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Ägypten: misshandelter Aktivist weiter in Haft
Der ägyptische Aktivist Moaz Al-Sharqawy (undatiertes Foto)
© privat
Der ägyptische Aktivisten Moaz al-Sharqawy ist willkürlich inhaftiert, nur weil er friedlich seine Menschenrechte wahrgenommen hat. Am 11. Mai wurde er von Sicherheitskräften in seiner Wohnung in Kairo festgenommen und fiel 23 Tage lang dem Verschwindenlassen zum Opfer. Während dieser Zeit wurde er mit verbundenen Augen geschlagen und ohne einen Rechtsbeistand verhört. Am 3. Juni wurde er der Staatsanwaltschaft vorgeführt, die seine Inhaftierung anordnete, um gegen ihn wegen des konstruierten Vorwurfs der Mitgliedschaft und Finanzierung einer terroristischen Vereinigung zu ermitteln. Moaz al-Sharqawy wird im berüchtigten Badr-3-Gefängnis festgehalten, dessen Haftbedingungen gegen das absolute Verbot von Folter und anderen Misshandlungen verstoßen. Regelmäßiger Kontakt zu seiner Familie und seinem Rechtsbeistand wird ihm verwehrt.
Appell an
Staatsanwalt
Hamada al-Sawi
Office of the Public Prosecutor
Madinat al-Rehab
Kairo
ÄGYPTEN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Arabischen Republik Ägypten
S. E. Herrn Khaled Galal Abdelhamid
Stauffenbergstraße 6 – 7
10785 Berlin
Fax: 030-477 1049
E-Mail: embassy@egyptian-embassy.de
Amnesty fordert:
- Ich fordere die sofortige Freilassung von Moaz al-Sharqawy, die Aufhebung der unrechten Verurteilung und des Strafmaßes gegen ihn sowie das Fallenlassen aller gegen ihn erhobenen Anklagen, da sie ausschließlich mit der friedlichen Ausübung seiner Menschenrechte zusammenhängen.
- Bis zu seiner Freilassung sollte ihm umgehend Zugang zu seiner Familie, seinen Rechtsbeiständen und zu jeder benötigten medizinischen Versorgung gewährt werden. Er muss zudem vor weiterer Folter und anderen Misshandlungen geschützt werden.
- Außerdem muss eine wirksame und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe der Folter und anderer Misshandlungen durchgeführt werden, um die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht zu stellen.
Sachlage
Die Familie und die Rechtsbeistände von Moaz al-Sharqawy hatten sich bei den örtlichen Polizeidienststellen, der allgemeinen Gefängnisverwaltung und der Staatsanwaltschaft der Staatssicherheit (SSSP) nach seinem Verbleib erkundigt und am 12. Mai eine Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft eingereicht. Trotzdem weigerten sich die Behörden, seiner Familie und seinen Rechtsbeiständen Informationen über sein Schicksal oder seinen Verbleib zu geben oder seine Inhaftierung anzuerkennen, bis er am 3. Juni der SSSP vorgeführt wurde. Nachdem die Staatsanwaltschaft Moaz Al-Sharqawy zu seinen Kontakten und Finanzen befragt hatte, ordnete sie seine Inhaftierung an, bis die Ermittlungen zu den konstruierten Vorwürfen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und deren Finanzierung in der Rechtssache 540/2023 abgeschlossen sind.
Moaz Al-Sharqawy wird im Badr-3-Gefängnis festgehalten. Angesichts der gut dokumentierten Fälle von Folter und anderen Misshandlungen in diesem Gefängnis sowie der routinemäßigen Verweigerung von Familien- und Rechtsbeistandsbesuchen sowie medizinischer Versorgung besteht große Sorge um seine Sicherheit und sein Wohlergehen. Gut informierten Quellen zufolge verschlechterte sich der psychische Zustand von Moaz al-Sharqawy nach seiner früheren willkürlichen Inhaftierung zwischen September 2019 und März 2020 erheblich. Damals wurde er vorläufig freigelassen. Im Mai 2022 wurde er von einem Staatssicherheitsgericht in einem grob unfairen und politisch motivierten Massenverfahren, in dem auch der ehemalige Präsidentschaftskandidat Abdel Moneim Aboul Fotouh und der Politiker Mohamed al-Kassas vor Gericht standen, zu zehn Jahren Haft und fünf Jahren Bewährung nach der Entlassung verurteilt. Moaz al-Sharqawy war bei seinem Prozess nicht anwesend. Er war seit seiner Verurteilung untergetaucht, was seine psychische Gesundheit weiter beeinträchtigte.
Hintergrundinformation
Moaz al-Sharqawy ist ein ägyptischer Aktivist und der ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Studierendenvereinigung an der Universität von Tanta im Gouvernement Garbiya. Seine Arbeit konzentrierte sich auf die Verteidigung des Rechts der Studierenden auf freie Meinungsäußerung und friedliche Versammlung innerhalb der Universitäten, auf Aktionen für zu Unrecht inhaftierte Studierende und auf die Forderung nach Rechenschaft für die bei Protesten unrechtmäßig von Sicherheitskräften getöteten Studierenden.
Gut informierten Quellen zufolge wurde Moaz Al-Sharqawy erstmals im September 2019 festgenommen. Der Geheimdienst NSA ließ ihn damals 24 Tage lang verschwinden. Während dieser Zeit wurde er gefoltert und anderweitig misshandelt, um "Geständnisse" zu erpressen, und die Verhöre fanden ohne seinen Rechtsbeistand statt. In einer Mitteilung an die ägyptischen Behörden vom 9. August 2022 äußerten mehrere unabhängige UN-Expert*innen ihre Besorgnis darüber, dass "der Ermittlungsbeamte Moaz Al-Sharqawy beleidigte, schlug, seine Beine an einen Metallstuhl fesselte und ihn mit mehreren Elektroschocks quälte. Er wurde zu seinem Engagement als Sprecher der Studierendengewerkschaft und seiner Teilnahme an Studierendendemonstrationen befragt und gezwungen, nackt vor eine Klimaanlage zu stehen, und mit dem Tod bedroht." Anschließend wurde er in das Tora-Untersuchungsgefängnis verlegt, wo er bis März 2020, dem Abschluss der Ermittlungen wegen konstruierter Terrorismusvorwürfe, in Untersuchungshaft gehalten wurde.
Nach seiner bedingten Freilassung auf Bewährung bis zum Abschluss der Ermittlungen setzte sich Moaz al-Sharqawy weiterhin für die Rechte der aus politischen Gründen Inhaftierten ein und arbeitete mit Menschenrechtsgruppen zusammen, um auf Menschrechtsverletzungen aufmerksam zu machen. Im Januar 2021 wurde er allein auf der Grundlage geheimer Ermittlungen der NSA und ohne ordnungsgemäßes Verfahren auf die "Terroristenliste" gesetzt. Am 29. Mai 2022 verurteilte ein Staatssicherheitsgericht (ESSC) Moaz Al-Sharqawy und 24 weitere Personen nach einem Schuldspruch wegen konstruierter Terrorismusanschuldigungen zu Haftstrafen zwischen 10 und 15 Jahren.