Professor wegen Facebook-Post entlassen

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A.K.M. Wahiduzzaman, Assistenzprofessor an der Nationalen Universität von Bangladesch, wurde am 2. September 2020 willkürlich entlassen. Ihm werden "beleidigende" und "unsittliche" Bemerkungen über die Premierministerin Sheikh Hasina und ihre Familie in Facebook-Beiträgen zur Last gelegt. Der Professor befindet sich seit Mai 2016 aus Angst, strafrechtlich verfolgt zu werden, im freiwilligen Exil. Die bangladeschische Polizei hatte unter Paragraf 57 des drakonischen Informations- und Kommunikationstechnologiegesetzes wegen des Facebook-Beitrags Ermittlungen gegen ihn eingeleitet. Bei einer Verurteilung drohen ihm sieben Jahre Haft.

Appell an

President

Mr. Abdul Hamid

People’s Republic of Bangladesh


President’s Office

Bangabhaban, Dhaka-1000

BANGLADESCH

Sende eine Kopie an

Botschaft der Volksrepublik Bangladesch

Herrn M Murshidul Huq Khan

Geschäftsträger a.i.


Kaiserin-Augusta-Allee 111

10553 Berlin


Fax: 030–39 89 75 10

E-Mail: info.berlin@mofa.gov.bd

 

Amnesty fordert:

  • Nehmen Sie bitte die Kündigung von A.K.M. Wahiduzzaman umgehend zurück und stellen Sie ihn wieder ein.
  • Bitte lassen Sie die Anklagen gegen ihn und alle anderen Personen fallen, die nur aufgrund der Wahrnehmung ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung strafrechtlich verfolgt werden.
  • Heben Sie das Gesetz über die Digitale Sicherheit auf, es sei denn, es wird umgehend reformiert, um mit dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (IPbpR), zu deren Vertragsstaaten Bangladesch gehört, in Einklang zu sein.
  • Sorgen Sie bitte auch dafür, dass die Rechte auf freie Meinungsäußerung und akademische Freiheit vollumfänglich respektiert, geschützt und eingehalten werden.

Sachlage

A.K.M. Wahiduzzaman, ein Assistenzprofessor für Geografie an der Nationalen Universität von Bangladesch, wurde entlassen, weil er sich auf Facebook über die bangladeschische Premierministerin Sheikh Hasina und ihre Familie geäußert hat. Bereits 2013 war er wegen des Facebook-Beitrags festgenommen und von der Universität suspendiert worden. Am 3. März 2014 eröffnete die Polizei unter Paragraf 57 des drakonischen Informations- und Kommunikationstechnologiegesetzes (Information and Communication Technology Act - ICT) einen neuen Verleumdungsfall gegen ihn.

Am 2. September 2020, sieben Jahre später, wurde der Professor endgültig aus dem Dienst entlassen. Diese Entscheidung verletzt nicht nur das Recht auf freie Meinungsäußerung von A.K.M. Wahiduzzaman, sondern ist auch ein Verstoß gegen das universitätseigene Reglement. Die Universitätsbehörden können Angestellte nicht aufgrund einer Angelegenheit entlassen, zu der noch ein Gerichtsverfahren anhängig ist und ohne den Beschuldigten die Möglichkeit zu geben, sich selbst zu verteidigen. Ein solches Vorgehen einer staatlichen Institution zeigt fehlende Transparenz und Verantwortlichkeit und spricht A.K.M. Wahiduzzaman das Recht auf ein ordnungsgemäßes Gerichtsverfahren ab.

