Oppositionelle verschwunden

Maher Tahan, Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash (von links)

Maher Tahan, Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash (von links)

Vor knapp sechs Monaten wurden drei syrische Oppositionelle in Damaskus festgenommen. Es besteht die Befürchtung, dass sie seitdem unter Bedingungen festgehalten werden, die dem Verschwindenlassen gleichkommen.

Appell an

STAATSPRÄSIDENT
Bashar al-Assad
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 332 3410 (Bitte sagen Sie "Fax") (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

VERTEIDIGUNGSMINISTER
'Imad al-Fraij
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 223 7842 oder
(00 963) 11 666 2460 (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

AUSSENMINISTER
Walid al-Mu’allim
(Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 963) 11 214 6253 (Briefe werden derzeit nicht zugestellt. Bitte nur Faxe schicken!)

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER ARABISCHEN REPUBLIK SYRIEN
Frau Abir Jarf
Geschäftsträgerin a. i., Gesandte - Botschaftsrätin
Rauchstr. 25, 10787 Berlin
Fax: 030-5017 7311
E-Mail: info@syrianembassy.de
press@syrianembassy.de
secretary@syrianembassy.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch, Französisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 23. April 2013 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

FAXE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Es bereitet mir Sorge, dass die syrischen Behörden die Inhaftierung von Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash und Maher Tahan bestreiten, obwohl Informationen darauf hinweisen, dass sich die Männer in Gewahrsam der AFI befinden. In diesem Fall sind sie Opfer des Verschwindenlassens und ihre Leben sind in großer Gefahr.

  • Ich bitte Sie eindringlich, die Familien von Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash und Maher Tahan über deren Schicksal und Aufenthaltsort zu informieren. Sollten die Männer lediglich aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit inhaftiert sein, sind sie umgehend bedingungslos freizulassen.

  • Sollten sich Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash und Maher Tahan in behördlichem Gewahrsam befinden, fordere ich sie auf, sie vor Folter und sonstiger Misshandlung zu schützen. Gewähren Sie ihnen unverzüglich Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen ihrer Wahl sowie zu jeglicher benötigter medizinischer Versorgung.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing deep concern that the Syrian authorities have denied detaining Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash and Maher Tahan despite information indicating that they are being held by AFI, in which case they are victims of enforced disappearance and their lives are in grave danger.

  • Calling on the Syrian authorities to urgently inform the families of Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash and Maher Tahan of their fate and whereabouts. If they are held solely on account of their peaceful exercise of their rights to freedom of expression, association and assembly, they should be released immediately and unconditionally.

  • If the three men are detained, urging the authorities to ensure that they are protected from torture and other ill-treatment, granted immediate contact with their families and lawyers of their choice, and are granted access to all necessary medical care.

Sachlage

Am 20. September 2012 wurde der Leiter der außenpolitischen Abteilung des Nationalen Koordinationskomitees für Demokratischen Wandel (NCB), Abd al-Aziz al-Khayyir, zusammen mit Iyad Ayash und Maher Tahan nach der Rückkehr von einem Besuch in China am Flughafen von Damaskus an einem Kontrollpunkt des Geheimdienstes der syrischen Luftwaffe (AFI) festgenommen. Abd al-Aziz al-Khayyir hatte bereits zuvor lange Zeit als gewaltloser politischer Gefangener in Haft verbracht. Das NCB, dem alle drei Männer angehören, ist ein weitgehend säkularer Zusammenschluss von politischen Gruppen und AktivistInnen, einschließlich linksgerichteter und arabisch-nationalistischer Gruppierungen, die sich für einen friedlichen Machtwechsel einsetzen.

Die drei Männer saßen in einem der beiden Wagen, mit denen einige mit dem NCB in Verbindung stehende Personen den Flughafen verließen. Der erste Wagen konnte den Kontrollpunkt des AFI passieren, die Insassen des zweiten Wagens wurden jedoch weggeführt. Örtliche Quellen geben an, dass die drei Männer in die Hafteinrichtung des AFI in al-Mezzeh in Damaskus gebracht wurden. Vor drei Wochen soll man sie an einen unbekannten Ort verlegt haben. Am 22. September 2012 meldete die staatliche Nachrichtenagentur des Informationsministeriums, Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash und Maher Tahan seien von "Mitgliedern einer terroristischen Gruppe" entführt worden. Die syrischen Behörden bestreiten nach wie vor, dass sich die Männer in ihrem Gewahrsam befinden. Somit werden sie unter Bedingungen festgehalten, die dem Verschwindenlassen gleichkommen, und es besteht die Gefahr, dass sie gefoltert oder in anderer Weise misshandelt werden oder sonstigen Menschenrechtsverletzungen zum Opfer fallen. Abd al-Aziz al-Khayyir, Iyad Ayash und Maher Tahan sollten ursprünglich am 23. September an einer außerordentlichen Konferenz in Damaskus teilnehmen, auf der ein Ende der bewaffneten Auseinandersetzung und ein friedlicher Übergang "zu einem pluralistischen demokratischen System" gefordert wurden. Ein Sprecher des NCB verurteilte am 21. September 2012 in einer Stellungnahme die Festnahme der drei Männer und erklärte, sowohl die chinesische als auch die russische Regierung hätten zugesagt, die Konferenz zu schützen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Abd al-Aziz al-Khayyir war zwischen 1992 und 2005 als gewaltloser politischer Gefangener inhaftiert. Man hielt ihn damals lediglich aufgrund seiner friedlichen Arbeit als Mitglied der Kommunistischen Aktionspartei (auch bekannt als Kommunistische Arbeitspartei) in Haft.

