Umweltschützer in Haft

Der 53-jährige Umweltschützer Andrej Satoka ist am 20. Oktober in seiner Heimatstadt Dashoguz im Norden Turkmenistans von der Polizei festgenommen worden. Zur Zeit soll er sich in einem Untersuchungshaftzentrum in Dashoguz befinden und ist in Gefahr, gefoltert oder auf andere Weise misshandelt zu werden. Seine Festnahme steht möglicherweise in Zusammenhang mit seinem friedlichen Engagement als Umweltschützer.

Appell an

PRÄSIDENT
President Gurbanguly Berdymukhamedov
Presidential Palace, 744000 Ashgabat,
TURKMENISTAN
(korrekte Anrede: Dear President of Turkmenistan)
Fax: (00 993) 12 35 51 12

AUßENMINISTER
Rashit Meredov
Ministry of Foreign Affairs,
83 pr. Magtymguly, 744000 Ashgabat,
TURKMENISTAN
(korrekte Anrede: Dear Minister)
Fax: (00 993) 12 35 42 41
E-Mail: mfatm@online.tm

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT VON TURKMENISTAN
S.E. Herrn Berdymurat Redjepov
Langobardenallee 14
14052 Berlin
Fax: 030-3010 2453
E-Mail: info@botschaft-turkmenistan.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Turkmenisch, Russisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 8. Dezember 2009 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE LUFTPOSTBRIEFE, FAXE UND E-MAILS.

  • Appellieren Sie an die Behörden, Andrej Satoka vor Folter und anderen Misshandlungen zu schützen und ihm regelmäßigen Zugang zu einem Anwalt seiner Wahl und jeglicher notwendiger medizinischer Versorgung zu gewähren.

  • Bringen Sie Ihre Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass Andrej Satoka möglicherweise wegen seines friedlichen Engagements für den Umweltschutz festgenommen und angeklagt worden ist. In diesem Fall wäre er ein gewaltloser politischer Gefangener und muss als solcher umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

  • Weisen Sie darauf hin, dass Turkmenistan Vertragsstaat des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte ist, der die Rechte auf Meinungs- und Vereinigungsfreiheit garantiert.

  • Äußern Sie sich besorgt über das anhaltend harte Vorgehen gegen Dissidenten in Turkmenistan, durch das bereits zahlreiche zivilgesellschaftlich engagierte Personen, politische DissidentInnen, Mitglieder religiöser Minderheiten und ihre Familien Opfer von willkürlichen Festnahmen, Folter, Misshandlungen oder Inhaftierungen nach unfairen Gerichtsverfahren wurden.

Sachlage

Nach Angaben von ZeugInnen erledigte Andrej Satoka (englische Transkription: Andrei Zatoka) am Morgen des 20. Oktober Einkäufe auf dem Markt von Dashoguz, als ein Unbekannter ihm plötzlich einen Faustschlag versetzte. Andrej Satoka wollte die Polizei rufen, doch zwei in der Nähe stehende Polizeiangehörige nahmen ihn fest und brachten ihn auf die Wache. Daraufhin wurde er in ein

Untersuchungshaftzentrum des Justizministeriums gebracht. Dort erfuhr er von BehördenvertreterInnen, dass er für 15 Tage wegen "Rowdytums" in Haft bleiben würde. Am selben Tag teilte man ihm dann mit, dass er in Polizeigewahrsam bleiben würde, da er verdächtigt werde, dem Mann auf dem Markt "mittelschwere Verletzungen" zugefügt zu haben. Diese Aussage werde von MedizinerInnen und zwei vermeintlichen ZeugInnen gestützt. Nach Angaben der Turkmenischen Initiative für Menschenrechte wurden die HändlerInnen und KundInnen auf dem Markt, die den Vorfall beobachtet hatten, nicht als ZeugInnen herangezogen.

Am 23. Oktober erfuhr Amnesty International, dass Andrej Satoka wegen des "absichtlichen Zufügens mittelschwerer Verletzungen" unter Anklage steht. Das "absichtliche Zufügen mittelschwerer Verletzungen" wird nach turkmenischem Recht mit einer Haftstrafe von bis zu fünf Jahren bestraft. Wann der Prozess gegen Andrej Satoka beginnt, ist noch nicht bekannt.

