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Stop Folter!
© Amnesty International Foto: Henning Schacht
Prügel, Elektroschocks, Schlafentzug: In vielen Ländern ist Folter alltäglich. Amnesty International startete 2014 die globale Kampagne "Stop Folter", um dagegen anzukämpfen. Ein Rückblick.
Folter gehört zu den schlimmsten Schrecken, die sich der Mensch für den Menschen ausgedacht hat. Wer einen anderen foltert, fügt ihm nicht nur Schmerzen zu, sondern verwandelt ihn in ein Ding, in ein bloßes Stück Fleisch. Es mag erstaunen, dass Folter erst seit 1984 international geächtet ist. Damals hatten sich die Vereinten Nationen auf ein historisches Vertragswerk geeinigt um der Menschheitsgeißel Folter ein juristisches Ende zu bereiten: 155 Staaten haben die Antifolterkonvention unterzeichnet.
Heute, mehr als dreißig Jahre später, ist die Bilanz ernüchternd: Aus über 140 Staaten hat Amnesty in den vergangenen Jahren glaubhafte Berichte über Folter und grausame Misshandlungen gesammelt, auch viele Unterzeichnerstaaten der Konvention sind dabei. Ein Schutz vor Folter besteht oft nur auf dem Papier. Selbst westliche Demokratien haben auf Guantanamo und anderswo am Tabu der Folter gerüttelt. Um Regierungen weltweit an ihre internationalen Verpflichtungen zu erinnern, hat Amnesty im Jahr 2014 die globale Kampagne "Stop Folter" ins Leben gerufen.
Weltweite Solidarität mit Raif Badawi
Amnesty setzte sich dabei lautstark für Folteropfer ein - wie beispielsweise für Raif Badawi. Der junge Intellektuelle sitzt seit 2012 in einem saudi-arabischen Gefängnis, weil er im Internet über Frauenrechte, Säkularismus und Meinungsfreiheit nachdachte. "Beleidigung des Islams", nannten es die Richter. Das Urteil: Öffentliche Folter und zehn Jahre Haft. Die ersten 50 Stockschläge gingen am 9. Januar 2015 nach dem Freitagsgebet in Dschidda auf Raif Badawi nieder, 950 Schläge sollen folgen. Amnesty machte seinen Fall weltweit bekannt. Ob in Mexiko, Island, Südkorea oder Deutschland: Rund um den Erdball demonstrierten Amnesty-Aktivistinnen und -Aktivisten für Badawis Freilassung und sammelten innerhalb weniger Wochen mehr als eine Million Unterschriften, um gegen das Urteil zu protestieren. Die internationale Aufmerksamkeit blieb nicht ohne Wirkung: Seit dem 9. Januar 2015 hat es die saudische Regierung nicht mehr gewagt, Badawi zu verprügeln.
Nicht in allen Staaten ist Folter so öffentlich sichtbar wie in Saudi-Arabien, wo Prügelstrafen auch vor Publikum stattfinden. In mehr als der Hälfte aller Staaten werden Menschen im Verborgenen gefoltert - etwa auf Polizeistationen oder in Gefängniszellen. Amnesty konzentrierte sich bei der Kampagne "Stop Folter" insbesondere auf fünf Länder, in denen Folter verboten, aber doch weit verbreitet ist: Mexiko, Marokko, Nigeria, die Philippinen und Usbekistan. Diese fünf Länder sind nicht die "schlimmsten" Länder. Aber Amnesty glaubt, dort im Kampf gegen Folter konkrete Erfolge erzielen zu können - Erfolge, die bestenfalls auch in benachbarte und befreundete Staaten ausstrahlen.
Amnesty fordert Schutzmaßnahmen
Amnesty fordert die Regierungen weltweit auf, klare rechtsstaatliche Schutzmaßnahmen gegen Folter umzusetzen: Verhöre sollen per Video aufgezeichnet werden. Gefangenen muss es erlaubt sein, mit ihren Angehörigen in Kontakt zu treten, Anwältinnen und Anwälte zu sehen und von unabhängigem medizinischem Personal untersucht zu werden. Foltervorwürfe müssen von offiziellen Stellen dokumentiert und untersucht werden. Erpresste Geständnisse dürfen unter keinen Umständen vor Gericht verwendet werden.
Allein in Deutschland hat Amnesty im Laufe der Kampagne mehr als 840.000 Unterschriften und Appelle gesammelt. Bundesweit machten Aktivistinnen und Aktivisten mit mehr als 500 öffentlichen Aktionen, Podiumsdiskussionen und Informationsständen auf das Schicksal von Folterüberlebenden aufmerksam, wie beispielsweise am 12. April 2016 beim Staatsbesuch des mexikanischen Präsidenten in Berlin.
Anti-Folter-Shop in Berlin
In einer Berliner Galerie eröffnete Amnesty im Dezember 2014 den "Stop Folter Shop". Amnesty zeigte in dieser Ausstellung unter anderem Alltagsgegenstände wie Bügeleisen, Kopfhörer oder Autobatterien. Unscheinbare Dinge, die eines gemeinsam haben: Sie werden weltweit zur Folter eingesetzt. Informationsveranstaltungen und Diskussionen begleiteten die Ausstellung, so war beispielsweise Murat Kurnaz zu Gast, der vier Jahre lang im US-Gefangenenlager auf Guantanamo inhaftiert war.
Amnesty International setzt sich seit seiner Gründung für Menschen wie Murat Kurnaz ein - Menschen, denen Folter droht oder die Opfer von Folter geworden sind. Die Kampagne "Stop Folter" endete im Juni 2016. Der Kampf für eine Welt ohne Folter geht weiter.