10 Jahre Haft wegen Graffiti

Aserbaidschan

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Der Aktivist Bayram Mammadov wurde am 8. Dezember zu zehn Jahren Haft verurteilt. Am 25. Oktober hatte Giyas Ibrahimov eine Freiheitsstrafe derselben Länge erhalten. Die Verurteilungen der beiden Aktivisten hängen mit einer gemeinsamen Graffiti-Aktion zusammen, erfolgten jedoch auf der Grundlage konstruierter Anklagen. Sie sind gewaltlose politische Gefangene.

Appell an

PRÄSIDENT
Ilham Aliyev
Office of the President of Azerbaijan
19 Istiqlaliyyat Street
Baku AZ1066, ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear President /
Sehr geehrter Herr Präsident)
Fax: (00 994) 1249 20625
E-Mail: office@pa.gov.az

GENERALSTAATSANWALT
Zakir Garalov
7 Rafibeyli Street, Baku AZ1001, ASERBAIDSCHAN
(Anrede: Dear Prosecutor General /
Sehr geehrter Herr Generalstaatsanwalt)
E-Mail: contact@prosecutor.gov.az

Sende eine Kopie an

HAFTEINRICHTUNG IN DER SIEDLUNG KURDAKHANY IN BAKU
Bakı şəhəri Kürdəxanı qəsəbəsi
Bakı İstintaq Təcridxanası
Sabuncu Rayon
AZ1059
ASERBAIDSCHAN

BOTSCHAFT DER REPUBLIK ASERBAIDSCHAN
S. E. Herrn Ramin Hasanov
Hubertusallee 43
14193 Berlin
Fax: 030-2191 6152
E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Englisch, Russisch, Aserbaidschanisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 19. Januar 2017 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

LUFTPOSTBRIEFE, E-MAILS UND FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Bitte lassen Sie Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov sofort frei, da sie gewaltlose politische Gefangene sind, die nur strafrechtlich verfolgt werden, weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit wahrgenommen haben.

  • Leiten Sie bitte sofort eine unabhängige, effektive und unparteiische Untersuchung der Vorwürfe ein, denen zufolge sie gefoltert und anderweitig misshandelt wurden, und ordnen Sie auch eine Untersuchung bezüglich der Vorwürfe über konstruierte Anklagen an.

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit in Aserbaidschan umfassend respektiert werden.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Calling on the authorities to release Bayram Mammadov and Giyas Ibrahimov immediately as they are prisoners of conscience prosecuted exercising their right to freedom of expression.

  • Calling on the authorities to carry out an immediate, effective and impartial investigation into the alleged torture and other ill-treatment of Bayram Mammadov and Giyas Ibrahimov and into the fabrication of charges against them.

  • Insisting on a full respect for and protection of the rights to freedom of expression, association and assembly in Azerbaijan.

Sachlage

Das Gericht für schwere Straftaten in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku hat den Aktivisten Bayram Mammadov am 8. Dezember zu zehn Jahren Haft verurteilt. Er wurde gemäß Paragraf 234 des aserbaidschanischen Strafgesetzbuchs schuldig gesprochen. Ihm wird vorgeworfen, Drogen besessen zu haben, um diese zu verkaufen. Straferschwerend wird ihm zur Last gelegt, als Teil einer Gruppe gehandelt zu haben. Am 25. Oktober war der Aktivist Giyas Ibrahimov auf Grundlage des selben Paragrafen schuldig gesprochen und zu einer Freiheitsstrafe derselben Dauer verurteilt worden. Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov sind gewaltlose politische Gefangene.

Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov wurden am 10. Mai 2016 festgenommen, nachdem die Behörden behauptet hatten, dass die Polizei etwa acht Gramm Heroin in ihrem Besitz gefunden hätte. Tags zuvor hatten die beiden Aktivisten politische Slogans auf ein Denkmal des ehemaligen Präsidenten Heydar Aliyev gesprüht.

Die gegen die beiden Männer erhobenen Vorwürfe sind konstruiert und haben zum Ziel, sie für ihren politischen Protest zu bestrafen. Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov haben angegeben, in der Haft gefoltert und anderweitig misshandelt worden zu sein. Unter anderem soll man sie geschlagen und ihnen mit Vergewaltigung gedroht haben, um sie so zu zwingen, sich öffentlich für ihre Aktion zu entschuldigen. Ihre Misshandlungsvorwürfe und die Verletzungen, die ihr Rechtsbeistand und weitere Personen bestätigen können, werden von den Behörden jedoch ignoriert.
Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov sind Mitglieder der prodemokratischen aserbaidschanischen Jugendbewegung NIDA. Bayram Mammadov ist seit Februar 2016 Mitglied der Bewegung. Giyas Ibrahimov ist NIDA im Mai 2016 nach seiner Festnahme beigetreten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 10. Mai nahm die Polizei die beiden Aktivisten Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov in Baku wegen Drogendelikten fest. Die Behörden geben an, dass die Polizei etwa acht Gramm Heroin im Besitz der beiden Aktivisten gefunden hätte. Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov haben ihrem Rechtsbeistand gegenüber angegeben, dass ihnen die Drogen von der Polizei untergeschoben worden seien. Am 12. Mai ordnete der Richter des Bezirksgerichts Khatai in Baku an, dass sie in Untersuchungshaft genommen werden.

