Drohende Abschiebung

Die Usbeken Umid Khamroev, Kosim Dadakhanov, Shodilbek Soibzhonov und Utkir Akramov sind in der Ukraine inhaftiert. Ihnen droht die Abschiebung nach Usbekistan, wo sie in Gefahr sind, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden.

Appell an

STAATSPRÄSIDENT
Viktor Yanukovych
Vul.Bankovaya 11
01220 Kyiv, UKRAINE
(korrekte Anrede: Dear President)
Fax: (00380) 44 255 61 61

GENERALSTAATSANWALT
Oleksandr Medvedko, Prosecutor General
Vul. Riznitska 13/ 15
01601 Kyiv, UKRAINE
(korrekte Anrede: Dear Prosecutor General)
Fax: (00 380) 44 280 2851

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER UKRAINE
I.E. Frau Nataliia Zarudna
Albrechtstraße 26
10117 Berlin
Fax: 030-2888 7163
E-Mail: ukremb@t-online.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Russisch, Ukrainisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. August 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich appelliere an Sie, Umid Khamroev, Kosim Dadakhanov, Shodilbek Soibzhonov und Utkir Akramov nicht nach Usbekistan abzuschieben, da ihnen dort mit großer Wahrscheinlichkeit Folter und andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

  • Ich möchte Sie daran erinnern, dass Sie als Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 verpflichtet sind, Flüchtlinge nicht an ein Land auszuliefern, wo ihnen Folter oder andere schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

  • Ich fordere Sie auf, Umid Khamroev, Kosim Dadakhanov, Shodilbek Soibzhonov und Utkir Akramov freizulassen, die Auslieferungsverfahren gegen sie zu stoppen und ihnen Zugang zu einem fairen Asylverfahren zu gewähren.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Ukrainian authorities not to forcibly return Umid Khamroev, Kosim Dadakhanov, Shodilbek Soibzhonov and Utkir Akramov to Uzbekistan, as they are likely to face torture and other serious human rights violations if extradited;

  • Reminding the authorities that as a state party to the 1951 Convention relating to the Status of Refugees Ukraine has an obligation not to return a refugee to any country where they would be at risk of torture or other serious human rights violations;

  • Urging the authorities to release Umid Khamroev, Kosim Dadakhanov, Shodilbek Soibzhonov and Utkir Akramov, to halt extradition proceedings against them, and provide them with access to a fair asylum procedure.

Sachlage

Ukrainische Polizeibeamt_innen inhaftierten Umid Khamroev am 15. Juni 2010, Kosim Dadakhanov am 29. Juni, Shodilbek Soibzhonov am 6. Juli und Utkir Akramov am 8. Juli. Die Männer wurden inhaftiert, weil sie in Usbekistan wegen Anklagen der Mitgliedschaft in illegalen religiösen oder extremistischen Organisationen oder der Verbreitung von Materialien, die die öffentliche Sicherheit gefährden oder dem Versuch, die verfassungsmäßige Ordnung zu stören oder wegen aller vier Vorwürfe gesucht werden. Die vier Männer sind gläubige Muslime, die in offiziell nicht zugelassenen Moscheen beten. Sie selbst oder ihre nahen Verwandten haben bereits Menschenrechtsverletzungen in Usbekistan erlitten. Alle vier Männer haben in der Ukraine Asyl beantragt, doch die Anträge wurden abgelehnt. Daraufhin haben sie Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt, ihnen den Flüchtlingsstatus zu verweigern. Es könnte jedoch sein, dass sie nach Usbekistan abgeschoben werden, ehe die Rechtsmittel vor Gericht gehört werden. Damit würde die Ukraine gegen ihre internationalen menschenrechtlichen Verpflichtungen verstoßen.

Menschenrechtsorganisationen vor Ort haben berichtet, dass die Ehefrauen und Familienmitglieder der vier Männer von ukrainischen Beamt_innen bedroht und aufgefordert wurden, Informationen zu den Anklagen zu geben. Nach der Inhaftierung von Umid Khamroev in der Ukraine soll in Usbekistan einer seiner Familienangehörigen festgenommen worden sein.

Die usbekischen Behörden versuchen weiter, im Namen der nationalen Sicherheit und im Kampf gegen den Terrorismus die Auslieferung von Mitgliedern oder vermeintlichen Mitgliedern von in Usbekistan verbotenen islamischen Bewegungen oder islamischen Parteien aus Nachbarländern zu erwirken. Die meisten der nach Usbekistan ausgelieferten Personen werden ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten. Das erhöht das Risiko von Folter und Misshandlung. In einem kürzlich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verhandelten Fall entschied das Gericht, dass die Auslieferung an Usbekistan die Betroffenen einem ernsten Folterrisiko aussetzen würde.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Umid Khamroev (geboren 1976) beantragte 2009 Asyl in der Ukraine, der Antrag wurde jedoch abgelehnt. Er legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein, doch das Bezirksverwaltungsgericht in Kiew lehnte die Rechtsmittel am 10. Juni 2010 ab. Man inhaftierte ihn, ehe er beim Berufungsgericht in Kiew Rechtsmittel gegen den letzten Gerichtsentscheid einlegen konnte. Am 24. Juni wurde seine Haft um 40 Tage verlängert. Sein Anwalt hat beim Berufungsgericht für die Region Kiew Rechtsmittel gegen seine Inhaftierung eingelegt, doch die Entscheidung, ihn in Gewahrsam zu halten, wurde bestätigt.

