USA: Hinrichtung stoppen!

Diese Urgent Action ist beendet.

Matthew Reeves wurde am Abend des 27. Januar 2022 in Alabama durch die Giftspritze hingerichtet. Die Gouverneurin von Alabama wollte nicht intervenieren und auch der Oberste Gerichtshof der USA lehnte eine einstweilige Verfügung gegen die Hinrichtung ab. Sie sollte sicherstellen, dass Matthew Reeves nicht mit der Giftspritze hingerichtet würde.

Das Bild zeigt einen Anstecker an einem T-Shirt . Auf dem Anstecker steht "Death Penalty". Die Worte sind durchgestrichen.

Matthew Reeves soll am 27. Januar im US-Bundesstaat Alabama hingerichtet werden. Er wurde 1998 wegen eines Mordes zum Tode verurteilt, den er im Alter von 18 Jahren begangen haben soll. Sein Todesurteil wurde aufrechterhalten, obwohl seither nachgewiesen wurde, dass er eine geistige Behinderung aufweist und dass seine Rechtsbeistände ihn nicht angemessen vertreten haben, da sie vor Gericht keine Nachweise hierfür erbrachten. Das Todesurteil muss umgewandelt werden.

Appell an

Governor Kay Ivey

600 Dexter Avenue

Montgomery


AL 36130

USA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika

Herrn Woodward Clark Price

Geschäftsträger a.i.

Clayallee 170

14195 Berlin


Fax: 030-83 05 10 50 oder 030-831 49 26


E-Mail: feedback@usembassy.de

Amnesty fordert:

  • Bitte begnadigen Sie Matthew Reeves und wandeln Sie sein Todesurteil in eine Haftstrafe um.

Sachlage

Matthew Reeves soll am 27. Januar im US-Bundesstaat Alabama hingerichtet werden. Er wurde 1998 zum Tode verurteilt, nachdem er für schuldig befunden worden war, am 26. November 1996 in Selma, Alabama, einen Mann in seinem Pickup-Truck erschossen zu haben. Der heute 43-jährige Matthew Reeves war zum Tatzeitpunkt 18 Jahre alt und befindet sich somit seit 25 Jahren im Todestrakt.

Seit dem Gerichtsverfahren ist nachgewiesen worden, dass Matthew Reeves sich bestenfalls im Grenzbereich der intellektuellen Leistungsfähigkeit befindet. Ein Experte des Bundesstaates hat nach dem Prozess festgestellt, dass der IQ des Todeskandidaten 68 beträgt, was unter der Schwelle zu geistiger Kompetenz liegt. Laut Angaben eines Neuropsychologen, der eigentlich bei dem Gerichtsverfahren hätte aussagen sollen, liegt bei Matthew Reeves eine geistige Behinderung vor.

Die geistige Behinderung des Angeklagten wurde im Gerichtssaal jedoch nie thematisiert, ebenso wie die möglichen Gehirnschäden, die er durch einen Schuss in den Kopf zehn Wochen vor der Tat möglicherweise davongetragen haben könnte. Seine Rechtsbeistände hatten Gelder beantragt, um den Neuropsychologen Dr. G. mit einem Gutachten zu beauftragen, da ihnen laut eigenen Angaben Hunderte Seiten psychologischer und anderer Aufzeichnungen vorlagen, die "außerordentlich sachdienlich" für die Geltendmachung strafmildernder Umstände seien und die sie nur mit Expertenhilfe vorlegen könnten. Das Gericht gab dem Antrag statt, doch die Rechtsbeistände beauftragten weder Dr. G. noch eine_n andere_n Expert_in. Der Neuropsychologe sagte später aus, dass sie "ihn schlicht nie angerufen" hätten. Am Tag der Strafzumessung kontaktierten die Rechtsbeistände eine Psychologin, die vom Gericht damit beauftragt worden war, den geistigen Zustand von Matthew Reeves zum Tatzeitpunkt sowie seine Verhandlungsfähigkeit zu prüfen. Sie hatte ihn nicht auf geistige Behinderung untersucht und hatte vorher kein einziges Mal mit den Rechtsbeiständen gesprochen. Dennoch wurde sie in den Zeugenstand gerufen.

