Drohanrufe

Fray Tomás González

Fray Tomás González

Ein Menschenrechtsverteidiger, der sich für Migrant_innen einsetzt, hat mehrere Drohanrufe erhalten. Der Anrufer hat dabei angegeben, einem der größten Drogenkartelle anzugehören, und ihm mit Erpressung gedroht. Der Menschenrechtsverteidiger und seine Kolleg_innen in einer Migrantenherberge im Bundesstaat Tabasco im Südosten Mexikos haben in der jüngsten Zeit an zahlreichen Fällen von sexuellen Übergriffen auf und Massenentführungen von Migrant_innen in der Region gearbeitet.

Appell an

INNENMINISTER
Miguel Ángel Osorio Chong
Secretaría de Gobernación
Bucareli 99, col. Juárez, Cuauhtémoc
Distrito Federal, México, C.P. 06600
MEXIKO
(Anrede: Dear Minister / Sr. Secretario /
Sehr geehrter Herr Minister)
Fax: (00 52) 55 5093 3414
E-Mail: secretario@segob.gob.mx

GENERALSTAATSANWALT DES BUNDESSTAATES TABASCO
Fernando Valenzuela Pernas
Av. Paseo Usumacinta No. 802 Col.
Gil y Sáenz (antes El Águila).
Villahermosa, Tabasco
MEXIKO
(Anrede: Dear Attorney General / Sr. Fiscal General / Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
Fax: (00 52) 993 313 6550 (Sagen Sie "Fax")
E-Mail: procurador@pgjtabasco.gob.mx

Sende eine Kopie an

MIRGRANTENUNTERKUNFT LA 72
E-Mail: La72.direccion@gmail.com
BOTSCHAFT DER VEREINIGTEN MEXIKANISCHEN STAATEN
I. E. Patricia Espinosa Cantellano
Klingelhöferstraße 3
10785 Berlin
Fax: 030-26 93 23 700
E-Mail: mail@mexale.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Spanisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 7. Januar 2016 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich möchte Sie eindringlich darum bitten, umgehend eine umfassende und unparteiische Untersuchung der Drohungen gegen Fray Aurelio Montero Vásquez und andere Mitarbeiter_innen der Migrantenherberge La 72 einzuleiten und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

  • Verstärken Sie mit Blick auf die hohe Anzahl von Straftaten, die von Mitarbeiter_innen gemeldet werden, bitte umgehend die Schutzmaßnahmen für die Migrantenherberge La 72 und in der näheren Umgebung in Tenosique.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to ensure a prompt, full and impartial investigation into the threats against Fray Aurelio Montero Vasquez and other members of La 72, and that those responsible are brought to justice.

  • Urging the authorities to immediately improve the protection provided to the La 72 migrants shelter and the surrounding area in Tenosique in relation to the wave of crimes reported by the shelter.

Sachlage

Am 14. November erhielt der Menschenrechtsverteidiger Fray Aurelio Montero Vásquez, der sich für Migrant_innen einsetzt, einen Drohanruf von einem Mann, der angab, der Anführer eines der größten Drogenkartelle zu sein. Als Fray Aurelio Montero Vásquez den Anruf erhielt, befand er sich in einer Krisensitzung mit nationalen Ermittlungsbehörden, um über die jüngsten Entführungen von und sexuellen Übergriffe auf Migrant_innen in der Nähe von Tenosique im Bundesstaat Tabasco zu sprechen. Er gab sein Telefon an einen Angehörigen der Generalstaatsanwaltschaft Mexikos weiter, damit dieser mithören konnte. Fray Aurelio Montero Vásquez zufolge soll der Anrufer, der weiter in dem Glauben war, mit dem Menschenrechtler zu sprechen, gesagt haben: "Du bist zu weit gegangen". Außerdem habe er gedroht, ihn anzugreifen, wenn er nicht 50.000 mexikanische Pesos (ca. 2850 Euro) von ihm erhielte. Während der Krisensitzung rief derselbe Mann noch acht weitere Male an, sodass es den Behörden möglich war, herauszufinden, dass die Anrufe aus einem nördlichen Teil Mexikos getätigt wurden.

An dem Tag, als Fray Aurelio Montero Vásquez die Drohanrufe erhielt, hatte er zusammen mit Kolleg_innen der Migrantenherberge La 72 in Tenosique im Bundesstaat Tabasco Anzeige wegen der Entführung von Migrant_innen eingereicht. In den Wochen zuvor berichteten Fray Aurelio Montero Vásquez und seine Kolleg_innnen über eine starke Zunahme der sexuellen Übergriffen auf und Entführungen von Migrant_innen, von denen die meisten aus Zentralamerika stammen. Fray Tomás González, der ebenfalls in der Migrantenherberge La 72 tätig ist, hat viel zu diesen Fällen gearbeitet und in den vergangenen Wochen Sicherheitsvorfälle bei den Behörden gemeldet.

