Unfaires Gerichtsverfahren

Gegen Ahmed Mahmoud Haddi, der nach seiner Festnahme im Oktober 2009 unter Bedingungen in Gewahrsam gehalten worden war, die dem "Verschwindenlassen" gleichgekommen sind, ist ein Strafverfahren eröffnet und Untersuchungshaft angeordnet worden. Vermutlich ist er im Gewahrsam der Behörden gefoltert worden. Ihm droht nun ein unfaires Gerichtsverfahren.

Appell an

JUSTIZMINISTER
His Excellency Mohamed Naciri
Ministry of Justice
Place Mamounia, Rabat
MAROKKO
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 212) 5377-237 10 oder -307 72 oder -347 25

INNENMINISTER
His Excellency Taib Cherkaoui

Ministry of Interior, Quartier Administratif, Rabat
MAROKKO
(korrekte Anrede: Your Excellency)
Fax: (00 212) 5377 6 20 56

Sende eine Kopie an

VORSITZENDER DES BEIRATS FÜR MENSCHENRECHTE
Ahmed Herzenni

Place Ach-chouhada,
B.P. 1341, 10000 Rabat
MAROKKO
Fax: (00 212) 5377 2 68 56
E-Mail: ccdh@ccdh.org.ma

BOTSCHAFT DES KÖNIGREICHS MAROKKO
S.E. Herrn Mohammed Rachad Bouhlal
Niederwallstraße 39
10117 Berlin
Fax: 030-2061 2420
E-Mail: kontakt@botschaft-marokko.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 26. Februar 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Bringen Sie Ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass Ahmed Mahmoud Haddi vom 28. Oktober bis 15. November 2009 dem "Verschwindenlassen" zum Opfer gefallen war und in dieser Zeit vermutlich gefoltert oder misshandelt wurde. Fordern Sie die Behörden auf sicherzustellen, dass er vor weiteren Folterungen oder Misshandlungen geschützt ist, bei Bedarf medizinisch versorgt wird und regelmäßig Besuche von seiner Familie und einem Anwalt erhalten darf.

  • Appellieren Sie an die Behörden, unverzüglich Vorwürfen über Folterungen oder Misshandlungen an Ahmed Mahmoud Haddi durch die Sicherheitskräfte nachzugehen und die dafür Verantwortlichen in Übereinstimmung mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen Marokkos vor Gericht zu bringen.

  • Dringen Sie darauf, dass Ahmed Mahmoud Haddi ein faires Gerichtsverfahren erhält und nicht auf der Grundlage von Geständnissen verurteilt wird, die unter Zwang zustande gekommen sind.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern that Ahmed Mahmoud Haddi was subjected to an enforced disappearance from 28 October to 15 November, during which time he is believed to have been tortured or otherwise ill-treated, and urging the Moroccan authorities to ensure that he is protected from further torture or other ill-treatment, is granted any medical care he may require, and has regular access to his family and legal representation;

  • Urging the Moroccan authorities to investigate immediately allegations that Ahmed Mahmoud Haddi was tortured or otherwise ill-treated by members of the security forces, and to bring those responsible to justice in compliance to Morocco’s obligations under international law;

  • Urging them to ensure he receives a fair trial and that statements made under duress are not used as a basis to convict him.

Sachlage

Ahmed Mahmoud Haddi wurde am 28. Oktober 2009 in der marokkanischen Hauptstadt Rabat auf offener Straße von Männern in Zivil verschleppt. Vermutlich handelt es sich bei seinen Entführern um Mitarbeiter des Geheimdienstes Direction de la surveillance du territoire (DST). Die Männer brachten Ahmed Mahmoud Haddi in eine inoffizielle Hafteinrichtung vermutlich in der Stadt Témara nahe Rabat, wo er bis zum 15. November festgehalten wurde. Aus dieser Haftanstalt treffen verstärkt Berichte über Folterungen an Menschen ein, die im Verdacht stehen, in terroristische Aktivitäten verwickelt zu sein. Ahmed Mahmoud Haddi wurde offenbar zu seinen politischen Überzeugungen und etwaigen Verbindungen zur Polisario-Front befragt, die für die Unabhängigkeit der Westsahara von Marokko eintritt. Allem Anschein nach hat man ihn dazu gezwungen, das Vernehmungsprotokoll der Polizei zu unterschreiben.

