Jordanien: drohendes Verfahren wegen Facebook-Post

Das Bild zeigt das Porträtbild eine Mannes

Der jordanische Aktivist Ayman Sanduka (undatiertes Foto)

Am 21. Dezember 2023 nahmen Angehörige der Sicherheitskräfte Ayman Sanduka, einen Mathematikprofessor und politischen Aktivisten, im Zusammenhang mit einem Facebook-Post vom Oktober 2023 fest. In dem an den König gerichteten Post hatte er die diplomatischen Beziehungen Jordaniens zu Israel kritisiert. Am 12. Februar 2024 wurde Ayman Sanduka von der Staatsanwaltschaft am Staatssicherheitsgericht (SCC), einem außerordentlichen Militärgericht, wegen "Anstiftung zum Widerstand gegen das politische Regime" gemäß Paragraf 149 des Strafgesetzbuchs angeklagt. Ayman Sandukas nächste Anhörung vor dem SSC ist für den 26. März anberaumt. Die jordanischen Behörden müssen alle Anklagen gegen Ayman Sanduka fallen lassen und ihn unverzüglich und bedingungslos auf freien Fuß setzen, da seine Strafverfolgung allein auf der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung beruht.

Appell an

His Majesty 
King Abdullah II ibn Al-Hussein
Royal Hashemite Court
Amman
JORDANIEN

Sende eine Kopie an

Botschaft des Haschemitischen Königreiches Jordanien
S.E. Herrn Yousef Radwan Ali Bataineh
Heerstr. 201
13595 Berlin

Fax: 030-3699 6011
E-Mail: jordan@jordanembassy.de


 

Amnesty fordert:

  • Hiermit fordere ich Sie auf, dafür zu sorgen, dass das Königreich Jordanien nicht gegen internationale Menschenrechtsnormen verstößt und Ayman Sanduka unverzüglich und bedingungslos freigelassen wird. Alle Anklagen gegen ihn müssen fallen gelassen werden, da sie allein auf seiner legitimen Meinungsäußerung im Internet beruhen. Stellen Sie bis zu seiner Freilassung sicher, dass er in der Haft nicht gefoltert oder anderweitig misshandelt wird und dass er Zugang zu jeder nötigen medizinischen Versorgung erhält.

Sachlage

Der Mathematikprofessor und politische Aktivist Ayman Sanduka ist wegen der Ausübung seines Rechts auf freie Meinungsäußerung vor dem Staatssicherheitsgericht (SSC) angeklagt.

Ayman Sanduka wurde ursprünglich am 18. Dezember 2023 von der Staatsanwaltschaft vorgeladen, weil er in Facebook-Posts pro-palästinensische Ansichten geäußert hatte, darunter einen Aufruf zum Generalstreik zur Unterstützung des Gazastreifens. Am 24. Januar 2024 verurteilte ein Strafgericht Ayman Sanduka wegen "Verleumdung einer offiziellen Institution" unter dem neuen Gesetz gegen Internetkriminalität zu einer dreimonatigen Haftstrafe.

Am 21. Dezember 2023 hat die Staatsanwaltschaft des Staatssicherheitsgerichts Ayman Sanduka vorgeladen und inhaftiert, weil er im Oktober auf Facebook einen an den König adressierten Brief gepostet hatte, in dem er die diplomatischen Beziehungen Jordaniens zu Israel kritisierte. Seinem Rechtsbeistand zufolge wurde Ayman Sanduka am 23. Januar 2024 vom Marka-Gefängnis in Amman ins Gefängnis Al-Failah verlegt. Dieses befindet sich in 300 km Entfernung zu seinem Heimatort, was Familienbesuche sehr schwierig macht. Außerdem wurde er von Sicherheitskräften verbal gedemütigt und während seiner Verlegung sehr fest an Händen und Füßen gefesselt. Am 12. Februar 2024 wurde Ayman Sanduka von der Staatsanwaltschaft am Staatssicherheitsgericht zusätzlich wegen "Anstiftung zum Widerstand gegen das politische Regime" gemäß Paragraf 149 des Strafgesetzbuchs angeklagt. Ayman Sandukas nächste Anhörung vor dem SSC ist für den 26. März anberaumt. Das SSC ist ein Militärgericht, das die internationalen Standards der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nicht erfüllt. Es wird häufig dazu benutzt, Zivilpersonen strafrechtlich zu verfolgen und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen, was einen Verstoß gegen das Völkerrecht darstellt.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Die jordanischen Behörden bedienen sich des Staatssicherheitsgerichts (SCC), eines außerordentlichen Militärgerichts, um die Rechte auf Meinungs-, Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zu unterdrücken. Das jordanische Antiterrorgesetz von 2006 wurde 2014 geändert, um die Definition von Terrorismus auf Handlungen wie die "Störung der Beziehungen zu einem ausländischen Staat", die bereits im Strafgesetzbuch unter Strafe gestellt ist, und die "Störung der öffentlichen Ordnung" auszuweiten. Diese Änderungen ermöglichten es der Justiz, friedlichen Menschenrechtsaktivismus als terroristische Handlung zu kriminalisieren und diese dann vor dem SSC verhandeln zu lassen, was zu langen Haftstrafen führt. Darüber hinaus stellt das Strafgesetzbuch jede Handlung unter Strafe, die "das politische Regime untergräbt oder zur Opposition gegen dieses Regime aufruft". Diese Bestimmungen werden vom SCC und den Sicherheitsbehörden häufig eingesetzt, um Aktivist*innen wegen Straftaten im Zusammenhang mit getätigten Äußerungen festzunehmen und anzuklagen.

Seit Oktober 2023 gehen die jordanischen Behörden noch schärfer gegen pro-palästinensische Aktivist*innen vor und stützen sich dabei auf vage und zu weit gefasste strafrechtliche Bestimmungen wie das Gesetz zur Verhinderung von Straftaten, das Strafgesetzbuch von 1960 und das kürzlich geänderte Gesetz zur Internetkriminalität. Mindestens 1.000 Personen, Demonstrierende wie Umstehende, wurden zwischen Oktober und November 2023 innerhalb eines Monats bei Protesten zur Unterstützung des Gazastreifens in Amman festgenommen. Bis Februar 2024 belief sich die Zahl der Festnahmen im Zusammenhang mit den pro-palästinensischen Demonstrationen auf mehr als 2.000.

Das scharfe Vorgehen der jüngsten Zeit ist Teil einer gängigen Praxis, mit der in Jordanien die Rechte auf friedliche Versammlung und freie Meinungsäußerung durch die Anwendung repressiver Gesetze unterdrückt werden. Bei einem Besuch in Jordanien im September 2023 hat Amnesty International die strafrechtliche Verfolgung von neun Aktivist*innen, Journalist*innen und anderen Personen dokumentiert. Sie hatten das Verhalten und die Politik der Behörden kritisiert, Diskussionen über Themen, die von den Behörden als "heikel" eingestuft wurden, organisiert und zu regierungsfeindlichen Protesten aufgerufen. 2023 haben die Behörden, darunter die Sicherheitskräfte und die Zivil- und Militärgerichte, unter Anwendung missbräuchlicher und vager Gesetze wie dem Gesetz über Cyberkriminalität von 2015, dem Antiterrorgesetz und dem Strafgesetzbuch von 1960 wegen online gemachter Äußerungen gegen 43 Personen ermittelt oder diese strafrechtlich verfolgt.