Nach Folter im Hungerstreik
Stop Folter
© @ Amnesty International
Am 17. September sind sieben Angehörige der ethnischen Gruppe der Sahraui im Gefängnis von Laayoune in der Westsahara mit Schlägen schwer misshandelt worden. Aus Protest gegen diese Misshandlung sind die Männer in den Hungerstreik getreten.
Appell an
LEITER DER GENERALDELEGATION FÜR VOLLZUGSVERWALTUNG UND WIEDEREINGLIEDERUNG
Mohamed Saleh Tamek
Angle avenue Arar et rue El-Jouz,
Hay El Riyad, Rabat, MAROKKO
(Anrede: Dear Sir / Sehr geehrter Herr Tamek
Fax: (00 212) 5 37 71 26 19
JUSTIZMINISTER
Mustafa Ramid, Ministry of Justice and Liberties
Place El Mamounia, Rabat, MAROKKO
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 212) 537 73 47 25
Sende eine Kopie an
LEITER DES STAATLICHEN MENSCHENRECHTSRATS
Driss El Yazami
Place Achouhada
10 001 Rabat, MAROKKO
Fax: (00 212) 5 37 72 68 56
E-Mail: elyazami@cndh.org.ma
BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS MAROKKO
S.E. Herrn Omar Zniber
Niederwallstraße 39, 10117 Berlin
Fax: 030-2061 2420
E-Mail: kontakt@botschaft-marokko.de
Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 31. Oktober 2014 keine Appelle mehr zu verschicken.
Amnesty fordert:
FAXE, E-MAILS ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN
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Stellen Sie bitte sicher, dass Mohamed Baber, Abdessalam Loumadi, Abdelmoutaleb Sarir, Mahmoud El Haissan, Aaliayne El Moussaoui, Abdelkrim Bouchalga und Abdelfattah Dallal menschenwürdig behandelt werden, vor weiterer Folter und anderweitiger Misshandlung geschützt sind und Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen erhalten.
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Sorgen Sie bitte zudem dafür, dass alle sieben Häftlinge unverzüglich Zugang zu jeglicher erforderlichen medizinischen Behandlung erhalten und dass sie wegen ihres Hungerstreiks nicht bestraft werden.
- Leiten Sie bitte sofort eine unabhängige und unparteiische Untersuchungen der Vorwürfe über Folter und andere Formen der Misshandlung ein, die rechtsmedizinische Gutachten beinhalten, und stellen Sie die Verantwortlichen vor Gericht.
PLEASE WRITE IMMEDIATELY
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Calling on the Moroccan authorities to ensure that Mohamed Baber, Abdessalam Loumadi, Abdelmoutaleb Sarir, Mahmoud El Haissan, Aaliayne El Moussaoui, Abdelkrim Bouchalga and Abdelfattah Dallal are treated humanely and protected from further torture and other ill-treatment and have access to their families and lawyers.
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Calling on them to ensure all seven detainees have immediate access to any medical care they may require and that no punitive measures are taken against them for going on hunger strike.
- Calling on them to order a prompt, independent and impartial investigation into reported torture and other ill-treatment, including forensic medical examinations, and bring those found responsible to justice.
Sachlage
Die sieben Sahrauis Mohamed Baber, Abdessalam Loumadi, Abdelmoutaleb Sarir, Mahmoud El Haissan, Aaliayne El Moussaoui, Abdelkrim Bouchalga und Abdelfattah Dallal befinden sich im Gefängnis von Laayoune. Dort sollen sie am 17. September 2014 von etwa 16:30 Uhr bis 23 Uhr durch Angehörige des Gefängnispersonals gefoltert und anderweitig misshandelt worden sein. Man soll den sieben Männer Handschellen angelegt und sie vor anderen Häftlingen im Gefängnishof geschlagen und beschimpft haben.
Augenzeug_innen gaben an, dass die Männer an den Handgelenken erhebliche Blutergüsse und Verletzungen von den Handschellen davongetragen haben. Aaliayne El Moussaouis linker Arm soll gebrochen sein und Mohamed Baber humpelt Berichten zufolge aufgrund einer Beinverletzung. Als die Schwester von Abdelmoutaleb Sarir am 18. September um 10 Uhr morgens zu ihrem wöchentlichen Besuch im Gefängnis erschien, ließ die Gefängnisverwaltung sie nicht zu ihrem Bruder vor. Rechtsbeiständen war es möglich, Abdelmoutaleb Sarir sowie Abdessalam Loumadi, Mahmoud El Haissan, Aaliayne El Moussaoui und Abdelkrim Bouchalga am selben Nachmittag zu besuchen. Die Männer gaben an, dass alle sieben von ihnen aus Protest gegen ihre Misshandlung in den Hungerstreik treten würden.
Sechs der sieben Häftlinge hatten bereits nach ihrer Festnahme Anfang 2014 von Folter und Misshandlungen in Gewahrsam berichtet. Obwohl sie wegen ihrer Behandlung wiederholt Beschwerde bei den Justizbehörden eingelegt haben, sind bisher weder Ermittlungen zu ihren Vorwürfen noch rechtsmedizinische Gutachten angeordnet worden. Vier der Männer wurden auf Grundlage von "Geständnissen", die ihren Angaben zufolge erzwungen worden waren, zu Haftstrafen verurteilt.
