Israel/OPT: Verwaltungshaft erneut verlängert

Das Foto zeigt Salah Hammouri , der ein Hemd trägt und sich mit einer anderen Person unterhält, die ihren Hinterkopf zur Kamera gedreht hat und Salah Hammouri leicht verdeckt.

+++ Update: Salah Hammouri ist nicht mehr in Verwaltungshaft. Die israelischen Behörden haben ihm das Aufenthaltsrecht in Jerusalem entzogen und ihn am 18. Dezember nach Frankreich abgeschoben. +++ Der französisch-palästinensische Menschenrechtsverteidiger Salah Hammouri ist nach wie vor ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Israel inhaftiert, nachdem seine Verwaltungshaftanordnung im September erneut um drei Monate verlängert wurde. Der Menschenrechtler wird seit 2002 beständig von den israelischen Behörden schikaniert. Seit März 2022 befindet er sich in Verwaltungshaft und es wurden Maßnahmen eingeleitet, um ihm das Aufenthaltsrecht in Jerusalem zu entziehen. Salah Hammouri muss umgehend freigelassen werden.

Appell an

Verteidigungsminister Israels

Benny Gantz, Ministry of Defence


37 Kaplan Street

Hakirya, Tel Aviv 61909

ISRAEL

Sende eine Kopie an

Botschaft des Staates Israel

S. E. Herrn Ron Prosor

Auguste-Viktoria-Straße 74-76

14193 Berlin

Fax: 030 – 8904 5555

E-Mail: botschaft@israel.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf, Salah Hammouri und andere Verwaltungshäftlinge unverzüglich freizulassen, sofern sie nicht umgehend einer international anerkannten Straftat angeklagt und in Verfahren vor Gericht gestellt werden, die den internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entsprechen.
  • Sorgen Sie bitte zudem dafür, dass er seinen Aufenthaltsstatus in Jerusalem behalten sowie seine Menschenrechtsarbeit fortführen darf, ohne Repressalien befürchten zu müssen.

Sachlage

Der französisch-palästinensische Anwalt Salah Hammouri wird weiterhin von den israelischen Behörden schikaniert und willkürlich und ohne Anklage oder Gerichtsverfahren in Verwaltungshaft gehalten. Er wurde am 7. März 2022 festgenommen, und am 10. März erließ die Militärzentrale der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte im besetzten Westjordanland eine dreimonatige Verwaltungshaftanordnung gegen ihn, wodurch seine Haft bis zum 6. Juli verlängert wurde. Salah Hammouri wurde weder angeklagt noch vor Gericht gestellt, und er hatte keine Möglichkeit, seine Haft wirksam anzufechten. Seither ist die Haftanordnung zweimal verlängert worden, zuletzt am 4. September, nur wenige Stunden bevor er hätte freikommen sollen. Die neue Haftanordnung läuft am 4. Dezember aus.

Am 26. Juli verlegten die israelischen Gefängnisbehörden Salah Hammouri in das Hadarim-Gefängnis, nachdem sie ihn als Hochsicherheitsgefangenen ("Sagav" auf Hebräisch) einstuften. Die Verlegung erfolgte kurz nachdem der Menschenrechtler in einem offenen Brief an den französischen Präsidenten Macron die Befürchtung äußerte, wegen seines friedlichen Aktivismus ins Visier geraten zu sein. Am 25. September trat Salah Hammouri gemeinsam mit 29 weiteren palästinensischen Verwaltungshäftlingen in den Hungerstreik, um gegen den großflächigen und systematischen Einsatz der Verwaltungshaft, die als grausame und ungerechte Form der Inhaftierung betrachtet wird, seitens der israelischen Behörden zu protestieren. Um ihn für seinen Hungerstreik zu bestrafen, wurde er am 28. September in eine schmutzige Isolationszelle verlegt, die nur 4m2 groß war. Dort hatte er 15 Tage lang keinen Zugang zu Frischluft und Tageslicht und war von der Außenwelt abgeschnitten.