Die gesamte Anhörung zur Strafzumessung dauerte nur 90 Minuten. Die Geschworenen sprachen sich mit zehn zu zwei Stimmen für ein Todesurteil aus. Im Jahr 2006 gab eine_r der Geschworenen in einer eidesstattlichen Erklärung an, dass sich eingangs neun Geschworene für die Todesstrafe und drei dagegen aussprechen wollten. Die Schwelle für die Empfehlung eines Todesurteils durch die Jury lag bei zehn Stimmen. In der eidesstattlichen Erklärung heißt es, dass ein Jurymitglied eine junge Geschworene, die sich in der Abstimmung gegen das Todesurteil ausgesprochen hatte, unter Druck setzte, ihre Stimme zu ändern. Sie ging mit ihr alleine in den Flur. Als beide zurückkamen, "schlug das Jurymitglied vor, noch einmal abzustimmen". Die junge Frau stimmte für ein Todesurteil und das Ergebnis fiel zehn zu zwei aus.

Drei Bundesrichter_innen des zuständigen Berufungsgerichts (11th Circuit Court of Appeals) und vier Richter_innen am Obersten Gerichtshof haben festgestellt, dass die rechtliche Vertretung von Matthew Reeves unzulänglich war. Zudem entsprach das Gerichtsverfahren nicht den internationalen Standards für ein faires Verfahren. 

Seit 2002 ist in den USA die Verhängung von Todesurteilen gegen Menschen mit geistiger Behinderung verfassungsrechtlich verboten. Auch internationale Menschenrechtsnormen und -standards verbieten die Anwendung der Todesstrafe gegen Personen mit geistiger Behinderung "oder extrem eingeschränkter geistiger Kompetenz, egal ob zum Zeitpunkt des Urteilsspruchs oder der Hinrichtung". Laut Völkerrecht müssen zudem alle, denen die Todesstrafe droht, "in allen Prozessphasen Zugang zu angemessener rechtlicher Vertretung" haben, und dies sollte "die Schutzmaßnahmen übersteigen, die auf Fälle angewendet werden, in denen keine Todesurteile verhängt werden". Dieser Standard wurde im Fall von Matthew Reeves nicht eingehalten.

Amnesty International wendet sich in allen Fällen und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, ungeachtet der Schwere und der Umstände einer Tat, der Schuld, Unschuld oder besonderen Eigenschaften des Verurteilten, oder der vom Staat gewählten Hinrichtungsmethode.

Hintergrundinformation

Hintergrund

A state post-conviction hearing was held to consider the claim that the defence representation had been inadequate. Dr G., who had by now reviewed Matthew Reeves’ records and conducted tests, testified that he had an intellectual disability. He had assessed Matthew Reeves’ IQ at 71-73, his intellectual functioning as "significantly subaverage", and his adaptive functioning as showing "significant deficits in multiple areas". Also presented was a psychologist who testified that the jury had also not heard about risk factors in Reeves’ life, including his childhood exposure to domestic violence, guns, and substance abuse. The state presented a psychologist who testified that Reeves had an IQ of 68 and operated in the "borderline range of intellectual ability". The state court rejected the claims of intellectual disability and inadequate representation on the grounds that the trial lawyers had not been called to testify at the hearing. The Alabama Court of Criminal Appeals affirmed. The US Supreme Court declined to intervene, over the dissent of three Justices who wrote that constitutional law relating to ineffective-assistance claims does not require testimony from trial counsel.

The US District Court upheld the death sentence in 2019, emphasising that the federal petition was governed by the 1996 Antiterrorism and Effective Death Penalty Act, requiring federal deference to state court decisions. In 2020, the 11th Circuit Court of Appeals upheld the District Court on its denial of the intellectual disability claim, but reversed it on the ineffective assistance issue, ruling that the trial lawyers’ performance was "deficient"; "the mitigating evidence that counsel failed to obtain and present was powerful" and its absence was "sufficient to undermine confidence in the outcome". However, in 2021, the Supreme Court overturned this without providing Reeves with an opportunity to brief the matter or provide oral argument. Three Justices dissented. Two said that the decision "continues a troubling trend in which this Court strains to reverse summarily any grants of relief to those facing execution". The Court was turning "deference" into "a rule that federal habeas relief is never available to those facing execution".

On 7 January 2022, a federal judge issued an injunction blocking Matthew Reeves’ execution by any method other than nitrogen hypoxia. Alabama had granted those on death row a one-off opportunity to choose this new method, instead of the default method, lethal injection. Matthew Reeves did not fill in the election form, but his lawyers say he would have chosen hypoxia. The judge agreed that because of his cognitive deficits, Matthew Reeves was unable to read and understand the form without assistance, and the failure of officials to provide such assistance was discriminatory on grounds of disability. The judge ruled it would not harm the state to delay the execution until it has developed its nitrogen hypoxia protocol, which is expected by April 2022. The state is appealing the injunction.