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Kolumbien: Präsident stigmatisiert NGOs

"Kein Krieg gegen die Bevölkerung ist gerecht": Protest in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá gegen die Gewalt in Catatumbo (30. Januar 2025).
© IMAGO / ZUMA Press Wire
Am 3. März 2025 erklärte der kolumbianische Präsident Gustavo Petro, die zivilgesellschaftlichen Organisationen von Catatumbo seien von bewaffneten Gruppen "durchsetzt" und würden diesen "unterstehen". Diese Aussage ist nicht nur ungerechtfertigt und inakzeptabel, sie gefährdet auch die Mitglieder dieser Organisationen und legitimiert die Gewalt, der sie und die Zivilbevölkerung von Catatumbo seit Mitte Januar ausgesetzt sind. Mehrere kolumbianische Menschenrechtsorganisationen haben den Präsidenten aufgefordert, die Äußerungen zu widerrufen. Amnesty International fordert Präsident Petro auf, stigmatisierende Äußerungen wie diese zukünftig zu unterlassen und stattdessen offen zu sein für einen Dialog und die Beteiligung lokaler Organisationen an der Umsetzung menschenrechtsbasierterLösungen für die Krise in Catatumbo.
Bitte setzt euch für den Schutz der Zivilgesellschaft in Catatumbo ein!
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Appell an
Präsident
Gustavo Petro Urrego
Presidente de la República
Carrera 8 No. 7-26
Bogotá DC
KOLUMBIEN
Sende eine Kopie an
Botschaft der Republik Kolumbien
I. E. Frau Yadir Salazar Mejia
Taubenstr. 23
10117 Berlin
Fax: 030-2639 6125
E-Mail: ealemania@cancilleria.gov.co
Amnesty fordert:
- Hiermit fordere ich Sie auf, Ihre Äußerungen zurückzunehmen und eine weitere Stigmatisierung der zivilgesellschaftlichen Organisationen von Catatumbo zu unterlassen.
- Stattdessen bitte ich Sie, deren Arbeit anzuerkennen und ihre aktive Beteiligung an der Umsetzung von Maßnahmen zur Überwindung der Krise in der Region sicherzustellen, indem die zivile Präsenz des Staates gestärkt, den Menschen in Catatumbo längst überfällige öffentliche Versorgungsleistungen zur Verfügung gestellt und ihre Menschenrechte geschützt werden.
Sachlage
Das Leben, die Sicherheit und die Unversehrtheit der Zivilbevölkerung in der kolumbianischen Region Catatumbo sind in Gefahr. Besonders betroffen sind Menschenrechtsverteidiger*innen und Mitglieder lokaler zivilgesellschaftlicher Organisationen, nachdem Präsident Petro in einer öffentlichen Sitzung des Kabinetts am 3. März behauptete, die zivilgesellschaftlichen Organisationen in Catatumbo seien von bewaffneten Gruppen in der Region "durchsetzt" und würden diesen "unterstehen".
Solche Äußerungen bringen Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen und Menschenrechtsverteidiger*innen in große Gefahr, da sie sich in einer Region befinden, die seit Jahrzehnten von bewaffneten Konflikten geprägt ist und in der jeglicher Vorwurf der Zusammenarbeit mit der einen oder anderen Gruppierung bereits zahlreiche Menschenleben gekostet hat. Die Äußerungen des Präsidenten stehen im Widerspruch zu internationalen Empfehlungen und nationalen Rechtsvorschriften, in denen es heißt, dass Amtsträger*innen keine Erklärungen abgeben sollten, die Menschenrechtsverteidiger*innen stigmatisieren, da diese dadurch noch weiter gefährdet werden und ihre wichtige Arbeit beeinträchtigt wird. Darüber hinaus laufen die Äußerungen der Direktive 07 des Präsidenten aus dem Jahr 2023 zuwider, in der die gesamte kolumbianische Regierung angewiesen wurde, die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen zu unterstützen und anzuerkennen.
