Aktuell Vereinigte Staaten von Amerika 09. September 2013

Der Fall Snowden

Edward Snowden

Edward Snowden

Edward Snowden hat u.a. aufgedeckt, dass die NSA in großem Ausmaß die Rechner großer Internetfirmen anzapft und so Zugang zu Videos, Fotos, E-Mails und Kontaktdaten von Millionen Nutzern bekommt. Auch auf die Rechner von Telefonanbietern soll die NSA zugegriffen haben. Die Überwachung erfolgt mithilfe von Programmen wie Prism, Tempora und XKeyscore. Inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass die NSA dabei vielfach gegen die geltenden Gesetze verstoßen hat.

Laut Informationen des "Spiegel" hat die NSA millionenfachen Zugriff auf Datensätze aus Deutschland. Noch läuft die Aufklärungsarbeit des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages, das klären soll, inwieweit deutsche Behörden von den Aktivitäten der NSA wussten. Außerdem soll aufgedeckt werden, wie weit die Zusammenarbeit des BND mit der NSA ging und ob hier rechtliche Grenzen überschritten wurden. Im Raum steht der Verdacht, dass der BND auch Mobilfunkdaten weitergegeben hat, die dann bei der Durchführung von Drohnenangriffen für die Ortung von verdächtigen Personen genutzt wurden.

Der Fall Snowden betrifft zwei menschenrechtliche Problembereiche:

  1. Snowden hat aufgedeckt, in welchem Ausmaß der amerikanische Auslandsgeheimdienst NSA (National Security Agency) elektronische Kommunikation im In- und Ausland überwacht . Eine solche exzessive Überwachung stellt eine Menschenrechtsverletzung dar. Diese Enthüllung macht deutlich, dass effektiver Schutz vor exzessiver Überwachung und der Ausspähung privater Daten notwendig ist.

  2. Snowden soll in den USA für diese Informationsweitergabe strafrechtlich verfolgt werden, ihm drohen lange Haftstrafen und verschärfte Haftbedingungen. Dies wirft die Frage auf, inwieweit "Whistleblower" (Hinweisgeber), die öffentliche Missstände aufdecken, geschützt werden müssen.

Hier finden Sie die wichtigsten Positionen von Amnesty International zum Fall Snowden:

  • Amnesty International geht davon aus, dass Snowden in US-Haft Misshandlung ausgesetzt sein könnte. Vor einer Auslieferung Snowdens aus einem europäischen Land an die USA muss deshalb sorgfältig geprüft werden, ob ihn dann zum Beispiel Haftbedingungen erwarten würden, die gegen Art. 3 EMRK verstoßen, weil sie unmenschlich, erniedrigend oder grausam sind (z.B. ausgedehnte Einzelhaft, nächtliches Wecken jede Stunde, etc.).

  • Snowden hat das Recht, in jedem Staat einen Antrag auf Asyl zu stellen, der fair und unabhängig beschieden werden muss. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention sind Flüchtlinge Personen, die fürchten müssen, in ihrem Heimatstaat aufgrund bestimmter Umstände, z.B. ihrer politischen Auffassung, verfolgt zu werden.

  • Grundsätzlich ist jemand, der vor Strafverfolgung bzw. der damit einhergehenden Haft in ein anderes Land flieht, kein Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Eine derartige Verfolgung und damit der Flüchtlingsstatus sind aber gegeben, wenn der Straftatbestand, die zu erwartende Strafzumessung oder auch die zu befürchtende Inhaftierung nicht internationalen Menschenrechtsstandards entspricht. Die Straftatbestände, wegen derer Snowden in den USA angeklagt ist (Diebstahl öffentlichen Eigentums (18 U.S.C. § 641), Kommunikation von Informationen der nationalen Verteidigung (18 U.S.C. § 793(d)), Veröffentlichung geheimer Informationen (18 U.S.C. § 798(a)(3)) sind als solche nicht Ausdruck einer politischen Verfolgung. Einzig die Strafverfolgungsumstände, die Bedingungen der zu erwartenden Haft oder die Strafzumessung könnten also zu einer Einstufung Snowdens als "politisch Verfolgtem" führen. Für eine solche Einstufung müssten eine umfangreiche Prognose angestellt und alle Umstände eingehend geprüft werden.

  • Die USA haben mit Berufung auf die "nationale Sicherheit" den Reisepass von Snowden für ungültig erklärt. Unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses, in dem Snowden gehandelt hat, ist diese Maßnahme aus Sicht von Amnesty International eine unzulässige Beschränkung seines Menschenrechts auf Bewegungsfreiheit (Art. 13 AEdMR, Art. 12 IPBürg, Art. 5 EMRK).

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