Menschenrechtler zu Haft verurteilt

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Der aserbaidschanische Menschenrechtsverteidiger Elchin Mammad wurde am 14. Oktober zu vier Jahren Haft verurteilt. Am 30. März war er unter konstruierten Vorwürfen festgenommen worden und befindet sich seitdem in Haft. Er hat gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt. Elchin Mammad ist ein gewaltloser politischer Gefangener und muss umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Ilham Aliyev

President of Azerbaijan

19 Istiqlaliyyat Street

Baku AZ1066


ASERBAIDSCHAN

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Aserbaidschan

S.E. Herrn Ramin Hasanov

Hubertusallee 43

14193 Berlin

Fax: 030-219 161 52


E-Mail: berlin@mission.mfa.gov.az

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Elchin Mammad umgehend und bedingungslos freigelassen wird und die unbegründeten Anklagen gegen ihn fallengelassen werden.
  • Sorgen Sie bitte auch dafür, dass das Justzisystem nicht mehr zur strafrechtlichen Verfolgung von Regierungskritiker_innen und Menschenrechtsverteidiger_innen missbraucht wird.

Sachlage

Am 14. Oktober verurteilte das Stadtgericht von Sumgait Elchin Mammad zu vier Jahren Haft. Ihm werden konstruierte Vorwürfe im Zusammenhang mit "Diebstahl" und "illegalem Waffenbesitz" (Paragraf 177.2.4 und 228.1 des Strafgesetzbuchs) zur Last gelegt. Am 3. November legte der Menschenrechtsanwalt und Reporter Rechtsmittel gegen das Urteil ein. Bis jetzt hat das Gericht noch kein Datum für seine Berufungsanhörung bekanntgegeben.

Die Polizei nahm Elchin Mammad am 30. März – einige Tage nachdem er im Internet einen kritischen Bericht über die Menschenrechtssituation in Aserbaidschan veröffentlicht hatte – in seinem Haus in der Stadt Sumgait fest. Die Polizist_innen erklärten, dass man in seinem Büro gestohlenen Schmuck gefunden habe und brachten ihn zur Polizeiwache in Sumgait. Während Elchin Mammad sich in Untersuchungshaft befand, erhob die Staatsanwaltschaft neue Vorwürfe wegen "illegalen Waffenbesitzes" gegen ihn.

Nach Angaben seines Rechtsbeistands geht Elchin Mammad davon aus, dass die Polizei den Schmuck und die Waffen in seinem Büro deponierte, als sie es in seiner Abwesenheit durchsuchte. Am 31. März ordnete das Gericht in Sumgait drei Monate Untersuchungshaft für Elchin Mammad an, da er Tatverdächtiger eines Verbrechens sei. Die Untersuchungshaft wurde bereits mehrmals verlängert.

Seit Jahren schikanieren die Behörden Elchin Mammad aufgrund seiner menschenrechtlichen Tätigkeit. 2015 wurde gegen seine Organisation ermittelt, er kam kurzeitig willkürlich in Haft, ihm wurden Reisebeschränkungen auferlegt und die Polizei lud ihn wiederholt zur Vernehmung vor. Die jetzige strafrechtliche Verfolgung wurde wieder mithilfe konstruierter Vorwürfe eingeleitet und ist ein weiteres Beispiel für das anhaltend scharfe Vorgehen der aserbaidschanischen Behörden gegen jedwede abweichende Meinung.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Elchin Mammad ist der Vorsitzende einer NGO, die Familien mit geringem Einkommen und gemeinnützige Organisationen kostenlos rechtlich berät (Social Union of Legal Education of Sumgait Youth). Er ist zudem Chefredakteur der Tageszeitung Yukselish Namine, die über verschiedene Menschenrechtsthemen im Land berichtet.

2015 wurde der Menschenrechtsverteidiger zwölf Stunden lang festgehalten und danach ohne Anklageerhebung freigelassen. Zuvor hatte er an einer Sitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) teilgenommen.

2014 eröffneten die Behörden Strafverfahren gegen mehrere NGOs, darunter auch Social Union of Legal Education of Sumgait Youth. 2013 startete die aserbaidschanische Regierung eine groß angelegte Festnahmewelle gegen die Zivilbevölkerung. Dabei wurden bekannte Regierungskritiker_innen, darunter Menschenrechtsverteidiger_innen und politische Aktivist_innen aufgrund konstruierter Anklagen, meist wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten, festgenommen. Fadenscheinige Anklagen aufgrund wirtschaftlicher Straftaten und "Amtsmissbrauch" werden in Aserbaidschan häufig benutzt, um führende Mitglieder unabhängiger NGOs sowie andere Regierungskritiker_innen zu inhaftieren. Amnesty International hat in den vergangenen Jahren die willkürliche Anwendung des Strafgesetzes gegen bekannte Kritiker_innen, darunter Menschenrechtsverteidiger_innen, Journalist_innen und Rechtsanwält_innen, dokumentiert. Seit Kurzem gehen die Behörden noch härter gegen Kritiker_innen vor und schieben dabei die COVID-19-Pandemie als Rechtfertigung vor.