Zeitungsredakteur ohne Anklage in Haft!

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Am 15. Juli zerrten Angehörige des südsudanesischen Geheimdienstes NSS den 40-jährigen Zeitungsredakteur Michael Rial Christopher aus einem Flugzeug nach Kenia. Seitdem ist er willkürlich in Juba inhaftiert. Er wird in der NSS-Zentrale, dem sogenannten Blue House, festgehalten.

Appell an

Salva Kiir Mayardit

Office of the President

Presidential Palace

Juba

Südsudan

 

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Südsudan

I. E. Frau Beatrice Khamisa Wani Noah

Leipziger Platz 8

10117 Berlin

Fax: 030 – 206 445 919

E-Mail: info@embassy-southsudan.de

 

Amnesty fordert:

  • Bitte stellen Sie sicher, dass Michael Rial Christopher entweder der Polizei übergeben, vor Gericht gebracht und einer als Straftat erkennbaren Handlung nach dem Völkerrecht und internationale Standards angeklagt oder umgehend freigelassen wird.
  • Sorgen Sie bitte dringend dafür, dass er in Haft weder gefoltert noch anderweitig misshandelt wird.
  • Bitte sorgen Sie auch dafür, dass Michael Rial Christopher regelmäßigen Zugang zu seiner Familie und den Rechtsbeiständen seiner Wahl sowie die benötigte medizinische Versorgung durch qualifizierte Ärzt_innen erhält.

 

Sachlage

Michael Rial Christopher ist Chefredakteur der Tageszeitung Al-Watan. Am 15. Juli 2019 wurde der Südsudanese vom Geheimdienst NSS in Juba willkürlich festgenommen, kurz nachdem er ein Flugzeug nach Nairobi, Kenia, bestiegen hatte. Er befindet sich aktuell ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand in der NSS-Zentrale, dem Blue House, in Haft. Nach Angaben eines Angehörigen wurde Michael Rial Christopher nicht über etwaige gegen ihn anhängige Klagen informiert.

Im Januar 2019 war Al-Watan nach der Veröffentlichung eines Meinungsartikels, in dem Michael Rial Christopher sich für die Proteste im Sudan ausgesprochen hatte, von der Medienbehörde und dem NSS davor gewarnt worden, weiter über die regierungsfeindlichen Proteste zu berichten. Nachdem er Morddrohungen erhalten hatte, die seines Erachtens von Angehörigen des NSS stammten, floh Michael Rial Christopher im Januar 2019 vorübergehend aus dem Südsudan, kehrte im Februar jedoch ins Land zurück. Im März 2019 musste Al-Watan auf Anordnung der Behörden schließen. Der Zeitung wurde vorgeworfen, ohne Genehmigung tätig gewesen zu sein – ein Vorwurf, den Michael Rial Christopher zurückweist.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Seit im Dezember 2013 der bewaffnete Konflikt im Südsudan ausgebrochen ist, wurden bereits mehrere Hundert Menschen, überwiegend Männer, im Auftrag des südsudanesischen Nationalen Geheimdienstes NSS und des Militärgeheimdienstes in verschiedenen über die Hauptstadt Juba verteilten Hafteinrichtungen inhaftiert.

Amnesty International hat zahlreiche willkürliche Inhaftierungen des NSS dokumentiert. In mehreren Hafteinrichtungen sind die Gefangenen Folter und anderen Misshandlungen ausgesetzt – einige werden ohne Kontakt zur Außenwelt und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand oder Familienangehörigen festgehalten. Andere sind Opfer des Verschwindenlassens geworden.

In der Zentrale des NSS (Blue House) im Stadtteil Jebel werden Inhaftierte brutal geschlagen, vornehmlich während ihrer Verhöre oder als Form der Bestrafung. Aufgrund der schlechten Haftbedingungen und des unzureichenden Zugangs zu medizinischer Versorgung verschlechtert sich der gesundheitliche Zustand der Gefangenen häufig. Die südsudanesischen Behörden setzen seit dem Ausbruch des Konflikts im Dezember 2013 häufig willkürliche Inhaftierungen, Verschwindenlassen sowie Folter und andere Formen der Misshandlung ein.

Das politische Klima im Südsudan lässt keine Kritik an der Regierung und ihrer Politik zu. Es kommt zu Einschüchterungen, Schikane und Inhaftierung von zivilgesellschaftlich engagierten Personen, Menschenrechtsverteidiger_innen und unabhängigen Journalist_innen. Dies wiederum erzeugt ein Klima der Selbstzensur in den Medien und bei Menschenrechtsverteidiger_innen; die Menschen fühlen sich durch die engmaschige staatliche Überwachung nicht mehr in der Lage, frei und offen über den Konflikt und die Menschenrechtssituation im Land zu sprechen