Die Festnahme erfolgte einen Tag, nachdem Bayram Mammadov ein Foto bei Facebook gepostet hatte, das ein Graffiti zeigt, welches er und Giyas Ibrahimov am 9. Mai auf die Statue von Heydar Aliyev gesprüht hatten. Heydar Aliyev ist der ehemalige Präsident Aserbaidschans und der Vater des derzeitigen Präsidenten Ilham Aliyev. In Aserbaidschan wird am 10. Mai der nationale Blumentag gefeiert – zu Ehren des Geburtstags von Heydar Aliyev. Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov hatten "Alles Gute zum Sklaventag" auf die Statue gesprüht, ein Wortspiel, da im Aserbaidschanischen das Wort für "Blume" dem für "Sklave" sehr ähnlich ist. Auf der anderen Seite des Denkmals bedienten sich die Aktivisten obszöner Sprache, um ihren politischen Protest zum Ausdruck zu bringen.

Bei der Befragung von Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov ging es der Polizei nur um das Graffiti, nicht um die Drogen. Die Polizist_innen verlangten wiederholt von den Aktivisten, sich öffentlich für die Beleidigung von Heydar Aliyev zu entschuldigen. Als sie sich weigerten, schlugen die Polizist_innen auf die Männer ein. Die Aktivisten wurden außerdem gezwungen, die Toiletten der Polizeiwache zu reinigen. Dabei filmten Polizist_innen sie, um sie zu erniedrigen. Der Anwalt der beiden erklärte gegenüber Amnesty International, dass er bei einem Besuch am 12. Mai die Blutergüsse gesehen habe, die von den Schlägen verursacht worden waren. Bayram Mammadov und Giyas Ibrahimov sind bislang weder von unabhängigen Mediziner_innen untersucht worden noch durften sie Familienmitglieder kontaktieren. Ihr Anwalt hat bei der Generalstaatsanwaltschaft Anzeige wegen der Misshandlung seiner Mandanten erstattet.

Der Anwalt sagte zudem gegenüber Amnesty International, dass die Zeug_innen, die über den Drogenfund aussagten, nicht unabhängig seien, da sie für die aserbaidschanische Polizei arbeiten. Amnesty International hat bereits ähnliche Fälle dokumentiert, in denen die aserbaidschanischen Behörden konstruierte Beweise gegen Aktivist_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen vorgebracht haben.

Amnesty International betrachtet seit Langem mit Sorge, dass die aserbaidschanischen Behörden ihre internationale Verpflichtung zum Schutz der Versammlungs-, Vereinigungs- und Meinungsfreiheit nicht wahrnehmen. Menschen, die abweichende Meinungen vertreten, werden häufig von den Behörden oder mit ihnen verbundenen Gruppen wegen konstruierter Anklagen strafrechtlich verfolgt, tätlich angegriffen, drangsaliert, erpresst oder anderen Repressalien ausgesetzt. Die Sicherheitskräfte setzen zudem regelmäßig Folter und andere Misshandlungen gegen inhaftierte Aktivist_innen ein und müssen keine strafrechtlichen Maßnahmen fürchten.

Im März 2016 sind in Aserbaidschan einige gewaltlose politische Gefangene aus der Haft entlassen worden, darunter der Menschenrechtsanwalt Intigam Aliyev, der Menschenrechtsverteidiger Rasul Jafarov und der Leiter der lokalen Wahlbeobachtungsstelle Anar Mammadli. Nach wie vor befinden sich jedoch zahlreiche gewaltlose politische Gefangene in Haft, und die fortgesetzten Repressalien machen die Menschenrechtsarbeit nahezu unmöglich. Gegen die meisten bekannten NGOs, die sich für die Menschenrechte und gegen Korruption engagieren und Wahlbeobachtung betreiben, laufen strafrechtliche Verfahren, oder ihre Konten wurden eingefroren bzw. ihre Registrierung zurückgezogen.

Die unabhängige Beobachtung der Menschenrechtslage in Aserbaidschan wird immer schwieriger. Mehrere internationale Menschenrechtsorganisationen und internationale Medien durften 2015 nicht in das Land einreisen. Einer Delegation von Amnesty International wurde am 7. Oktober 2015 die Einreise verweigert und sie musste über den Internationalen Flughafen Heydar Aliyev wieder ausreisen.