Kuba: Demonstrierende freilassen!

Das Bild zeigt zwei Polizisten in schwerer Ausrüstung, die einen Protestierenden abführen

Am 11. Juli fanden in Kuba landesweite Proteste gegen die Wirtschaftspolitik, den Mangel an Medikamenten und die fortdauernden Einschränkungen der Meinungsfreiheit statt. Möglicherweise befinden sich Hunderte Demonstrierende im Gefängnis. Viele von ihnen werden unter anderem wegen "öffentlicher Unruhe" angeklagt, um abweichende Meinungen im Land zu unterdrücken. Alle Menschen, die friedlich demonstriert haben, müssen umgehend und bedingungslos freigelassen werden.

Appell an

Präsident

Miguel Díaz-Canel

Presidente de la República de Cuba

Hidalgo, Esquina 6. Plaza de la Revolución


La Habana, CP 10400

KUBA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Kuba

S. E. Herrn Ramon Ignacio Ripoll Diaz

Stavanger Str. 20

10439 Berlin

Fax: 030-44 73 70 38


E-Mail: recepcion@botschaft-kuba.de 

 

Amnesty fordert:

  • Lassen Sie alle Personen, die aufgrund ihrer friedlichen Teilnahme an den Protesten des 11. Juli inhaftiert wurden, umgehend und bedingungslos frei.
  • Stellen Sie sicher, dass alle Familien umgehend über das Schicksal bzw. den Aufenthaltsort ihrer inhaftierten Angehörigen informiert werden. Stellen Sie zudem sicher, dass den inhaftierten Personen Kontakt zur Außenwelt gewährt wird, in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht, einschließlich der internationalen Konvention zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen.

Sachlage

Am 11. Juli fanden in Kuba landesweite friedliche Proteste gegen die Wirtschaftspolitik, den Mangel an Medikamenten, den Umgang mit Covid-19 und die massiven Einschränkungen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit statt. Infolge dieser Proteste wurden mutmaßlich Hunderte Demonstrant_innen festgenommen.

Laut Angaben der Nichtregierungsorganisationen Cubalex und Prison Defenders deutet vieles darauf hin, dass sich immer noch Hunderte Menschen infolge der Proteste in Haft befinden. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet zeigte sich besorgt über die hohe Anzahl an inhaftierten Personen und forderte die kubanischen Behörden auf, diejenigen freizulassen, die wegen der friedlichen Ausübung ihres Rechts auf Protest inhaftiert sind.

Seit dem 16. Juli haben Vertreter_innen von Amnesty International mit mehreren Familienangehörigen inhaftierter Demonstrant_innen gesprochen. Sie erzählten Amnesty, dass die Behörden sie nicht über den Aufenthaltsort ihrer inhaftierten Angehörigen informiert haben. In einem Fall informierte man die Familienangehörigen erst nach 96 Stunden. In einem anderen Fall erst nach sechs Tagen. Keine dieser Familien erhielt einen Anruf von ihrer_ihrem Angehörigen.

Das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit darf nach den internationalen Menschenrechtsnormen nur in Sonderfällen eingeschränkt werden. Eine Person allein aufgrund der eignen Meinung zu belästigen, einzuschüchtern, zu stigmatisieren, festzunehmen, zu inhaftieren oder vor Gericht zu stellen, verstößt gegen das Völkerrecht, einschließlich der Internationalen Konvention zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 14. Juli erklärten Vertreter_innen der Generalstaatsanwaltschaft und des Innenministeriums im Staatsfernsehen, dass sie die individuelle Verantwortung für die Organisation der Proteste und die während der Proteste begangenen "Verbrechen" untersuchen. Am selben Tag forderte das Komitee zum Schutz der Journalisten (Committee to Protect Journalists - CPJ) die kubanischen Behörden auf, alle Journalist_innen freizulassen, die im Zuge der Proteste inhaftiert worden sind. Dem CPJ zufolge hätten die Behörden zeitweise Dutzende Reporter_innen daran gehindert, ihre Häuser zu verlassen. Das Komitee forderte die kubanische Regierung auf, den Medienschaffenden freie Berichterstattung über die Proteste zu ermöglichen und die Einschränkungen des Zugangs zum Internet im Land aufzuheben.

Am 20. Juli bestritten Vertreter_innen der Generalstaatsanwaltschaft und des Innenministeriums im staatlich kontrollierten Nachrichtensender Canal Caribe, dass den Familien Informationen über den Verbleib ihrer Angehörigen verweigert wurden. Während der Sendung kamen jedoch weder Familienangehörige von Betroffenen noch kritische Stimmen zu Wort. Kubas Staatszeitung Granma schrieb ebenfalls auf Twitter, dass es keine Vermissten gäbe und stufte die Proteste vom Sonntag als "Unruhen" ein.

Das Recht von inhaftierten Personen, mit der Außenwelt zu kommunizieren und Besuche zu empfangen, ist eine fundamentale Schutzmaßnahme gegen Menschenrechtsverletzungen, einschließlich Folter, Verschwindenlassen oder andere Misshandlungen. Kuba gehört zu den Vertragsstaaten der Internationalen Konvention zum Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen. Gemäß dieser Konvention kann die Weigerung, den Freiheitsentzug anzuerkennen oder das Schicksal bzw. den Aufenthaltsort einer Person nach ihrer Inhaftierung bekanntzugeben, dem Verschwindenlassen gleichkommen, das nach internationalem Recht eine Straftat darstellt.

Die kubanischen Behörden nutzen seit langem eine Reihe von Bestimmungen des Strafgesetzbuches, um abweichende Meinungen zu unterdrücken und diejenigen zu bestrafen, die der Regierung kritisch gegenüberstehen. Zu den häufig angewandten Bestimmungen gehören die "Missachtung eines öffentlichen Beamten" (desacato), "Widerstand gegen öffentliche Beamte bei der Erfüllung ihrer Aufgaben" (resistencia) und "öffentliche Unruhe" (desórdenes públicos).

Netzwerkdaten von NetBlocks haben ergeben, dass mehrere Soziale Medien und Kommunikationsplattformen, einschließlich WhatsApp, Facebook und Instagram, in Kuba ab dem 12. Juli gestört waren, was die Kommunikation innerhalb des Landes und mit dem Land erschwerte.