Verbleib von Geflüchteten unbekannt

Zeichnung eines Füllfederhalters und einer gewellten Linie

Über den Verbleib der acht aus Nordkorea geflüchteten Personen, die seit Mitte März in China in Gewahrsam gehalten werden, liegen nach wie vor keine offiziellen Informationen vor. Sollten sie nach Nordkorea abgeschoben werden, so drohen ihnen dort Verfolgung und andere schwere Menschenrechtsverletzungen wie willkürliche Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen oder gar die Hinrichtung. Da die Familien keine Informationen über den Gesundheitszustand ihrer Angehörigen in Haft haben, sind sie in großer Sorge.

Appell an

Präsident

XI Jinping

The State Council General Office

2 Fuyoujie, Xichengqu, Beijingshi 100017

VOLKSREPUBLIK CHINA

Sende eine Kopie an

UNHCR-Büro in China

1-2-1, Tayuan Diplomatic Office Building

14 Liangmahe Nan Lu

Beijing 100600

VOLKSREPUBLIK CHINA


Fax: (00 86) 10 6532 1647

Botschaft der Volksrepublik China

S. E. Herrn Mingde Shi

Märkisches Ufer 54

10179 Berlin

Fax: 030-27 58 82 21

Amnesty fordert:

  • Ich bitte Sie, umgehend dafür zu sorgen, dass der Verbleib und der Gesundheitszustand der acht Nordkoreaner_innen umgehend geklärt werden, und stellen Sie sicher, dass sie vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt werden und Zugang zu Rechtsbeiständen ihrer Wahl erhalten und falls erforderlich, medizinisch versorgt werden.
  • Bitte stellen Sie die Abschiebung von Personen nach Nordkorea umgehend ein und schieben Sie auch die acht derzeit von der Rückführung betroffenen Nordkoreaner_innen nicht dorthin ab.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Nordkoreaner_innen, denen der Flüchtlingsstatus zusteht, diesen zugesprochen bekommen und dass sie unverzüglich Zugang zum UNHCR erhalten.

Sachlage

Mitte März 2017 wurden acht Nordkoreaner_innen von der chinesischen Verkehrspolizei angehalten, als sie in Shenyang in der Provinz Liaoning im Nordosten Chinas an der Grenze zu Nordkorea unterwegs waren. Laut Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wurden die acht Personen zur örtlichen Polizeiwache gebracht, weil sie keine gültigen Ausweispapiere vorweisen konnten. Über den Haftort oder den Gesundheitszustand der Nordkoreaner_innen ist seit Mitte Juni nichts mehr bekannt. Damals berichtete ein Geistlicher, dass die acht Personen nach wie vor auf der Polizeiwache in Gewahrsam gehalten werden und in Gefahr sind, nach Nordkorea abgeschoben zu werden.

Unter den acht Nordkoreaner_innen befinden sich auch zwei Frauen, die eigenen Angaben zufolge an chinesische Männer verkauft und von diesen mit Schlägen misshandelt worden waren. Zwei weitere Frauen hatten Verletzungen erlitten, konnten aber nicht in einem Krankenhaus behandelt werden, weil ihr Aufenthaltsstatus in China ungeklärt war.

China betrachtet Nordkoreaner_innen ohne regulären Aufenthaltsstatus grundsätzlich als Wirtschaftsmigrant_innen und nicht als Asylsuchende und führt sie nach Nordkorea zurück, wenn sie aufgegriffen werden. Obwohl China Vertragsstaat der UN-Flüchtlingskonvention ist, verweigern die chinesischen Behörden dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) den Zugang zu den nordkoreanischen Flüchtlingen im Land.

Menschen, die Nordkorea ohne Genehmigung verlassen haben, drohen bei einer Rückführung oft Inhaftierung, Folter und andere Misshandlungen, darunter auch Zwangsarbeit, und in manchen Fällen sogar die Hinrichtung. Laut einem Bericht der Vereinten Nationen aus dem Jahr 2014 wurden einige zurückgeführte Frauen in Hafteinrichtungen Folter und anderen Formen der Misshandlung ausgesetzt, so wurden in Hafteinrichtungen gegen ihren Willen Schwangerschaftsabbrüche bei ihnen vorgenommen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Im Februar 2014 legte die UN-Untersuchungskommission für Menschenrechte in Nordkorea ihren Bericht vor, der dokumentiert, dass in Nordkorea systematisch weitreichende und schwere Menschenrechtsverletzungen begangen werden. Zahlreiche Personen bzw. Familien fliehen aus Nordkorea, um politischer oder religiöser Verfolgung zu entkommen. Oft haben sie auf der verzweifelten Suche nach Nahrung und Arbeit keine andere Wahl, als die Grenze zu China auf illegale Weise zu überqueren.

Seit der Amtsübernahme von Kim Jong-un im Dezember 2011 sind die Grenzkontrollen Berichten zufolge verschärft worden. Personen, die das Land unerlaubt verlassen, werden moralisch scharf verurteilt, und die nordkoreanische Regierung droht ihnen harte Strafen an. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen an der Grenze haben zwar dafür gesorgt, dass seit 2012 weniger Menschen die Grenze passieren, aber die Grenzübertritte finden immer noch statt.

Der Grundsatz der Nicht-Zurückweisung (Non-Refoulement) ist in der Genfer Flüchtlingskonvention festgeschrieben, deren Vertragsstaat China ist. Auch viele weitere internationale Menschenrechtsinstrumente, denen China unterliegt, untersagen die direkte oder indirekte Rückführung von Personen in ein Land, in dem ihnen schwere Menschenrechtsverletzungen oder -verstöße drohen. Das Prinzip des Non-Refoulement ist nach dem Völkergewohnheitsrecht für alle Staaten bindend. Hierbei spielt es keine Rolle, ob die betroffenen Staaten relevante Abkommen ratifiziert haben oder nicht. Amnesty International ist der Ansicht, dass allen Nordkoreaner_innen in China der Flüchtlingsstatus zusteht, da ihnen bei einer Rückführung nach Nordkorea schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.