Schweizer in Libyen in Haft

Der Schweizer Max Göldi verbüßt derzeit eine viermonatige Haftstrafe in einem libyschen Gefängnis. Er war eines Visa-Vergehens für schuldig befunden worden. Amnesty International ist der Ansicht, dass die Anklagen gegen ihn politisch motiviert waren und Max Göldi Opfer eines diplomatischen Streits zwischen Libyen und der Schweiz ist. Amnesty Internationl appelliert an den libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi, die sofortige und bedingungslose Freilassung des Schweizers anzuordnen.

Appell an

REVOLUTIONSFÜHRER
Colonel Mu’ammar al-Gaddafi
Office of the Leader of the Revolution
Tripoli
Great Socialist People’s Libyan Arab Jamahiriya
LIBYEN
(korrekte Anrede: Your Excellency)
E-Mail: info@algathafi.org

Sende eine Kopie an

JUSTIZMINISTER
Mustafa Muhammad Abdeljalil
Secretariat of the General People's Committee for Justice
Al-Salad Street, Tripoli
Great Socialist People’s Libyan Arab Jamahiriya
Fax: (00 218) 21 4805427 oder 21 4809266

PRÄSIDENT
Saif al-Islam al-Gaddafi
Gaddafi International Charity and Development Foundation
El-Fateh Tower, 5th Floor - no. 57
Tripoli
LIBYEN
Fax: (00218) 21 3350263 oder 21 477 8766
E-Mail: director@gdf.org.ly

BOTSCHAFT DER LIBYSCH-ARABISCHEN VOLKS-DSCHAMAHIRIJA
S.E. Herrn Jamal Ali Omar El-Baraq
Podbielskiallee 42, 14195 Berlin
Fax: 030-2005 9699
E-Mail: info@libysche-botschaft.de

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 28. April 2010 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE

  • Bringen Sie Ihre Sorge darüber zum Ausdruck, dass Max Göldi nach einem offenbar politisch motiviertem Verfahren wegen Verstoßes gegen die Einwanderungsbestimmungen eine viermonatige Haftstrafe verbüßen muss.

  • Fordern Sie die umgehende und bedingungslose Freilassung von Max Göldi und seine Ausreisegenehmigung, da er ein gewaltloser politischer Gefangener ist.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Expressing concern that Max Goeldi is serving a four-month prison term for immigration offences after a politically motivated trial;

  • Urging the Libyan authorities to immediately and unconditionally release him as he is a prisoner of conscience and to allow him to return to Switzerland.

Sachlage

Max Göldi ist seit dem 22. Februar 2010 im Gefängnis Al-Jeida in der libyschen Hauptstadt Tripolis inhaftiert. Am 30. November 2009 war er von dem für Einwanderungsangelegenheiten zuständigen Gericht in Libyen wegen Verstoßes gegen die Einwanderungsbestimmungen zu einer 16-monatigen Haftstrafe und einer Geldstrafe verurteilt worden. Er soll ohne gültiges Visum in Libyen gearbeitet haben.

Am 11. Februar wurde der Schuldspruch in einem Rechtsmittelverfahren bestätigt, die Haftstrafe jedoch auf vier Monate herabgesetzt. Max Göldi hatte Zuflucht in der Schweizer Botschaft in Tripolis gesucht, stellte sich am 22. Februar jedoch den Behörden, nachdem der libysche Außenminister Mussa Kussa die Botschaft aufgefordert hatte, Max Göldi an die libyschen Behörden zu übergeben. Amnesty International spricht sich gegen die Inhaftierung als Strafmaßnahme bei Einwanderungsvergehen aus. Die Organisation betrachtet Max Göldi als gewaltlosen politischen Gefangenen, der allein wegen seiner Nationalität auf Grundlage politisch motivierter Anklagen inhaftiert wurde.

Max Göldi wurde erstmals im Juli 2008 inhaftiert, kurz nachdem Muammar al-Gaddafis Sohn, Hannibal al-Gaddafi, und dessen Ehefrau in der Schweiz festgenommen worden waren. Hausangestellte hatten den Eheleuten Missbrauch vorgeworfen, zogen ihre Anschuldigungen jedoch später zurück.