Leider ist dies kein Einzelfall. Dieses Vorgehen scheint beispielhaft für ein gefährliches Muster der Unterdrückung von Akademiker_innen in Bangladesch zu sein. Morshed Hasan Khan ist ein anderer Professor, der kürzlich von der Universität Dhaka entlassen wurde, weil er seine Meinung in einer Zeitung veröffentlicht hatte. Zwei weitere Lehrbeauftragte werden im Rahmen des Gesetzes über die Digitale Sicherheit beschuldigt, auf Facebook Beiträge geteilt zu haben, die Politiker_innen der Awami-Liga als kritisch eingestuft hatten.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Am 10. September 2020 erfuhr A.K.M. Wahiduzzaman zum ersten Mal in einer Pressemitteilung der staatlichen Nationalen Universität von Bangladesch von seiner Kündigung. Dort stand, dass ihm gekündigt wird, weil er sich auf Facebook über die Premierministerin Sheikh Hasina und ihre Familie geäußert hatte. Im Rundschreiben wurde bekanntgegeben, dass das Syndikat der Universität die Entscheidung am 2. September getroffen hatte. Die Vorwürfe lauteten "Vernachlässigung der Pflichten", "Fehlverhalten", "Flucht" und "Betrug" gemäß Punkt 4 des Universitätsreglements.

"Es war mir nicht bewusst, dass die [Universitätsbehörden] diese Anschuldigungen gegen mich erhoben hatten und ich habe keine Gelegenheit erhalten, mich dazu zu äußern", sagte A.K.M. Wahiduzzaman.

Seine Kündigung verstößt gegen das Reglement der Universität. Darin ist unter Punkt 8 festgeschrieben, dass die Behörden ihm das Recht geben müssen, sich selbst zu verteidigen. In der Pressemitteilung der Universität wird seine Kündigung mit einem Facebook-Beitrag in Verbindung gebracht, aufgrund dessen er unter Paragraf 57 des drakonischen Informations- und Kommunikationstechnologiegesetzes angeklagt worden war. Das Vorgehen der Behörden verletzt auch Punkt 16 des Reglements der Nationalen Universität, der besagt, dass sämtliche Strafen ausgesetzt werden müssen, bis eine Angelegenheit gerichtlich verhandelt wird.

Im Falle einer Verurteilung drohen dem Professor mindestens sieben Jahre Haft. Die vage formulierten Klauseln ermächtigen die Behörden, Menschen "im Sinne der Souveränität, Integrität oder Sicherheit von Bangladesch" oder bei der Vermutung, dass sie "den Ruf des Staates schädigen" oder "religiöse Gefühle verletzen", zu verfolgen.

Zurzeit befindet sich A.K.M. Wahiduzzaman im Selbst-Exil aus Angst, verfolgt zu werden. Er teilte Amnesty International mit, dass er kein Schreiben der Universität erhalten hatte, um sich selbst zu verteidigen - weder an seiner aktuellen noch an seiner dauerhaften Adresse in Bangladesch.

Die Kündigung von A.K.M. Wahiduzzaman deutet auf ein besorgniserregendes Schema der Unterdrückung von Lehrenden an öffentlichen Universitäten hin, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung ausüben. Am 9. September 2020 wurde Morshed Hasan Khan, Professor an der Universität Dhaka entlassen, weil er 2018 einen Text geschrieben hatte und die darin geäußerten Ansichten laut den Universitätsbehörden "die Geschichte des Befreiungskrieges verdrehen" und "den Gründungsvater der Nation, Scheich Mujibur Rahman verleumden".

Das Gesetz über die Digitale Sicherheit wurde im Oktober 2018 eingeführt und löste das Informations- und Kommunikationstechnologiegesetz ab. Es erweitert das frühere Gesetz insofern, als dass es das Recht auf freie Meinungsäußerung weiter einschränkt und den Sicherheitsapparat bestärkt, das Recht auf Privatsphäre in digitalen Plattformen und den Sozialen Medien einzuschränken.

Im Juni 2020 wurden zwei weitere Lehrende an öffentlichen Universitäten, Kazi Jahidur Rahman der Universität Rajshahi und Sirajum Munira der Universität Begum Rokeya, unter dem drakonischen Gesetz über die Digitale Sicherheit angeklagt. Sie hatten sich kritisch über Mohammad Nasim, einen ranghohen Politiker der Regierungspartei Awami-Liga, geäußert, der im selben Monat gestorben war.