Am 15. November wurde Ahmed Mahmoud Haddi zunächst dem Generalstaatsanwalt und anschließend einem Untersuchungsrichter am Berufungsgericht in Casablanca vorgeführt. Ihm stand kein rechtlicher Vertreter zur Seite, obgleich sowohl der Untersuchungsrichter als auch der Staatsanwalt gesetzlich verpflichtet sind, Beschuldigte über ihr Recht auf Hinzuziehung eines Anwalts zu informieren. Die Ermittlungen dauern noch an. Anscheinend werden Ahmed Mahmoud Haddi Drogenhandel und eine Reihe anderer Straftaten zur Last gelegt. Auf Anweisung des Untersuchungsrichters wird er im Gefängnis Oukasha in Casablanca in Haft gehalten.

Die Familie von Ahmed Mahmoud Haddi erhielt von den Behörden keine Benachrichtigung über dessen Verbleib. Erst am 17. Dezember erfuhren sie aus inoffiziellen Quellen von seiner Inhaftierung im Gefängnis Oukasha. Dort wird Ahmed Mahmoud Haddi in Einzelhaft gehalten. Es besteht Sorge um seine körperliche und geistige Gesundheit. Er soll sich über einen Monat lang im Hungerstreik befunden, diesen jedoch inzwischen abgebrochen haben. Seit seiner Festnahme am 28. Oktober 2009 ist er nicht ein einziges Mal von einem Arzt untersucht worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Ahmed Mahmoud Haddi engagiert sich für die Selbstbestimmung der Westsahara. Bis Juni 2009 verbüßte er eine dreijährige Haftstrafe, weil er sich seiner Festnahme widersetzt und dabei einen Polizisten angegriffen haben soll. Man hatte ihn am 17. Juni 2006 zusammen mit seinem Bruder und zwei bekannten saharauischen MenschenrechtsverteidigerInnen an einem Polizeikontrollpunkt an der Grenze zur Provinz Laayoune festgenommen.

Am 2. November 2009 meldete die offizielle marokkanische Nachrichtenagentur, dass die Behörden eine kriminelle Bande zerschlagen hätten, die in Drogenhandel und Autodiebstahl verwickelt gewesen sei. Nach Angaben der Nachrichtenagentur gehörte zu der Bande auch ein Mitglied der Polisario-Front, die die Unabhängigkeit der Westsahara fordert und in Flüchtlingslagern in Tindouf im Südwesten Algeriens eine selbsternannte Exilregierung gebildet hat.

In Marokko und der Westsahara haben Gerichte unter Folter oder Misshandlung erpresste "Geständnisse" wie das von Ahmed Mahmoud Haddi als Beweismittel zugelassen. Damit verstoßen sie gegen das Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, zu dessen Einhaltung Marokko als Vertragsstaat verpflichtet ist.

Die marokkanischen Behörden scheinen mit zunehmender Härte gegen Saharauis vorzugehen, die ihre Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit wahrnehmen. Seit dem Besuch von sieben saharauischen AktivistInnen in den Flüchtlingslagern der Saharauis im algerischen Tindouf Ende September und Anfang Oktober 2009 hat Amnesty vermehrt Berichte über Schikanen gegen saharauische Menschenrechtsverteidiger und Aktivisten erhalten. Dazu zählen Reiseverbote, verbale Drohungen und Einschüchterungsversuche, verstärkte Überwachungsmaßnahmen, die Vereitelung von Treffen mit ausländischen Beobachtern sowie die Einbehaltung von Pässen und anderen Ausweispapieren. Zur Unterbindung von Menschenrechtsverletzungen in der Westsahara ist es nach Überzeugung von Amnesty International unerlässlich, dass in die UN-Mission für ein Referendum in der Westsahara, über deren Verlängerung im April entschieden werden wird, eine Menschenrechtskomponente Eingang findet.