Indigene weiter durch Covid-19 bedroht

Ein Fluss in einer Waldlandschaft

Der Amazonas im Gebiet der indigenen Gruppe der Kichwa in Ecuador, 2020

Im August informierte die Regierung von Ecuador die indigene Bevölkerung des Landes über eine nationale Richtlinie für den Umgang mit COVID-19. Indigenen- und Menschenrechtsorganisationen im Amazonas kritisieren, dass keine angemessene Konsultation mit den Betroffenen stattgefunden habe und ihre Forderungen nicht berücksichtigt worden seien. Außerdem seien sie aus den Notfallplanausschüssen ausgeschlossen worden, die die Richtlinien umsetzen sollen. Die Regierung muss sicherstellen, dass die indigene Bevölkerung im ecuadorianischen Amazonasgebiet an den Entscheidungsprozessen zum Umgang mit COVID-19 beteiligt wird, und garantieren, dass ausreichende finanzielle Mittel dafür zur Verfügung stehen und die Recht und Erfordernisse der Betroffenen respektiert werden.

Appell an

Präsident

Lenín Moreno

Presidencia de la República del Ecuador

García Moreno N10-43 entre Chile y Espejo

170401, Quito


ECUADOR

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Ecuador

S.E. Herrn Manuel Antonio Mejia Dalmau

Joachimstaler Straße 12

10719 Berlin

Fax: 030 - 800 969 699


E-Mail: info@ecuadorembassy.de

Amnesty fordert:

  • Bitte stellen Sie sicher, dass die indigene Bevölkerung im Amazonasgebiet an den nationalen und regionalen Entscheidungsstrukturen zur Bekämpfung von COVID-19 mit eigenen Vertreter_innen beteiligt wird, dass die Maßnahmen die Rechte und Erfordernisse der Indigenen berücksichtigen und die Programme ausreichend finanziert werden.
  • Ich bitte Sie außerdem, dafür zu sorgen, dass jede politische oder anderweitige Maßnahme, die die indigenen Gemeinschaften betrifft, menschenrechtliche Standards einhält, darunter das Prinzip der freiwilligen, vorherigen und in Kenntnis der Sachlage erteilten Zustimmung.

Sachlage

Nach Angaben von Indigenen- und Menschenrechtsorganisationen hat es im Vorfeld der im August unter der indigenen Bevölkerung bekanntgegebenen Richtlinien für die Verhinderung und Behandlung von COVID-19 keinen angemessenen Konsultationsprozess gegeben, und die Anforderungen der Indigenen wurden nicht berücksichtigt. In den Notfallplanausschüssen, die die Richtlinien umsetzen sollen, sind die Indigenen nicht vertreten.

Die indigene Bevölkerung im ecuadorianischen Amazonasgebiet ist im Kontext der Pandemie in erhöhter Gefahr durch den Mangel an Trinkwasser, Nahrungsmitteln, medizinischer Versorgung, Gesundheitsleistungen und Covid-19-Tests. Verursacht wurde dieser Mangel durch seit langem bestehende Ungleichbehandlung, Diskriminierung und Exklusion.

Hintergrundinformation

Hintergrund

An einem nicht näher spezifizierten Datum im August hat die Regierung von Ecuador eine Richtlinie für die Verhütung und Behandlung von COVID-19 bei indigenen, afro-ecuadorianischen und Montubio-Bevölkerungsgruppen bekanntgemacht, mit dem Ziel, "Vorgehensweisen für die Koordination zwischen Institutionen, Bereichen und den Akteur_innen, die in den Territorien der Völker und Nationalitäten Ecuadors präsent sind, zu entwickeln, um eine koordinierte Antwort mit interkultureller Relevanz auf den durch COVID-19 verursachten Notstand zu liefern."

In dem Dokument heißt es, es sei von verschiedenen Vertreter_innen der Regierung mit Unterstützung der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation erarbeitet und von Mitgliedern der Konföderation der Indigenen Nationen des Ecuadorianischen Amazonasgebiets (CONFENIAE) und der Konföderation der Völker der Kichwa-Nationalität von Ecuador (ECUARUNARI) "validiert" worden. Der "Anhang mit Beiträgen und Empfehlungen der Delegierten von Gemeinschaften, Völkern und Nationalitäten" trägt das Datum 24. Juli 2020.

Aufgrund der unzureichenden Reaktion der staatlichen Stellen auf COVID-19 haben Organisationen wie die Konföderation der Indigenen Nationen des Ecuadorianischen Amazonasgebiets (CONFENIAE), Amazon Watch, Amazon Frontlines, Fundación ALDEA und die Hochschule Universidad San Francisco de Quito Maßnahmen eingeleitet, um COVID-19-Fälle unter der indigenen Bevölkerung im Amazonasgebiet von Ecuador zu identifizieren und zu behandeln. Sie stellen Tests zur Verfügung, liefern kulturell angemessene Informationen, stellen Schutzkleidung, Hygieneprodukte und Grundbedarfsmedikamente zur Verfügung und haben eine Internetseite entwickelt, um Entwicklungen der Pandemie zu verfolgen und Ansteckungsherde zu identifizieren.

Am 19. August meldeten diese Organisationen im Zusammenhang mit COVID-19 insgesamt 3.303 Infektionen (2.301 bestätigte Fälle und 1.002 Verdachtsfälle) und 80 Todesfälle (35 bestätigt und 45 vermutet) unter der indigenen Bevölkerung im ecuadorianischen Amazonasgebiet, die insgesamt 290.000 Angehörige zählt. Da es keine ausreichenden Testmöglichkeiten gibt, sind die genauen Zahlen wahrscheinlich wesentlich höher. Laut Angaben der genannten Organisationen gibt es keine indigene Gruppe im Amazonasgebiet Ecuadors, in der es keinen COVID-19-Fall gibt.

Am 18. Juni haben die Justizbehörden im Kontext der COVID-19-Pandemie Schutzmaßnahmen für das indigene Volk der Waorani angeordnet, darunter die Testung von verdächtigen Infektionsfällen, Gesundheitspersonal und medizinisches Zubehör, humanitäre Hilfe und die Einschränkung von unternehmerischen Aktivitäten auf dem Siedlungsgebiet der Indigenen. Laut Angaben von Indigenen- und Menschenrechtsorganisationen setzen die staatlichen Stellen diese Vorgaben jedoch nicht vollständig um.

Zur Pandemie kommt erschwerend hinzu, dass am 7. April ein Leck im Transecuadorianischen Pipelinesystem SOTE und der Rohölpipeline OCP die Flüsse Coca und Napo verseuchte. Dies verschmutzte die Umwelt, das Wasser, die Nahrungsmittel und Lebensgrundlage von fast 120.000 Menschen, von denen 27.000 Indigene, überwiegend Kichwa und Shuar, sind.