Wer sich in Turkmenistan für den Umweltschutz einsetzt oder sich anderweitig engagiert, ist in Gefahr, von den Behörden verhört oder schikaniert zu werden. Immer wieder werden Fälle von Folter, Misshandlungen und willkürlichen Festnahmen bekannt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Dezember 2006 war Andrej Satoka am Flughafen in Dashoguz wegen angeblicher Störung der öffentlichen Ordnung von der Polizei festgenommen worden. Worauf sich diese Anschuldigung gründete, blieb unklar. Andrej Satoka hatte in die turkmenische Hauptstadt Aschgabat fliegen wollen, um von dort aus am nächsten Tag nach Moskau weiterzureisen, wo er sich mit Mitgliedern der Nichtregierungsorganisation "International Social and Ecological Union" treffen wollte. Außerdem hatte er vorgehabt, Urlaub bei seiner Familie in Russland zu machen.

In der Folge wurden gegen ihn vier Anklagepunkte erhoben, unter anderem illegaler Erwerb oder Besitz von Waffen oder Sprengstoff und illegale Verbreitung von verbotenen Substanzen. Amnesty International und zahlreiche andere internationale Menschenrechtsorganisationen äußerten damals die Befürchtung, dass er durch die Anklage für seine friedliche Tätigkeit als Umweltschützer bestraft werden sollte. (Mehr Informationen dazu in UA-005/2007). Im Januar 2007 verurteilte das Stadtgericht von Dashoguz Andrej Satoka zu einer dreijährigen Haftstrafe, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Die Bewährungsstrafe wurde später im Rahmen der Begnadigung von etwa 9000 Gefangenen durch den Präsidenten aufgehoben.

Seit Juni 2008 wird Andrej Satoka, der sowohl die turkmenische als auch die russische Staatsbürgerschaft besitzt, die Ausreise verwehrt. Daher hat er seine Verwandten in Russland (unter anderem seine Kinder) seit über zwei Jahren nicht mehr gesehen. Mehrfach schrieb er Briefe an das Ministerium für nationale Sicherheit und die Migrationsbehörde, um zu erfahren, weshalb ihm die Ausreise verwehrt wird. Eine Erklärung hat er bis heute nicht erhalten.

Andrej Satoka hatte für den Fall, dass er festgenommen wird oder dem "Verschwindenlassen" zum Opfer fällt bei Bekannten einen Brief hinterlegt. In dem Schreiben vom Juni 2008 gibt Andrej Satoka an, von Sicherheitskräften überwacht zu werden, und äußerte die Befürchtung, dass die Behörden ihn auf Grundlage von Scheinvorwürfen festnehmen könnten.

Andrej Satoka war mit seiner Familie 1982 aus der Russischen Sozialistischen Föderation in die Turkmenische Sozialistische Sowjetrepublik übergesiedelt. Bis 1992 arbeitete er im Kaplankyr-Nationalpark im Norden Turkmenistans. Er ist Mitglied des Rates der "International Social and Ecological Union", einem Dachverband für mehr als 340 Umweltschutzorganisationen vorwiegend in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion. Zudem war er einer der Vorsitzenden des "Dashoguz Ecological Club", einer Umweltorganisation, die im Dezember 1992 gegründet und 2003 im Rahmen von Regierungsmaßnahmen gegen Nichtregierungsorganisationen aufgelöst wurde.

Seit vielen Jahren sind systematische Menschenrechtsverletzungen in Turkmenistan weit verbreitet. Gegen DissidentInnen gehen die Behörden oft hart vor. Der Amtsantritt von Präsident Gurbanguly Berdymukhamedov im Dezember 2006 hatte Hoffnungen auf eine Verbesserung der Menschenrechtssituation geweckt. Bisher haben der Präsident und seine Regierung jedoch kaum etwas getan, um auf die geäußerten Befürchtungen von Amnesty International, anderen Menschenrechtsorganisationen und der internationalen Gemeinschaft zu reagieren.

Turkmenistan ist Vertragsstaat des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte und somit zur Wahrung der Menschenrechte, unter anderem der Rechte auf freie Meinungsäußerung und Vereinigungsfreiheit, verpflichtet. Dennoch schränken die Behörden die Arbeit von zivilgesellschaftlich engagierten Personen stark ein und haben die meisten Nichtregierungsorganisationen aufgelöst. OppositionspolitikerInnen waren entweder gezwungen, ins Exil zu gehen, oder sahen sich Inhaftierungen und Verfolgung ausgesetzt. Keine unabhängige politische Partei kann in Turkmenistan offen arbeiten.