Paraguay: Veto gegen Gesetz #LEYGARROTE jetzt!
Protestaktion von Amnesty International in Paraguay gegen die Einschränkung der Zivilgesellschaft (Ausschnitt aus einem im Oktober 2024 veröffentlichten Instagram-Video)
© Amnesty International
Nachdem beide Kammern des Parlaments das sogenannte #LeyGarrote, ein Gesetz, das die Arbeit für die Menschenrechte in Paraguay gefährdet, gebilligt haben, liegt es seit dem 22. Oktober dem Staatspräsidenten vor. Dieser hat nun zwölf Tage Zeit, es entweder zu unterzeichnen oder sein Veto einzulegen. Der Gesetzentwurf enthält zu weit gefasste und unklare Formulierungen, die die Kontrolle über die Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen verstärken und zu willkürlichen Einschränkungen führen würde. Der Staatspräsident muss sein Veto gegen dieses Gesetz einlegen, um das Recht auf Vereinigungsfreiheit zu schützen und die Menschenrechte im Land zu verteidigen.
Bitte setzt euch gegen ein Gesetz in Paraguay ein, das die Menschenrechte gefährdet.
Appell an
Mr Santiago Peña
President of Paraguay
c/o. Botschaft der Republik Paraguay
Hardenbergstraße 12
10623 Berlin
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Paraguay
S.E. Herrn Ramón Fernando Acosta Diaz
Hardenbergstraße 12
10623 Berlin
Fax: 030-31 99 86 17
E-Mail: embapar@embapar.de
Amnesty fordert:
- Ich bitte Sie eindringlich, unverzüglich Ihr Veto gegen dieses Gesetz einzulegen und ein Umfeld zu schaffen, das allen Paraguayer*innen die Wahrnehmung ihrer Menschenrechte ermöglicht.
Sachlage
Der inzwischen von beiden Kammern des Parlaments (Congreso Nacional de la República del Paraguay) gebilligte Gesetzentwurf "zur Einführung von Kontrolle, Transparenz und Rechenschaftspflicht für gemeinnützige Organisationen" liegt nun dem Staatspräsidenten zur Unterzeichnung vor. Er hat für seine Entscheidung zwölf Tage Zeit. Nach all den Fortschritten im Bereich der Menschenrechte, der Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen und sozialen Bewegungen könnte die Regierung Paraguays nun mit einem gravierenden Rückschritt in Verbindung gebracht werden, wenn dieses Gesetz in Kraft tritt.
Nach den internationalen Menschenrechtsabkommen, denen Paraguay beigetreten ist, sind alle staatlichen Stellen gesetzlich verpflichtet, das Recht auf Vereinigungsfreiheit, das auch in der paraguayischen Verfassung verankert ist, zu wahren und zu gewährleisten. Dieses Recht umfasst unter anderem die Möglichkeit, Vereinigungen zu gründen, die satzungsgemäßen Tätigkeiten einer Organisation auszuüben, menschliche, materielle und finanzielle Ressourcen zu suchen, zu erhalten und zu nutzen. Der Staat muss ein günstiges Umfeld für die freie und wirksame Ausübung dieses Rechts schaffen.
Der nun gebilligte Gesetzentwurf enthält unklare Bestimmungen, die zu willkürlichen Einschränkungen der Arbeit von zivilgesellschaftlichen Organisationen führen könnten. Die ungerechtfertigte Verschärfung der Kontrolle ihrer Tätigkeit und die Verhängung von Sanktionen, einschließlich der dauerhaften Einstellung ihrer Aktivitäten, ohne ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren, stünden im eindeutigen Widerspruch zu der Verpflichtung, das Recht auf die Verteidigung der Menschenrechte zu achten.
Hintergrundinformation
Ohne eine ausreichende öffentliche Konsultation und ohne Beachtung der internationalen und nationalen Kritik von Menschenrechtsverteidiger*innen und -organisationen verabschiedete der paraguayische Kongress am 9. Oktober 2024 das Gesetz "zur Einführung der Kontrolle, Transparenz und Rechenschaftspflicht von gemeinnützigen Organisationen". Am 22. Oktober wurde es an den Staatspräsidenten weitergeleitet, der das Gesetz unterzeichnen oder sein Veto einlegen kann. Im Falle einer Verabschiedung würde Paraguay sehr restriktive Bedingungen für zivilgesellschaftliche Organisationen einführen.
Der vom Kongress verabschiedete Gesetzestext steht in vielerlei Hinsicht im Widerspruch zu den internationalen Menschenrechtsabkommen, denen Paraguay beigetreten ist, darunter der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte und die Amerikanische Menschenrechtskonvention, die die Rechte auf Vereinigungsfreiheit, freie Meinungsäußerung, Privatsphäre und Teilnahme an öffentlichen Angelegenheiten garantieren.
Einer der Hauptkritikpunkte an dem nun angenommenen Gesetzestext ist der Mangel an Präzision und Klarheit hinsichtlich des Anwendungsbereichs und der Umsetzung. Er behandelt verschiedene Organisationen völlig unterschiedslos, unabhängig davon, ob sie öffentliche oder private Mittel erhalten. Alle sind den gleichen Registrierungs- und staatlichen Kontrollanforderungen unterworfen. Darüber hinaus gibt es keine Begründung für die Notwendigkeit der Einführung neuer Beschränkungen. Mit dem Gesetzentwurf wird der bestehende umfassende nationale Rechtsrahmen ignoriert, der es dem paraguayischen Staat bereits jetzt ermöglicht, die für die Tätigkeit gemeinnütziger Organisationen erforderliche Transparenz und Rechenschaftspflicht zu gewährleisten.
Der weite Geltungsbereich und die Unbestimmtheit der im Gesetz enthaltenen Bestimmungen, einschließlich detaillierter Berichtspflichten über den Einsatz und Verwendungszweck der erhaltenen Mittel, bedrohen auch die Unabhängigkeit, die die Organisationen der Zivilgesellschaft für ihre Tätigkeit benötigen. Zudem gefährden diese Bestimmungen die Privatsphäre und die Sicherheit der Mitglieder von Organisationen und der Menschen, deren Rechte sie zu verteidigen suchen.
Schließlich sieht der Gesetzestext nicht nur für juristische Personen, sondern auch für natürliche Personen, die mit der Leitung und Verwaltung der Organisationen betraut sind, Sanktionen für die Nichteinhaltung der Vorschriften vor, ohne eindeutig festzulegen, in welchen Fällen die einzelnen Sanktionen angewandt werden sollen. Die Verhängung dieser Sanktionen ohne die notwendige Klarheit und ein ordnungsgemäßes Verfahren verstößt gegen den Grundsatz der Rechtmäßigkeit und die Rechte auf Vereinigungs- und Meinungsfreiheit. Diese dürfen unter keinen Umständen unverhältnismäßigen oder so schwerwiegenden Beschränkungen unterworfen werden, dass sie in Frage gestellt werden.
Der Gesetzestext stellt eine ernsthafte Bedrohung für den Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft in Paraguay dar. Seine praktische Umsetzung hätte eine abschreckende Wirkung und würde die Menschen daran hindern, ihre Menschenrechte wahrzunehmen – einschließlich der Rechte auf Vereinigungs- und Meinungsfreiheit.