Seit Jahren sind Menschenrechtsverteidiger*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen in Kolumbien mit Gewalt und Anfeindungen konfrontiert. Dies gilt auch für Catatumbo, einer Region, die von extremer Armut, einem hohen Maß an Militarisierung und bewaffneter Gewalt, den negativen Auswirkungen der erzwungenen Einstellung des Kokaanbaus und der fehlenden Unterstützung für wirtschaftliche Alternativen geprägt ist. Auch der fehlende Zugang zu Grundversorgungsleistungen wie Gesundheitsversorgung, Lebensmitteln, Bildung, Wasser und Wohnraum gehört zu den Problemen in der Region. Die staatlichen Maßnahmen reichen nicht aus, um die wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Bevölkerung zu gewährleisten.
In den vergangenen Jahren und insbesondere seit der jüngsten Eskalation der Gewalt Mitte Januar 2025 haben die lokalen zivilgesellschaftlichen Organisationen von Catatumbo, darunter CISCA, ASCAMCAT, MPC und ASUNCAT, immer wieder Frieden, die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und strukturelle Lösungen auf der Grundlage einer stärkeren Präsenz ziviler staatlicher Institutionen gefordert, wie sie im kürzlich unterzeichneten Sozialpakt für die territoriale Umgestaltung von Catatumbo dargelegt sind.
Hintergrundinformation
Die Region Catatumbo liegt im Nordosten Kolumbiens im Departamento Norte de Santander. Sie erstreckt sich von den östlichen Anden bis in die Nähe des Maracaibo-Sees in Venezuela. Obwohl die Region reich an natürlichen Rohstoffen – insbesondere Erdöl – ist, ist sie von extremer Armut und einem hohen Maß an Militarisierung und bewaffneter Gewalt geprägt. Der eingeschränkte Zugang zu Nahrung, Bildung, Wasser, Wohnraum und Gesundheitseinrichtungen schafft ein feindliches Umfeld für Gemeindesprecher*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen. Darüber hinaus ist die Infrastruktur nur schlecht ausgebaut, sodass Catatumbo vom Rest des Landes isoliert ist. Die Region ist nach wie vor eines der wichtigsten Gebiete für den Kokaanbau und die Kokaproduktion im Land.
Amnesty International beobachtet die Gewalt gegen Menschenrechtsverteidiger*innen in der Region Catatumbo seit mehreren Jahren. Dabei liegt der Fokus auf dem Komitee für soziale Integration von Catatumbo (Comité de Integración Social del Catatumbo – CISCA), das sich für die Landrechte der kleinbäuerlichen Gemeinschaften von Catatumbo stark macht. Seit 2020 weist Amnesty International darauf hin, dass die Menschenrechtsarbeit des CISCA vor allem durch zwei Hauptrisikofaktoren behindert wird: zum einen durch das hohe Maß an Gewalt, insbesondere gegen Personen mit gesellschaftlichem Einfluss wie Gemeindesprecher*innen, und zum anderen durch die angeordnete Vernichtung von Kokapflanzen. Amnesty International hat außerdem festgestellt, dass die extreme Armut und der fehlende Zugang zu wirtschaftlichen und sozialen Rechten ein angespanntes und feindseliges Umfeld in der Region schaffen, insbesondere für Gemeindesprecher*innen. Amnesty International stellte fest, dass die kolumbianischen Behörden im Juli 2023 die erzwungene Vernichtung von Kokapflanzen eingestellt hatten und dass die militärischen Aktivitäten in der Region sowohl seitens der regionalen Sicherheitskräfte als auch der bewaffneten Gruppen etwas zurückgegangen waren. Doch die lange Geschichte der Militarisierung und die humanitären Auswirkungen des bewaffneten Konflikts standen der Schaffung eines sicheren Umfelds sowohl für soziale Bewegungen als auch für die Menschenrechtsarbeit entgegen. Außerdem setzten die bewaffneten Gruppen ihre Aktionen in den benachbarten Gebieten fort oder intensivierten sie sogar.
