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Argentinien: Anwalt nach Protesten festgenommen
Am 13. Juli wurde Alberto Nallar festgenommen. Der prominente Menschenrechtsanwalt spielte bei den Protesten in der nordargentinischen Provinz Jujuy eine aktive Rolle. Jetzt wird Alberto Nallar der Aufwiegelung beschuldigt. Er steht seit 14. Juli unter Hausarrest.
Appell an
Botschaft der Republik Argentinien
S.E. Herrn Fernando Brun
Kleiststraße 23-26
10787 Berlin
Amnesty fordert:
- In Anbetracht der internationalen Verpflichtungen Argentiniens, die Rechte auf freie Meinungsäußerung und Protest für alle zu achten, zu schützen und zu garantieren, fordere ich Sie auf, die Anklage gegen Alberto Nallar - die zu einer massiven Einschränkung des Rechts auf sozialen Protest führen könnte - fallen zu lassen und seine sofortige Freilassung sicherzustellen.
Sachlage
Zwischen dem 11. und 13. Juli wurden in den Städten Humahuaca und San Salvador in der Provinz Jujuy mindestens 40 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Zahlreiche Personen wurden festgenommen, unter ihnen Lehrer*innen, Akademiker*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen. Alle hatten zuvor an den sozialen Protesten teilgenommen, die am 15. Juni ausgebrochen waren und die sich gegen die jüngste Verfassungsreform in Jujuy richten.
Unter den Festgenommenen ist auch Alberto Nallar, der am 13. Juli abgeführt wurde und seit dem 14. Juli unter Hausarrest steht. Der Rechtsanwalt und Menschenrechtsverteidiger hatte die Mobilisierung gegen die Verfassungsreform unermüdlich unterstützt und sowohl Inhaftierten als auch deren Familien Rechtsbeistand geleistet. Wegen dieser Unterstützung von Protestierenden und seiner eigenen Teilnahme an den Protesten wurde er wegen Aufwiegelung angeklagt.
Der Straftatbestand der Aufwiegelung wird in Argentinien häufig angewandt, um Personen zu kriminalisieren, die ihr Recht auf sozialen Protest wahrnehmen. Ähnliches gilt für Vorwürfe wie das Blockieren öffentlicher Straßen, die Anstiftung zu Straftaten oder der Widerstand gegen die Staatsgewalt.
Amnesty International liegen Berichte über Haftbefehle gegen mindestens sieben weitere Anwält*innen vor, die die Demonstrierenden unterstützt haben sollen.
Hintergrundinformation
Am 15. Juni 2023 verabschiedete der Verfassungskonvent der nordargentinischen Provinz Jujuy eine Verfassungsreform, die nach Ansicht vieler überstürzt und ohne öffentliche Beteiligung durchgeführt worden war. Die Reform ignoriert die Perspektive der indigenen Bevölkerung und hat das Potential, deren kollektiven Rechte zu gefährden.
Auf die Verabschiedung eines Teils der Reform folgten Proteste, die Berichten zufolge von der Polizei gewaltsam unterdrückt wurden. Dabei kam es zu schweren Fällen unverhältnismäßiger Gewaltanwendung durch die Sicherheitskräfte der Provinz Jujuy. Dies stellt eine schwerwiegende Verletzung der Rechte auf Leben und körperliche Unversehrtheit dar, die sowohl durch örtliche Vorschriften als auch das Völkerrecht anerkannt und geschützt sind.
Da der Verfassungskonvent die Reform nicht zurückgenommen hat, gehen die Proteste der indigenen Gemeinschaften, der Zivilgesellschaft und von Menschenrechtsorganisationen in der Provinz Jujuy weiter. Seit Beginn der Proteste wurden mindestens 130 Personen festgenommen, darunter auch einige Menschenrechtsverteidiger*innen.