Hintergrundinformation
Alle sieben Häftlinge wurden im Laufe des Jahres 2014 in Zusammenhang mit Protestaktionen in Laayoune in der Westsahara festgenommen.
Abdessalam Loumadi, Abdelmoutaleb Sarir, Aaliayne El Moussaoui und Mohamed Baber wurden jeweils am 21. Januar, 19. Februar, 17. März und 13. Mai wegen mutmaßlicher Beteiligung an Protesten in Laayoune im Januar 2014 festgenommen. Sie berichteten von Folter und anderweitiger Misshandlung in Polizeigewahrsam sowie dass man sie gezwungen habe, "Geständnisse" zu unterschreiben, die sie zuvor nicht lesen durften.
Die Männer wiesen die gegen sie erhobenen Anklagen zurück. Trotz des wiederholten Einlegens von Beschwerden bei den Justizbehörden ist nicht bekannt, dass Untersuchungen zu den Vorwürfen oder das Erstellen rechtsmedizinischer Gutachten angeordnet worden sind. Die erzwungenen Geständnisse wurden in den Verfahren der Männer als Beweismittel akzeptiert und als Grundlage für ihre Verurteilungen genutzt.
Am 7. Mai 2014 verurteilte das Berufungsgericht von Laayoune Abdessalam Loumadi wegen "Gründung einer kriminellen Bande", "Brandstiftung", "Blockierung einer öffentlichen Straße", "Beschädigung öffentlichen Eigentums", "Beleidigung und Angriffe gegen Sicherheitsbeamt_innen", "bewaffneter Versammlung" und "Waffenbesitzes in der Absicht, die Sicherheit von Menschen und Objekten zu gefährden". Sein Urteil wurde in Rechtsmittelverfahren bestätigt. Am 10. September 2014 verurteilte dasselbe Gericht Abdelmoutaleb Sarir, Aaliayne El Moussaoui und Mohamed Baber in erster Instanz wegen ähnlicher Anklagen. Es wurde bisher kein Termin für ihre Rechtsmittelverfahren festgelegt.
Abdelfattah Dallal wurde am 30. Juli 2014 ebenfalls in Verbindung mit den Protesten vom Januar 2014 in Guelmim im Süden Marokkos festgenommen. Die Behörden untersuchen derzeit seine mutmaßliche Beteiligung an einem Brandstiftungsdelikt. Für die Dauer der Ermittlungen befindet er sich in Untersuchungshaft.
Mahmoud El Haissan arbeitet im Bereich Medien und ist als Korrespondent für den mit der Polisario-Front verbundenen Sender RASD-TV in Laayoune tätig. Er und Abdelkrim Bouchalga wurden am 4. Juli in Verbindung mit einer Demonstration, die am selben Abend stattgefunden hatte, in Laayoune festgenommen. Beide Männer gaben an, in Polizeigewahrsam gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein. Zudem habe man sie zum Unterschreiben von "Geständnissen" gezwungen, die sie zuvor nicht einmal lesen durften. Beide wurden wegen "Blockierung einer öffentlichen Straße", "Beleidigung und Angriff gegen Sicherheitsbeamt_innen", "bewaffneter Versammlung" und "Beschädigung öffentlichen Eigentums" angeklagt und befinden sich derzeit in Untersuchungshaft. Die Ermittlungen gegen sie sind noch nicht abgeschlossen, und bisher wurde noch kein Termin für ihre nächste Anhörung festgelegt.
Sahrauische Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen wurden in den vergangenen Jahren in ihrer Arbeit eingeschränkt, u. a. durch Schikanierung, Überwachung durch Sicherheitskräfte, Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit und manchmal sogar Strafverfolgung wegen mutmaßlicher Gefährdung der "inneren und äußeren Sicherheit" Marokkos. Zudem ist es ihnen nicht möglich, ihre Organisationen offiziell registrieren zu lassen, was auf offenbar politisch motivierte Verwaltungshindernisse zurückzuführen ist.
Häufig werden Sahrauis infolge von Demonstrationen für die Selbstbestimmung der Bevölkerung der Westsahara festgenommen, und viele von ihnen sollen beim Verhör durch die marokkanischen Sicherheitskräfte gefoltert oder anderweitig misshandelt worden sein. Diese Vorwürfe sind bisher jedoch nicht ordentlich untersucht worden. Die marokkanischen Behörden beschuldigen sahrauische Aktivist_innen oftmals, mit der Polisario-Front zusammenzuarbeiten, die eine selbsternannte Exilregierung in den Flüchtlingslagern in der algerischen Stadt Tindouf unterhält.
Amnesty International fordert bereits seit einigen Jahren ein UN-Menschenrechtsüberwachungsgremium mit dem Mandat, Lager in der Westsahara und in Tindouf zu überprüfen, so dass unabhängig und unparteiisch über die dortige aktuelle Menschenrechtslage berichtet werden kann und Vorwürfe von Folter und anderer Misshandlung geprüft werden können. Ein solches Gremium wäre ein wichtiger Schritt zur Aufzeichnung von Menschenrechtsverletzungen, die ansonsten verborgen blieben, und würde gleichzeitig unbegründete Anschuldigungen in anderen Fällen verhindern.