Aktuell Iran 25. Mai 2012

Fordern Sie die Freilassung von Abdolfattah Soltani!

Der Menschenrechtsanwalt Abdolfattah Soltani wurde zu 18 Jahren Haft verurteilt

Der Menschenrechtsanwalt Abdolfattah Soltani wurde zu 18 Jahren Haft verurteilt

25. Mai 2012 - Der iranische Menschenrechtsanwalt Abdolfattah Soltani wurde im Juni zu 13 Jahren Haft verurteilt. Der 58-Jährige ist ein international bekannter und anerkannter Rechtsanwalt, der viele Opfer von Menschenrechtsverletzungen im Iran verteidigt hat und dadurch selbst zum Ziel politischer Verfolgung wurde.

Er ist auch Gründungsmitglied des inzwischen verbotenen Zentrums für Menschenrechtsverteidiger (Centre for Human Rights Defenders - CHRD), zusammen mit Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi. Das CHRD hatte sich zur Aufgabe gemacht, über Menschenrechtsverletzungen im Iran zu berichten, die kostenlose rechtliche Vertretung politischer Gefangener zu übernehmen und die Angehörigen von politischen Gefangenen zu unterstützen.

Zuletzt wurde Abdolfattah Soltani am 10. September 2011 festgenommen und wegen "Verbreitung von regimefeindlicher Propaganda", "Gründung einer illegalen Oppositionspartei" und "Versammlung und Machenschaften, um die nationale Sicherheit zu stören" angeklagt. Ein weiterer Anklagepunkt war, dass er "einen illegalen Preis und illegale Ehrungen" entgegen genommen hat. Dies bezieht sich auf den Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreis, der ihm 2009 verliehen wurde.

Am 2. März 2012 wurde das erstinstanzliche Urteil des Teheraner Revolutionsgerichtes bekannt gegeben: 18 Jahre Haft, die er in einem Gefängnis in der entlegenen Stadt Borazjan verbüßen soll, etwa 1000 km von Teheran entfernt, was Familienbesuche nahezu unmöglich machen würde. Außerdem erhielt er für 20 Jahre Berufsverbot. Im Berufungsverfahren wurde am 11. Juni 2012 das Urteil verkündet: die Haftstrafe wurde auf 13 Jahre reduziert, das anschließende Berufsverbot aufgehoben. Die weitere Haft muss er aber nach wie vor im Gefängnis von Borazjan absitzen.

Schon vor der Verhandlung hatten Beamte des Geheimdienstministeriums Abdolfattah Soltani mit einer langjährigen Gefängnisstrafe gedroht. Im November 2011 sagte der Leiter der Justiz, Mohammad Javad Larijani, auf einer Pressekonferenz, dass Abdolfattah Soltani wegen des Verdachts "einer Verbindung zu terroristischen Gruppen" festgehalten werde. Diese seien für die Ermordung von 10.000 Menschen im Iran verantwortlich. Diesen Vorwurf bestreitet Abdolfattah Soltani nachdrücklich. Er will Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen.

Abdolfattah Soltani wurde auch schon in der Vergangenheit mehrmals verhaftet. 2005 verbrachte er sieben Monate im Gefängnis, wurde dann aber in allen Anklagepunkten freigesprochen. 2009 wurde er wiederum für knapp zwei Monate inhaftiert.

[EYECATCHER Amnesty International betrachtet Abdolfattah Soltani als gewaltlosen politischen Gefangenen, der nur wegen seiner legitimen Aktivitäten als Menschenrechtsverteidiger inhaftiert wird.

Fordern Sie gemeinsam mit uns seine sofortige Freilassung und schicken Sie einen Appellbrief an die iranische Regierung!]

Hier finden Sie den Appellbrief auf Deutsch und auf Englisch.

Hintergrundinformationen

Frühere Inhaftierungen von Abdolfattah Soltani

Zum ersten Mal wurde er am 21. Januar 2003 für vier Monate im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert. 2005 wurde er wieder festgenommen und verbrachte 219 Tage im Gefängnis, davon 43 in Einzelhaft. 2006 verurteilte man ihn zu fünf Jahren Haft, vier Jahre davon wegen der "Offenlegung vertraulicher Unterlagen" und ein Jahr aufgrund von "Propaganda gegen das System". Am 28. Mai 2007 wurde er von allen gegen ihn seit seiner Festnahme im Juli 2005 vorgebrachten Anklagen freigesprochen. Seither hat man ihn daran gehindert, aus dem Iran auszureisen, auch dann, als er den oben erwähnten Preis für seine Menschenrechtsarbeit entgegennehmen wollte. Auch seine Kandidatur 2008 für das Direktorium der iranischen Anwaltskammer wurde mit der Begründung abgelehnt, sie sei "unangemessen". Am 16. Juni 2009, unmittelbar nach Beginn der Proteste gegen die Präsidentschaftswahl, wurde er erneut in seinem Büro im Zentrum von Teheran festgenommen. Er wurde am 26. August 2009 gegen eine Kaution von etwa 70.000 Euro in Form von Besitzurkunden freigelassen.

