Venezuela: Gefangenen wird die medizinische Versorgung verweigert

Das Bild zeigt das Porträtbild einer lächelnden Frau

Emirlendris Benítez ist seit 2018 in Venezuela willkürlich inhaftiert (undatiertes Foto).

Am 19. Februar 2024 wurde Juan Carlos Marrufo ohne Vorankündigung in das Gefängnis Rodeo I im venezolanischen Bundesstaat Miranda verlegt, fast drei Jahre nach seiner politisch motivierten willkürlichen Inhaftierung. Obwohl sich sein Gesundheitszustand verschlechtert, verweigern ihm die Behörden nach wie vor Untersuchungen und Behandlungen. María Auxiliadora Delgado, die mit Juan Carlos verheiratet ist und ebenfalls seit dem 19. März 2019 willkürlich festgehalten wird, benötigt sofortige medizinische Untersuchungen. Emirlendris Benitez, die im August 2018 willkürlich festgenommen wurde, leidet an Beschwerden, die auf die Folter zurückzuführen sind, der sie ausgesetzt war. Sie benötigt eine sofortige Operation.

Appell an

Presidente de la República Bolivariana de Venezuela
Nicolás Maduro
Edificio Palacio de Miraflores
Avenida Urdaneta
Caracas
VENEZUELA

Sende eine Kopie an

Botschaft der Bolivarischen Republik Venezuela
S.E. Herrn Ramon Orlando Maniglia Ferreira
Schillstraße 10
10785 Berlin

Fax: 030 – 83 22 40 20
E-Mail: embavenez.berlin@botschaft-venezuela.de

Amnesty fordert:

Sachlage

Die Behörden, die für das Leben und die Sicherheit aller Inhaftierten in Venezuela verantwortlich sind, dürfen den Gefangenen nicht länger die medizinische Versorgung vorenthalten. Die Verweigerung der medizinischen Versorgung für Emirlendris Benítez, Juan Carlos Marrufo und María Auxiliadora Delgado ist inakzeptabel und verletzt ihre Menschenrechte. Alle drei benötigen dringend ärztliche Hilfe, die ihnen die Behörden unverzüglich gewähren müssen.

Emirlendris Benítez ist Mutter und Geschäftsfrau; sie hätte niemals inhaftiert, geschweige denn zu einer 30-jährigen Haftstrafe verurteilt werden dürfen. Sie hat seit ihrer Inhaftierung im August 2018 eine Vielzahl schwerer Menschenrechtsverletzungen erlebt, darunter willkürliche Inhaftierung, Folter, geschlechtsspezifische Gewalt, Diskriminierung, ein unfaires Gerichtsverfahren und unmenschliche Haftbedingungen. Als Folge all dieser Menschenrechtsverletzungen muss sie dringend operiert werden, um einen potenziell lebensbedrohlichen Gesundheitszustand zu behandeln. Es liegt in der Macht des Präsidenten, ihre medizinische Behandlung sicherzustellen und irreversible gesundheitliche Schäden auszuschließen.

María Auxiliadora Delgado und Juan Carlos Delgado sind seit etwa drei Jahren zu Unrecht inhaftiert. Beide benötigen dringend medizinische Untersuchungen, um gesundheitliche Beschwerden zu diagnostizieren und zu behandeln, die ihre Sicherheit und möglicherweise auch ihr Leben gefährden. Ihre Festnahme erfolgte am 19. März 2019 durch Angehörige der militärischen Spionageabwehr (Dirección General de Contrainteligencia Militar – DGCIM). Sie sind Opfer willkürlicher Inhaftierungen und unmenschlicher Haftbedingungen und wurden ihrer Pläne, eine Familie zu gründen, beraubt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die Venezolanerin Emirlendris Benítez ist eine Geschäftsfrau und Mutter und hat mehrere Geschwister. Am 5. August 2018 wurde sie mithilfe konstruierter Vorwürfe willkürlich inhaftiert. Die Behörden brachten sie fälschlicherweise mit Gewalttaten in Verbindung, die gegen hochrangige Politiker*innen in Venezuela verübt worden waren. Für diese Anschuldigung gibt es keine Beweise, und Emirlendris Benítez hat immer wieder erklärt, dass sie daran nicht beteiligt war. In der Haft wurde sie gefoltert. Zu diesem Zeitpunkt war sie schwanger. Einige Wochen nach ihrer Festnahme wurde sie gewaltsam in eine medizinische Einrichtung gebracht, wo ihre Schwangerschaft ohne ihr Wissen und ihre Zustimmung beendet wurde. Die Folter, der sie ausgesetzt war, führte dazu, dass sie langfristig auf einen Rollstuhl angewiesen ist, um mobil zu sein. Im Jahr 2022 verurteilte sie ein parteiisches Gericht in einem politisch motivierten Verfahren zu einer 30-jährigen Haftstrafe. Emirlendris Benítez hätte gar nicht erst inhaftiert werden dürfen, da davon auszugehen ist, dass die Vorwürfe politisch motiviert sind. Das drakonische Urteil gegen sie sollte aufgehoben und sie muss unverzüglich freigelassen werden.