Seit Mitte Januar 2025 kommt es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den bewaffneten Gruppen Nationale Befreiungsarmee (Ejército de Liberación Nacional – ELN) und der EMBF, einer Splittergruppe der früheren bewaffneten Gruppierung FARC-EP (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia – Ejército del Pueblo – FARC-EP), mit schweren Folgen für die Zivilbevölkerung. Am 18. Januar meldete die Ombudsstelle 60 Tötungen in den Gemeinden Convención, Ábrego, Teorama, El Tarra, Hacarí und Tibú sowie die Vertreibung indigener und kleinbäuerlicher Gemeinschaften. Angesichts entsprechender Drohungen durch die ELN wies die Ombudsstelle auf die besonderen Gefahren hin, denen Menschenrechtler*innen, Gemeindesprecher*innen und ehemalige Mitglieder der 2016 demobilisierten FARC-EP ausgesetzt sind. Bis zum 18. Februar meldete der UN-Hochkommissar für Flüchtlinge (UNHCR) rund 80.000 Betroffene (darunter mindestens 47.000 Kinder und 4.600 venezolanische Flüchtlinge), von denen 52.000 vertrieben waren und 8.600 nach wie vor mit Gewalt daran gehindert werden, ihren Wohnort zu verlassen (Zwangsisolierung). Der UNHCR erklärte, dass die Konfrontationen zwischen bewaffneten Gruppen sowie zwischen diesen und den kolumbianischen Sicherheitskräften anhielten, wodurch die Gefahr von weiteren Tötungen, massiven Vertreibungen, Zwangsisolierung von Gemeinden und des Verschwindenlassens von Personen bestehe.
Die kolumbianischen Behörden beteuern, dass der Schutz der Zivilbevölkerung für sie Priorität hat, und haben Notfall-Evakuierungsmaßnahmen durchgeführt. Menschenrechtsorganisationen in Catatumbo und auf nationaler Ebene haben vor der Gefahr einer militärischen Reaktion auf diese Krise gewarnt und zum Frieden und zur Einhaltung des humanitären Völkerrechts aufgerufen. Außerdem haben sie Präsident Petro aufgefordert, strukturelle Lösungen, die auf einer stärkeren Präsenz ziviler staatlicher Einrichtungen beruhen, zu unterstützen und umzusetzen, wie z. B. den Sozialpakt für die territoriale Umgestaltung von Catatumbo, der in den letzten zwei Jahren von Vertreter*innen des Staates und der lokalen Zivilgesellschaft diskutiert und schließlich am 6. März 2025 in Catatumbo unterzeichnet wurde.
In einer Sitzung des Kabinetts, die am 3. März im nationalen Fernsehen übertragen wurde, um die Veranstaltung am 6. März in Catatumbo anzukündigen, stigmatisierte Präsident Petro die sozialen Organisationen in der Region jedoch und brachte sie damit in große Gefahr. Nach seinen Worten seien sie von den bewaffneten Gruppen "durchsetzt" und würden diesen "unterstehen". Bewaffnete Gruppen beschuldigen die lokale Zivilbevölkerung häufig, mit rivalisierenden Gruppen zusammenzuarbeiten, um Angriffe gegen sie zu rechtfertigen. Die Stigmatisierung von sozialen Organisationen hat in den Sozialen Netzwerken auf lokaler Ebene in den vergangenen Wochen auf besorgniserregende Weise zugenommen.
Die Äußerungen des Präsidenten, die von den nationalen Menschenrechtsplattformen in Kolumbien scharf verurteilt wurden, stehen im Widerspruch zu internationalen Empfehlungen, einschließlich denen der Interamerikanischen Menschenrechtskommission, die in der fünften Empfehlung ihres zweiten Berichts über die Lage von Menschenrechtsverteidiger*innen in Nord-, Mittel- und Südamerika Folgendes feststellt: "Träger*innen eines öffentlichen Amtes müssen von Äußerungen Abstand nehmen, die Menschenrechtsverteidiger*innen stigmatisieren oder den Eindruck erwecken, dass Menschenrechtsorganisationen unangemessen oder rechtswidrig handeln, nur weil sie sich für die Förderung und den Schutz der Menschenrechte einsetzen." Dieser Grundsatz wurde vom kolumbianischen Verfassungsgericht in seinem Urteil SU-546 aus dem Jahr 2023 bekräftigt. Darin erinnerte es an die Pflicht der Behörden, ein von Stigmatisierung freies Umfeld zu fördern und nicht dazu beizutragen. Zudem laufen die Äußerungen von Präsident Petro der Direktive 07 des Präsidenten vom 13 Dezember 2023 zuwider. Darin wurde die gesamte kolumbianische Regierung angewiesen, die Arbeit von Menschenrechtsverteidiger*innen zu unterstützen und anzuerkennen.
Seit Beginn der Krise hat Amnesty International in einer Urgent Action und in einer öffentlichen Stellungnahme den Schutz der Zivilbevölkerung gefordert.