Salah Hammouri lebt im Ost-Jerusalemer Viertel Kafr Aqab. Er verfügt über eine Aufenthaltserlaubnis für Jerusalem und arbeitet als Feldforscher für die palästinensische Menschenrechtsorganisation Addameer, die Häftlingen rechtlichen Beistand leistet und sich für ihre Rechte einsetzt. Gemeinsam mit fünf weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen wurde Addameer im Oktober 2021 von der israelischen Regierung offiziell zu einer "terroristischen Organisation" erklärt. Menschenrechtsexpert*innen der Vereinten Nationen verurteilten diesen Schritt als einen Missbrauch von Terrorbekämpfungsmaßnahmen und bezeichneten ihn als einen "Frontalangriff auf die palästinensische Menschenrechtsbewegung, und generell auf die Menschenrechte überall."

Die israelischen Behörden schikanieren Salah Hammouri beständig und nehmen ihn seit Jahren ins Visier. Seit 2000 ist er mehrfach inhaftiert worden, und dabei wurde er auch zweimal in Verwaltungshaft genommen: für fünf Monate im Jahr 2004 und für 13 Monate im Jahr 2018. Außerdem verletzen die israelischen Behörden seine Rechte auf Bewegungsfreiheit und Familienleben.

Für Salah Hammouri besteht außerdem die Gefahr, nach Frankreich abgeschoben zu werden, da die israelischen Behörden bereits im September 2020 Maßnahmen ergriffen haben, um seinen dauerhaften Aufenthaltsstatus aufzuheben. Laut Angaben seines Rechtsbeistands wurde Salah Hammouri während seiner Einzelhaft von Gefängnisbediensteten unter Druck gesetzt. Diese sagten ihm, dass sie ihn freilassen würden, wenn er Jerusalem verlasse und nach Frankreich zurückkehre.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 3. September 2020 informierte das israelische Innenministerium Salah Hammouri darüber, dass es beabsichtigte, seinen dauerhaften Aufenthaltsstatus für nichtig zu erklären. Grund dafür sei ein "Treuebruch" gegenüber dem Staat Israel. Seine Rechtsmittel sind mittlerweile ausgeschöpft und er wartet auf die endgültige Entscheidung des israelischen Hohen Gerichts. Laut seinem Rechtsbeistand gibt es Anlass zur Sorge, dass diese neueste Verwaltungshaftanordnung gegen den Menschenrechtler verwendet werden wird, um seinen Abschiebungsprozess voranzutreiben.

Im Jahr 2021 wurden die Computer von Salah Hammouri und fünf weiteren palästinensischen Menschenrechtsverteidiger*innen mit der Überwachungssoftware Pegasus gehackt. Pegasus wurde von dem israelischen Cyber-Überwachungsunternehmen NSO Group entwickelt.

Personen werden von den israelischen Behörden in Verwaltungshaft gehalten, ohne dass die Absicht besteht, sie strafrechtlich zu belangen. Verwaltungshaftanordnungen können immer wieder verlängert werden und entsprechende Beweise werden den Inhaftierten vorenthalten, weshalb sie ihre Inhaftierung nicht wirksam anfechten können und nicht wissen, wann sie freigelassen werden. Vom 1. Januar bis 1. Juli 2022 boykottierten Hunderte Palästinenser*innen, die in Verwaltungshaft festgehalten werden, die israelischen Militärgerichte, um gegen ihre Haft ohne Anklage oder Gerichtsverfahren zu protestieren, darunter auch Salah Hammouri.

Belege, die von Amnesty International und anderen Menschenrechtsorganisationen über Jahrzehnte hinweg gesammelt wurden, zeigen, dass die Verwaltungshaft als eine gezielte israelische Vorgehensweise eingesetzt wird, um Personen, darunter auch gewaltlose politische Gefangene, allein wegen der Ausübung ihrer Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit zu inhaftieren. Damit sollen sie für ihre Ansichten und ihren Aktivismus gegen die Besetzungspolitik bestraft werden. Am 10. Oktober 2022 gab es nach Angaben von Addameer in israelischen Gefängnissen etwa 800 palästinensische Verwaltungshäftlinge, darunter drei Mitglieder des palästinensischen Legislativrats, die ohne Anklage oder Gerichtsverfahren auf unbestimmte Zeit festgehalten wurden.