Amnesty International ist der Ansicht, dass das Verfahren gegen Max Göldi nicht den internationalen Standards für ein faires Gerichtsverfahren entsprach, wie sie im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, zu dessen Vertragsstaaten Libyen gehört, dargelegt sind. Am 9. November 2009 wurde der Schweizer vor Gericht geladen, ohne dass man ihm eine anwaltliche Vertretung zur Seite stellte. Seine Forderung, einen Anwalt konsultieren zu dürfen, wurde zurückgewiesen. Es liegen auch Berichte vor, denen zufolge der zuständige Dolmetscher Max Göldis Aussagen vor Gericht nicht richtig wiedergegeben hat.

Außerdem durfte Max Göldis Anwalt der Urteilsverkündung am 30. November nicht beiwohnen und erhielt erst wenige Tage vor der Entscheidungsfindung Zugang zu den Akten seines Mandanten. Max Göldi war vom 18. September bis zu seiner ersten Vorladung vor Gericht am 9. November ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten worden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Der Schweizer Max Göldi wird seit Juli 2008 an der Ausreise aus Libyen gehindert. Die Zeit, in der er sich nicht in Haft befand, verbrachte er in der Schweizer Botschaft in Tripolis. Seine Angehörigen sind besorgt um seine Gesundheit und seine psychische Verfassung. Ihren Angaben zufolge litt Max Göldi zwei Wochen nach Antritt seiner Haftstrafe unter hohem Fieber und einer Darminfektion.

Über die Haftstrafe hinaus wurde Max Göldi außerdem am 6. Februar 2010 wegen Verstoßes gegen Handelsbestimmungen zu einer Geldstrafe in Höhe von 1.000 Dinar (ca. 530 Euro) verurteilt. Berichten zufolge haben die libyschen Behörden Max Göldis Anwalt im Vorfeld des Verfahrens nicht über die genauen Anklagepunkte informiert. Es wird befürchtet, dass dadurch das Recht des Betroffenen, seine Verteidigung in angemessener Weise vorbereiten zu können, verletzt wurde.

Rachid Hamdani, ebenfalls Schweizer Staatsbürger, konnte am 22. Februar 2010 Libyen verlassen. Er war zuvor ebenfalls wegen Verstoßes gegen die Einwanderungs- und Handelsbestimmungen festgenommen worden, wurde aber freigesprochen. Rachid Hamdani war seit Juli 2008 an der Ausreise gehindert worden.

Die Beziehungen zwischen Libyen und der Schweiz verschlechterten sich, nachdem die Schweizer Polizei am 15. Juli 2008 den Sohn des libyschen Staatschefs, Hannibal al-Gaddafi, und dessen Ehefrau in Genf verhaftet hatte. Das Ehepaar wurde am 17. Juli 2008 auf Kaution wieder freigelassen, die Anklage gegen sie wurde zurückgezogen und die Schweizer Behörden haben sich bei den Betroffenen für ihr Verhalten entschuldigt.

Mitte Februar 2010 beschlossen die libyschen Behörden, allen StaatsbürgerInnen europäischer Staaten, die unter das Schengener Abkommen fallen, die Einreise zu verweigern. Dies war eine Reaktion auf Berichte der unter privater Leitung stehenden Zeitung OEA, die Verbindungen zu Saif al-Islam al-Gaddafi, einem weiteren Sohn des libyschen Staatschefs, haben soll. In den Berichten hieß es, die Schweizer Regierung habe 188 libyschen StaatsbürgerInnen, darunter Muammar al-Gaddafi, die Einreise in die Schweiz verboten. In einer Rede in der Stadt Bengasi am 25. Februar 2010 kritisierte Muammar al-Gaddafi das Ergebnis eines Referendums in der Schweiz, den Bau von Minaretten zu verbieten, und forderte alle Muslime auf, jegliche Zusammenarbeit mit der Schweiz einzustellen und keine Produkte aus der Schweiz mehr zu kaufen. Amnesty International hatte die Entscheidung der Schweizer WählerInnen für die Aufnahme eines Verbots für den Bau von Minaretten in die Verfassung kritisiert. Ein UN-Vertreter hat die Forderung des libyschen Staatschefs nach einem Dschihad verurteilt, aber bislang haben die Bemühungen der internationalen Staatengemeinschaft, eine Vermittlerrolle zu übernehmen und den Streit zu beenden, nicht zum Erfolg geführt.