Juan Carlos Marrufo und María Auxiliadora Delgado sind ein Ehepaar mit spanischer bzw. italienischer Staatsangehörigkeit. Zum Zeitpunkt ihrer Festnahme hatten sie beschlossen, sich einer künstlichen Befruchtung zu unterziehen. Ihre einzige Verbindung zu Straftaten scheint sich darauf zu beschränken, dass María Auxiliadora die Schwester eines pensionierten Militärangehörigen ist, der an einem Anschlag auf Nicolás Maduro beteiligt gewesen sein soll. Juan Carlos Marrufo und María Auxiliadora Delgado sind nicht nur Opfer willkürlicher Inhaftierung, sondern wurden auch ihrer Pläne beraubt, Kinder zu bekommen. Während sich María Auxiliadora weiterhin im Gewahrsam der DGCIM in deren Haftanstalt in Boleíta in der venezolanischen Hauptstadt Caracas befindet, wurde Juan Carlos ohne Vorankündigung in das Gefängnis Rodeo I im Bundesstaat Miranda verlegt. Beide benötigen sofortige medizinische Untersuchungen und Behandlungen.

Ihre Inhaftierung ist kein Einzelfall. Vielmehr ist ihr Fall ein Beispiel dafür, wie in Venezuela Personen, die als regierungskritisch gelten, systematisch willkürlich inhaftiert und zur Zielscheibe weiterer Völkerrechtsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen gemacht werden, was als Verbrechen gegen die Menschlichkeit gelten könnte. Zu den weiteren willkürlich inhaftierten Personen gehören der Menschenrechtsverteidiger und gewaltlose politische Gefangene Javier Tarazona, der seit Juli 2021 festgehalten wird, und die Menschenrechtsverteidigerin Rocío San Miguel, die fünf Tage dem Verschwindenlassen zum Opfer gefallen war und seit dem 9. Februar 2024 in Haft ist.

Mitglieder von zivilgesellschaftlichen Organisationen werden systematisch von Vertreter*innen der Regierungsbehörden bedroht. Die Regierung unter Nicolás Maduro fährt eine repressive und auf Schikane, Strafverfolgung und Zensur beruhende Linie gegen Aktivist*innen und zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich für den Schutz der Rechte der Venezolaner*innen einsetzen. In Venezuela herrscht derweil eine komplexe humanitäre und menschenrechtliche Krise, die dazu geführt hat, dass so viele Menschen wie nie zuvor das Land verlassen haben, um im Ausland Schutz zu suchen. Bis November 2023 waren mehr als 7,72 Millionen Menschen aus Venezuela geflohen. Das entspricht mehr als 25 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Seit 2020 konnte die unabhängige internationale Ermittlungsmission für die Bolivarische Republik Venezuela in drei Berichten zahlreiche seit 2014 begangene Menschenrechtsverletzungen ausführlich dokumentieren, darunter außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen, willkürliche Inhaftierungen sowie Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafen. Die Berichte kommen zu dem Schluss, dass die Regierung das Rechtssystem als Instrument der Unterdrückung missbraucht hat und dass die dadurch begangenen schweren Menschenrechtsverletzungen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommen könnten.