Gilad Shalit: 1.825 Tage in Gefangenschaft im Gazastreifen

Gilad Shalit
© Privat
24. Juni 2011 - Der 25. Juni 2011 markiert den fünften Jahrestag der Gefangennahme des israelischen Soldaten Gilad Shalit. Seine Familie hat seit fast zwei Jahren kein Lebenszeichen ihres Sohnes erhalten. Dennoch geben sie die Hoffnung nicht auf, wenigstens einen Brief von ihn zu erhalten.
Während eines Angriffs bewaffneter palästinensischer Gruppen, darunter auch Teile des bewaffneten Flügels der Hamas, auf eine israelische Militärbasis im Süden Israels am 25. Juni 2006 wurde Gilad Shalit gefangen genommen. Zwei weitere Soldaten wurden bei diesem Überfall getötet und ein dritter verletzt.
Gilad Shalit wird festgehalten, um ihn als Druckmittel in den politischen Verhandlungen der Hamas zu benutzen. Zu den Forderungen der Hamas zählt auch die Freilassung einiger der mehreren Tausend Palästinenser, die von und in Israel in Haft gehalten werden und von denen vielen ebenfalls jeder Besuch durch Familienangehörige verweigert wird.
Fünf Jahre lang wurde dem Soldaten jeder weitergehende Kontakt zur Außenwelt vorenthalten. In der gesamten Zeit seiner Gefangenschaft wurden nur drei seiner Briefe nach Israel überbracht. Das letzte Lebenszeichen des Soldaten kam vor fast zwei Jahren. Im israelischen Fernsehen wurde ein Video ausgestrahlt, dass Gilad Shalit zeigt, wie eine Erklärung vorliest und dabei die Ausgabe einer vom 14. September 2009 datierten Tageszeitung hochhält. Dieses Video wurde von denjenigen, die Shalit gefangen halten, im Austausch gegen die Freilassung von 20 palästinensischen Gefangenen veröffentlicht.
Die Familie Shalit war gezwungen, zahlreiche Gerüchte über den eventuellen Tod oder eine mögliche Verletzung ihres Sohnes zu durchleben. Im Januar 2009, während des 22-tägigen Konfliktes im Gazastreifen, bei dem über 1.400 Palästinenser, größtenteils Zivilisten, und 13 Israelis, darunter ebenfalls drei Zivilisten, getötet wurden, kamen vonseiten einer palästinensischen Gruppe Behauptungen auf, dass Gilad Shalit von einem Granatsplitter getroffen worden sei. Die Tageszeitung Al Hayat zitierte einen der Führer der Hamas, Moussa Abu Marzouk, wie folgt: "Shalit mag verwundet worden sein oder auch nicht. Die Sache interessiert uns nicht mehr. An seinem Wohlbefinden sind wir überhaupt nicht interessiert, und wir stellen keinerlei Sonderbehandlung für ihn ab, weil er nicht mehr wert ist als eine Katze."
Die Familie von Gilad Shalit setzt sich unermüdlich für seine Freilassung ein und kämpft dafür, wenigstens einige wenige Worte ihres Sohnes zu hören, um sichergehen zu können, dass er am Leben ist und dass es ihm gut geht. Im Juli 2009 drückte Noam Shalit, der Vater von Gilad, die Sorge und Verzweiflung der Familie mit folgenden Worten aus: "Ich weiß weder, wo er festgehalten wird, noch wie es ihm ergeht … oder ob er überhaupt noch am Leben ist …".
Die de-fakto Behörden der Hamas in Gaza sagen, dass sie Gilad Shalit nicht freilassen werden, wenn nicht auch einige der Tausenden Palästinenser, die in Israel festgehalten werden, auf freien Fuß kommen. Nach der Gefangennahme von Gilad Shalit im Jahr 2006 startete Israel unter dem Codenamen "Operation Sommerregen" eine ausgedehnte Militäroffensive gegen den Gazastreifen, in deren Verlauf Hunderte Palästinenser getötet wurden, einschließlich Dutzender Kinder und zahlreicher weiterer unbewaffneter Passanten. Gleichzeitig wurden Dutzende palästinensische Beamte verhaftet, um sie als Druckmittel für die Verhandlungen zur Freilassung von Gilad Shalit zu benutzen. Der Gazastreifen wurde abgeriegelt, was zwar zu erheblichen humanitären Leiden für die gesamte dort lebende Bevölkerung - aber nicht zur Verbesserung der Situation von Gilad Shalit - führte.
Beide Seiten des Konfliktes setzen ihre jeweiligen Gefangenen als Druckmittel in Verhandlungen ein. Wie Gilad Shalit dürfen Hunderte palästinensischer Gefangener aus dem Gazastreifen ihre Familien – zum Teil schon seit mehr als einem Jahrzehnt - nicht sehen. Der Juni 2011 stellt auch den fünften Jahrestag der Verschärfung der israelischen Blockade des Gazastreifens dar, die nicht nur die Familien daran hindert, ihre in Israel inhaftierten Verwandten zu besuchen, sondern auch den Personen- und Güterverkehr in den Gazastreifen hinein und von dort hinaus unterbindet.
Amnesty International setzt sich kontinuierlich für die Beendigung der Menschenrechtsverletzungen ein, die tagtäglich an palästinensischen Männern, Frauen und Kindern begangen werden, auch dafür, dass Israel die Blockade des Gazastreifens aufhebt. Zur gleichen Zeit sind wir allerdings fest überzeugt, dass diese Menschenrechtsverstöße niemals als Rechtfertigung dafür benutzt werden dürfen, Gilad Shalit und seiner Familie ihre grundlegenden Menschenrechte zu verwehren.
Amnesty International fordert die faktisch regierende Hamas-Verwaltung in Gaza anlässlich des fünften Jahrestags der Gefangennahme des Soldaten Gilad Shalit, dringend auf, ihren Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht nachzukommen.
Die Organisation fordert, dass Gilad Shalit gut behandelt wird und dass er unter humanen und menschenwürdigen Lebensbedingungen untergebracht ist. Dazu muss es ihm erlaubt sein, mit seiner Familie zu kommunizieren, und zwar auch indem er Briefe an diese verschickt und seinerseits Briefe von ihnen erhält. Außerdem ist dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz unverzüglich der Zugang zu Gilad Shalit zu gewähren. Er darf nicht weiter als Geisel benutzt werden, was dem humanitären Völkerrecht in ganz offenkundiger Weise zuwiderläuft.