orellana E3-62 y 9 de Octubre 
Quito
ECUADOR 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Ecuador
S. E. Herrn Diego Fernando Morejon Pazmiño 
Joachimstaler Straße 12 
10719 Berlin 
Fax: 030 – 800 969 699 
E-Mail: info@ecuadorembassy.de 


 

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf, sich mit dem Ministerium für Wirtschaft und Finanzen abzustimmen und dem Urteil des Gerichts vom 2. Mai unverzüglich und in vollem Umfang nachzukommen. Die Rechte auf Nahrung, Gesundheit und körperliche Unversehrtheit aller Gefangenen in Ecuador müssen respektiert werden. 

Sachlage

Die Situation der Häftlinge in ecuadorianischen Gefängnissen, u. a. in den Provinzen Esmeraldas, Manabí, Guayas und Cotopaxi, gibt weiterhin Anlass zu großer Sorge. Seit dem 24. April haben die Gefängnisbehörden die Versorgung der Inhaftierten mit Lebensmitteln und Medikamenten eingestellt, weil offenbar aufgrund von Haushaltskürzungen keine staatlichen Zahlungen an den Verpflegungsdienstleister der Gefängnisse ergangen sind. Tausende sind von akutem Hunger und anderen gesundheitlichen Problemen bedroht. Am 2. Mai ordnete ein Gericht in Quito an, dass das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen der Behörde für inhaftierte Personen (SNAI) innerhalb von 15 Tagen die für die Wiederherstellung der Versorgung mit Lebensmitteln erforderlichen Summen zu überweisen hat. Doch die Familien der Häftlinge und Wohltätigkeitsorganisationen sind nach wie vor gezwungen, selbst die von den Gefangenen benötigten Lebensmittel und Medikamente zu besorgen.

In den UN-Mindestgrundsätzen für die Behandlung von Gefangenen (Nelson-Mandela-Regeln) heißt es, dass die Gefängnisbehörden für alle Inhaftierten nahrhafte Lebensmittel sowie Trinkwasser bereitstellen müssen und dass die Gesundheitsversorgung in Gefängnissen in der Verantwortung des Staates liegt.

Im Urteil Fleury und andere gegen Haití befand der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte, dass Staaten sich nicht auf wirtschaftliche Probleme berufen dürfen, um Haftbedingungen zu rechtfertigen, die nicht den internationalen Mindeststandards entsprechen und gegen die Menschenwürde verstoßen. 

Hintergrundinformation

Hintergrund

Das Strafvollzugssystem in Ecuador befindet sich seit Jahren in einer anhaltenden Krise, und es ist in jüngster Vergangenheit wiederholt zu Gefängnismassakern gekommen. Laut Angaben der Menschenrechtsorganisation CDH sind in ecuadorianischen Gefängnissen seit 2019 geschätzt 600 Menschen ums Leben gekommen. Amnesty International vorliegenden Informationen zufolge sind darüber hinaus die Gesundheitsdienste in ecuadorianischen Gefängnissen seit mindestens 2022 faktisch zum Erliegen gekommen. 

Die bereits kritische Situation in den Gefängnissen hat sich durch die jüngsten Maßnahmen von Präsident Daniel Noboa noch verschärft. Am 8. und 9. Januar 2024 rief der Präsident den Ausnahmezustand aus und erklärte, es herrsche ein interner bewaffneter Konflikt, was es den Streitkräften ermöglichte, die Kontrolle über Gefängnisse in ganz Ecuador zu übernehmen. Beide Dekrete sind seither verlängert worden. Somit ist die medizinische Versorgung in den Gefängnissen seit Januar ausgesetzt. Darüber hinaus haben lokale Menschenrechtsgruppen Berichte über die Misshandlung von Gefangenen durch Armeeangehörige erhalten.

Am 24. April informierten die Gefängnisbehörden die Familien von Inhaftierten darüber, dass in Gefängnissen im ganzen Land bis auf Weiteres keine Lebensmittel und Medikamente mehr bereitgestellt würden. Presseberichten zufolge war der Grund für diese Maßnahme eine ausstehende Zahlung an das Privatunternehmen, das die Gefängnisse landesweit mit Essen versorgt. Den Familien der Häftlinge wurde eine Liste mit Medikamenten ausgehändigt, die sie für ihre Angehörigen kaufen mussten, da in den Gefängnissen keine Versorgung mehr erfolgte. 

Noch am selben Tag hielten die Familien der Inhaftierten vor der Zentrale der Behörde für inhaftierte Personen (SNAI) eine friedliche Protestveranstaltung ab und forderten, dass ihre Angehörigen wieder mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgt werden und dass Informationen über deren Gesundheitszustand an die Familien weitergegeben werden.

Eine Koalition von Menschenrechtsorganisationen in Ecuador hatte Vorsorgemaßnahmen zum Schutz der Rechte von Inhaftierten beantragt (Prozessnummer: 17230202409062). In einer Anhörung am 2. Mai gab ein Gericht in Quito dem Antrag statt und ordnete folgende Maßnahmen an: 1) das Ministerium für Wirtschaft und Finanzen muss den Strafvollzugsbehörden innerhalb von 15 Tagen die Mittel zur Bezahlung des Verpflegungsdienstleisters der Gefängnisse überweisen; 2) die Behörde für inhaftierte Personen (SNAI) muss innerhalb von drei Monaten ein öffentliches Vergabeverfahren durchführen, um einen Lieferanten zu finden, der die ständige und kontinuierliche Versorgung mit Lebensmitteln in den Gefängnissen gewährleistet; 3) die Behörde für inhaftierte Personen (SNAI) muss vorläufige Maßnahmen ergreifen, um den Zugang der Häftlinge zu Lebensmitteln zu gewährleisten, auch durch die Annahme von Spenden; 4) das Büro der Ombudsperson muss die Einhaltung der Maßnahmen überwachen und monatlich aktuelle Berichte vorlegen.