Weitere inhaftierte Menschenrechtsanwälte

In jüngster Zeit haben Schikanen und Strafen gegen Menschenrechtsanwälte und Menschenrechtsanwältinnen im Iran erheblich zugenommen. Neun von ihnen sind derzeit in Haft. Dazu gehören Nasrin Sotoudeh, Mohammad Seyfzadeh, Javid Houtan Kiyan und Mostafa Daneshju. Sie alle werden von Amnesty International als gewaltlose politische Gefangene angesehen.

Nasrin Sotoudeh verbüßt im Evin-Gefängnis in Teheran eine Gefängnisstrafe, die nach Berufung von ursprünglich elf Jahren auf sechs Jahre gemindert wurde. Die sechsjährige Haftzeit setzt sich zusammen aus der Verurteilung zu fünf Jahren Haft wegen "Handlungen gegen die nationale Sicherheit", dazu gehört die Mitgliedschaft im Zentrum für Menschenrechtsverteidiger (CHRD), und zu einem Jahr wegen "Propaganda gegen das System". Diese Anklagen beruhen auf ihrer Arbeit als Menschenrechtsanwältin. Nasrin Sotoudeh wurde vor ihrer Inhaftierung gewarnt, sie solle die Vertretung der Nobelpreisträgerin Shirin Ebadi aufgeben, oder sie müsse Vergeltungsmaßnahmen erwarten.

Mohammad Seyfzadeh verbüßt eine zweijährige Haftstrafe wegen seiner Rolle bei der Gründung des CHRD. Er war zusammen mit Shirin Ebadi und Abdolfattah Soltani Mitbegründer des Zentrums. Ursprünglich war er zu neun Jahren Haft verurteilt worden, die Haftdauer wurde aber als Ergebnis einer Berufung auf zwei Jahre herabgesetzt. Mohammad Seyfzadeh wurde außerdem die Ausübung seines Berufes für zehn Jahre verboten.

Javid Houtan Kiyan wird im Tabriz-Gefängnis im Zusammenhang mit seiner Verteidigung von Sakineh Mohammadi Ashtiani gefangen gehalten. Seine Mandantin wurde zum Tod durch Steinigung verurteilt wegen "Ehebruch einer Verheirateten". Er wurde im Oktober 2010 zusammen mit dem Sohn von Sakineh Mohammadi Ashtiani und zwei deutschen Journalisten verhaftet, die wieder freigelassen wurden. Er wurde im Gefängnis gefoltert und wurde wahrscheinlich zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt.

Farshid Yadollahi, Amir Eslami, Agshin Karampour und Omid Behrouzi waren unter den mehr als 60 Sufis, Mitgliedern des Gonabadi Dervish Ordens, die im September 2011 in Shiraz und Teheran verhaftet wurden. Sie wurden in die Sektion 209 des Evin-Gefängnisses verbracht. Farshid Yadollahi und Amir Eslami wurden im Januar 2011 in einem anderen Fall zu sechs Monaten Haft verurteilt wegen "Verbreitung von Lügen mit der Absicht, die Öffentlichkeit zu stören". Dies stand in Verbindung mit ihrer Vertretung von sechs Sufi-Klienten, die freigesprochen wurden. Ihre Anwälte legten Beschwerde ein wegen ungesetzlicher Aktionen der Sicherheitskräfte, was wahrscheinlich zu ihrer eigenen Verurteilung führte. Ein Berufungsverfahren wurde bei der Abteilung 1 des Berufungsgerichtes in Bandar Abbas durchgeführt.

Mostafa Daneshjou ist ein weiterer Anwalt, der Sufis vor Gericht verteidigt hat. Er wurde am 18. Mai 2011 in seinem Teheraner Büro von 10 Sicherheitsbeamten in Zivil verhaftet. Man brachte ihn in das Sari-Gefängnis zur Verbüßung einer siebenmonatigen Haftstrafe, zu der er im Januar 2010 wegen "Verbreitung von Lügen" verurteilt worden war. Das geschah in Verbindung mit seiner Vertretung zweier Sufis in Neka, die sich wegen einer illegalen Durchsuchung ihres Hauses durch die Sicherheitskräfte in Mazandaran beschwert hatten. Am 15. Juni 2011 wurde er aus ungeklärten Gründen für drei Tage vom Gefängnis zu einer Einrichtung für Drogenabhängige gebracht. Im Oktober 2011 soll er ins Evin-Gefängnis verlegt worden sein. Offenbar soll er seine Konzession als Anwalt verloren haben.

Ghasem Sholeh Saadi ist Universitätsprofessor und früherer Parlamentarier. Er verbüßt eine Gesamtstrafe von zweieinhalb Jahren. Er wurde in zwei Fällen verurteilt: wegen "Beleidigungen" in einem kritischen Brief, den er 2002 an den Obersten Führer gerichtet hatte, und wegen eines Interviews mit einem ausländischen Medium. Wegen ähnlicher Anklagen soll er einen dritten Prozess erwarten. Er wurde zudem zu einem zehnjährigen Berufsverbot als Professor und Anwalt verurteilt. Amnesty International betrachtet jeden Rechtsanwalt und jede Rechtsanwältin, die wegen der Ausübung ihrer beruflichen Pflichten, wegen des friedlichen Gebrauchs ihrer Rechte auf freie Meinungsäußerung, auf Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit gefangen gehalten wird, als gewaltlose politische Gefangene, die unverzüglich und bedingungslos freigelassen werden müssen.

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