Am 16. November war die Bundespolizei, die für den Schutz der Migrantenunterkunft La 72 zuständig ist, in der Umgebung nicht oft genug auf Streife gegangen und hatte die Unterkunft mehrere Stunden mitten in der Nacht und am frühen Morgen unbeaufsichtigt gelassen. Diese Polizeistreifen gehören zu den Sicherheitsmaßnahmen der Regierung, damit die Mitarbeiter_innen der Herberge ihrer Menschenrechtsarbeit weiterhin ausüben können.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Amnesty International hat in der Vergangenheit bereits mehrere Urgent Actions zu der Migrantenherberge La 72 gestartet, zuletzt im Mai 2014 (siehe UA-109/2014, online unter: http://www.amnesty.de/urgent-action/ua-109-2014/migranten-inhaftiert).

Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen werden in Mexiko aufgrund ihrer rechtmäßigen und bedeutenden Arbeit oft angegriffen, bedroht, eingeschüchtert, entführt oder sogar getötet. Die dafür Verantwortlichen werden so gut wie nie gerichtlich belangt. Der Mechanismus für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen bietet Menschenrechtsverteidiger_innen weiterhin keinen wirksamen Schutz, da es an gut ausgebildetem Personal und ausreichenden finanziellen Mitteln fehlt und das Gesetz von Politiker_innen nicht genügend unterstützt wird. Zudem gibt es keine ausreichende Koordinierung auf verschiedenen Ebenen unter den Behörden. Bei den Risikoanalysen bleiben häufig der spezifische Kontext und Bereich, in dem die Menschenrechtler_innen tätig sind, unbeachtet. Die zur Verfügung gestellten Maßnahmen sind zudem hauptsächlich physischer Art. Es gibt keine klaren und standardisierten Kriterien, anhand derer entschieden werden kann, wem Schutz gewährt wird. In vielen Fällen gibt es eine große Diskrepanz zwischen der Aufnahme in den Schutzmechanismus und der wirksamen Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen. Ein weiteres Problem stellt das Fehlen einer umfassenden Strategie gegen die Stigmatisierung und die Beschädigung des Rufes von Menschenrechtsverteidiger_innen dar. Erst dieses Jahr, drei Jahre nach Einführung des Mechanismus für den Schutz von Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen, wurde eine Präventions-, Überwachungs- und Analyseeinheit gegründet. Die mexikanische Regierung hat bisher auf das Klima anhaltender Bedrohung, der Menschenrechtsverteidiger_innen und Journalist_innen in mehreren Bundesstaaten ausgesetzt sind, nicht überzeugend reagiert.

Migrant_innen, werden auf ihrem Weg durch Mexiko weiterhin häufig zu Opfern von schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen durch bewaffnete Gruppen oder Angehörige der Regierung, darunter Massenentführungen, Erpressung und Verschwindenlassen. Die Anzahl der Migrant_innen, die ihre Heimatländer in Zentralamerika verlassen, ist weiterhin hoch. In den vergangenen Jahren gab es Belege dafür, dass eine zunehmende Zahl von Menschen aus El Salvador, Honduras und Guatemala aufgrund von Gewalt fliehen. Viele von ihnen benötigen internationalen Schutz. Dennoch ist die Zahl der stattgegeben Asylanträge in Mexiko sehr niedrig. Der mexikanischen Kommission zur Unterstützung der Flüchtlinge (Comisión Mexicana de Ayuda a Refugiados) zufolge wurden zwischen September 2014 und Juni 2015 1.967 Asylanträge eingereicht. In nur 293 Fällen (15%) wurde der Flüchtlingsstatus gewährt. 46 Antragssteller_innen erhielten komplementären Schutz. (Weitere Informationen dazu finden Sie in dem dritten Bericht der mexikanischen Regierung, der dem Kongress am 2. September 2015 vom Präsidenten Enrique Peña Nieto vorgelegt wurde, unter: http://www.presidencia.gob.mx/tercerinforme/)

Im Juli 2014 kündigte der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto den "Plan zur südlichen Grenze" (Programa Frontera Sur) an, dessen Ziel es sein soll, die Sicherheit und die Entwicklung entlang der südlichen Grenze Mexikos sowie die Lage der Menschenrechte von Migrant_innen zu verbessern. Seit der Ankündigung dieses Plans hat Amnesty International Beschwerden über drastische Sicherheitsoperationen erhalten. Die Zahl der Abschiebungen von Menschen aus Zentralamerika ist von 80.079 im Jahr 2013 auf 107.814 im Jahr 2014 gestiegen. Zudem verhindern die Polizei und Angehörige der Einwanderungsbehörde, dass Migrant_innen auf Güterzügen reisen können, wie sie es in der Vergangenheit auf ihrem Weg in die Vereinigten Staaten getan haben. Dies führt dazu, dass Migrant_innen nun neue geheime Routen nutzen, um in die Vereinigten Staaten zu gelangen, die oft von kriminellen Gruppen kontrolliert werden.