Folter und sonstige Misshandlungen sind in syrischen Hafteinrichtungen und Gefängnissen weit verbreitet. Amnesty International liegen die Namen von mehr als 980 Personen vor, die seit Ausbruch der Unruhen im März 2011 in Haft gestorben sind. Weitere Informationen finden Sie in den englischsprachigen Berichten Deadly Detentions: Deaths in custody amid popular protest in Syria, Index: MDE 24/035/2011 vom 31. August 2011 und I wanted to die’: Syria’s torture survivors speak out, Index: MDE 24/016/2012, 14. März 2012 unter http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/016/2012/en.

Seit Ausbruch der Proteste im Februar 2011 sind tausende mutmaßliche GegnerInnen der syrischen Regierung festgenommen und viele, vermutlich sogar die Mehrzahl, gefoltert und anderweitig misshandelt worden.

Die Situation hat sich inzwischen fast im gesamten Land zu einem internen bewaffneten Konflikt zwischen den Sicherheitskräften und den bewaffneten Oppositionsgruppen entwickelt, die die Regierung stürzen wollen. Systematische und weit verbreitete Menschenrechtsverletzungen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen sind mittlerweile in Syrien an der Tagesordnung, und die Zivilbevölkerung leidet am meisten darunter. Amnesty International hat zahlreiche solcher Fälle dokumentiert. Lesen Sie dazu auch den Artikel: Syrien: wahllose Attacken terrorisieren die Zivilbevölkerung, online unter http://www.amnesty.de/2012/9/19/syrien-wahllose-attacken-terrorisieren-die-zivilbevoelkerung oder den englischsprachigen Bericht Syria: Indiscriminate attacks terrorize and displace civilians, online unter: http://www.amnesty.org/en/library/info/MDE24/078/2012/en.

Auch andere Organisationen haben Menschenrechtsverletzungen in Syrien recherchiert und dokumentiert, so beispielsweise die Unabhängige Internationale Untersuchungskommission der UN zur Situation in der Arabischen Republik Syrien. Amnesty International fordert alle am Konflikt beteiligten Parteien dazu auf, sich an das humanitäre Völkerrecht zu halten und Zivilpersonen zu schützen.

Die Mehrzahl der von Amnesty International dokumentierten Menschenrechtsverletzungen wurde von den Streitkräften und Milizen der als Shabiha bekannten regierungstreuen Gruppierungen begangen. Doch auch bewaffnete Oppositionskräfte haben sich Menschenrechtsverstößen schuldig gemacht. Darunter die Folterung und Tötung gefangengenommener Angehöriger der Armee und der Shabiha sowie auch die Entführung und Tötung tatsächlicher und vermeintlicher RegierungsanhängerInnen und -unterstützerInnen. Außerdem versuchten sie durch die Geiselnahme von Zivilpersonen Gefangenenaustausche herbeizuführen. Amnesty International verurteilt diese Menschenrechtsverstöße scharf und hat die Führungsebene sämtlicher in Syrien operierender bewaffneter Oppositionsgruppen dazu aufgerufen, derartige Handlungen in einer öffentlichen Bekanntmachung zu verbieten und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, damit oppositionelle Gruppen keine Menschenrechtsverstöße mehr begehen. Lesen Sie hierzu: Syria: Summary killings and other abuses by armed opposition groups (MDE 24/008/2013) vom 14. März 2013 unter http://www.amnesty.org/en/library/asset/MDE24/008/2013/en/8d527c4e-2aff-4311-bad8-d63dbc97c96a/mde240082013en.html.

Amnesty International ruft vor diesem Hintergrund weiterhin dazu auf, die Situation in Syrien der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs zu unterbreiten; ein internationales Waffenembargo gegen das Land zu verhängen, um so zu verhindern, dass Waffen an die syrische Regierung geliefert werden; und die Vermögenswerte von Präsident al-Assad und seinen engsten Vertrauten einzufrieren. An Staaten, die Waffenlieferungen an die bewaffnete syrische Opposition erwägen, richtet Amnesty International den eindringlichen Appell, mit geeigneten Mechanismen sicherzustellen, dass mit den gelieferten Waffen keine Menschenrechtsverletzungen und/oder Kriegsverbrechen begangen werden. Amnesty International fordert darüber hinaus die syrische Regierung auf, dem internationalen unabhängigen Untersuchungsausschuss sowie internationalen Menschenrechtsorganisationen und humanitären Organisationen ungehinderten Zugang zu allen Teilen des Landes zu gewähren.

Besuchen Sie die interaktive Karte "Eyes on Syria" auf der internationalen Webseite: www.eyesonsyria.org. Dort sind Orte eingezeichnet, an denen Berichten zufolge Menschenrechtsverletzungen begangen worden sind. Zudem finden Sie dort Informationen über die weltweiten Aktionen von Amnesty International für Gerechtigkeit in Syrien.