Kosim Dadakhanov (geboren 1966) ging 1993 von Usbekistan nach Russland und erhielt 2000 die russische Staatsbürgerschaft. Er war kurzzeitig im russischen Tyumen, wo er lebte, inhaftiert, als man herausfand, dass Usbekistan einen Haftbefehl gegen ihn erlassen hatte. Nach Intervention des russischen Ombudsmanns für Menschenrechte wurde er freigelassen. Im September 2009 forderte man ihn auf, sich vor Gericht zu dem Vorwurf zu äußern, er habe Falschaussagen gemacht, als er die russische Staatsbürgerschaft erhielt. Er befürchtete, dass man ihm die russische Staatsbürgerschaft wieder aberkennen würde und zog deshalb im November 2009 mit seinen zwei Frauen und zehn Kindern in die Ukraine. Er und seine Familie beantragten bei ihrer Ankunft in der Ukraine den Flüchtlingsstatus. Die Einwanderungsbehörden lehnten seinen Antrag auf Flüchtlingsstatus ab, und derzeit sind seine Rechtsmittel vor dem Bezirksverwaltungsgericht in Kiew anhängig.

Ukrainische Polizist_innen nahmen ihn am 29. Juni mit der Begründung fest, er werde in Usbekistan aufgrund von Anklagen bezüglich der Herstellung und Verbreitung von Materialien gesucht, die eine Bedrohung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung darstellen. Außerdem stehe er wegen der Organisation einer kriminellen Vereinigung und des Verstoßes gegen die Feuerschutzbestimmungen unter Anklage.

Shodilbek Soibzhonov (geboren 1970) wurde am 2. Juli in Belaya Tserkov in der Region Kiew in der Ukraine inhaftiert, da er in Usbekistan aufgrund von Anklagen gesucht wird, zu einer religiösen, extremistischen, separatistischen oder anderen verbotenen Organisation zu gehören. Die Polizei behielt anfangs seinen Pass ein und ließ ihn frei, doch am 6. Juli wurde er erneut inhaftiert. Sein Anwalt befürchtet, dass er nach Usbekistan abgeschoben werden soll. Shodilbek Soibzhonov verließ Usbekistan 1998 und zog nach Russland, wo er die russische Staatsbürgerschaft erhielt. Da er fürchtete, aus Russland abgeschoben zu werden, flüchtete er im April 2010 in die Ukraine und beantragte Asyl. Sein Antrag wurde abgelehnt. Er hat vor dem Bezirksverwaltungsgericht in Kiew Rechtsmittel gegen die Entscheidung eingelegt, ihm keinen Flüchtlingsstatus zu gewähren.

Utkir Akramov (geboren 1985) wurde am 8. Juli inhaftiert. Man hält ihn in Boyarka in der Region Kiew in Polizeigewahrsam. Er kam im August 2009 aus Usbekistan in die Ukraine und beantragte am 14. Oktober den Flüchtlingsstatus. Am 4. November wurde sein Antrag als unbegründet abgelehnt. Seine Rechtsmittel gegen diese Entscheidung sind noch anhängig. Die Anklagen gegen ihn lauten, er habe versucht, die verfassungsmäßige Ordnung umzustürzen; eine kriminelle Vereinigung organisiert; eine religiöse, extremistische, separatistische oder andere verbotene Organisation gegründet bzw. sei Mitglied darin. Zudem steht erwegen Terrorismus unter Anklage.

Am 10. Juni 2010 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, dass im Fall Garayev gegen Aserbaidschan die Auslieferung von Shaig Garayev aus Aserbaidschan nach Usbekistan ein Verstoß gegen Artikel 3 (Folterverbot) der Europäischen Menschenrechtskonvention sei. Da Gericht stellte zudem fest: "Bei Tatverdächtigen in usbekischem Gewahrsam besteht ein ernstes Folterrisiko bzw. Risiko der unmenschlichen oder erniedrigendenden Behandlung, um "Geständnisse" zu erpressen und als Strafe für die Tatsache, ein Krimineller zu sein.

In einem anderen Auslieferungsfall von Russland nach Usbekistan, Abdulazhon Isakov gegen Russland, entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte am 8. Juli 2010, dass die Misshandlung von Gefangenen nach wie vor "ein häufiges und fortdauerndes Problem in Usbekistan" ist und dass angesichts der Tatsache, dass beide Männer, da sie politisch motivierter Taten angeklagt und Haftbefehle gegen sie ausgestellt waren, gleich nach Auslieferung in Gewahrsam kämen und "ernsthaft von Misshandlung" bedroht seien.