Amnesty Report 02. Juni 2016

Tansania 2016

 

Das Jahr stand ganz im Zeichen der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen, die im Oktober 2015 stattfanden. Berichte über die schleppende Registrierung der Wähler in einem biometrischen Wählerregister ließen die Sorge aufkommen, Bürger könnten an der Abgabe ihrer Stimme gehindert werden. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wurde durch neu eingeführte gesetzliche Richtlinien eingeschränkt. Es kam weiterhin zu Menschenrechtsverstößen - einschließlich Tötungen und Folter - gegen marginalisierte Bevölkerungsgruppen und Minderheiten. Die Verantwortlichen blieben dabei meist straffrei.

Hintergrund

Die seit langem versprochene Volksabstimmung über die neue Verfassung wurde im April 2015 wegen der Verzögerungen bei der Wählerregistrierung auf unbestimmte Zeit verschoben. Bis Ende des Jahres war noch kein neuer Termin bekanntgegeben worden.

Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen wurden im Oktober 2015 durchgeführt. Da der amtierende Präsident Jakaya Mrisho Kikwete aufgrund der Verfassung des Landes nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren durfte, wurde John Pombe Magafuli im Juli 2015 zum Präsidentschaftskandidaten der regierenden Chama Cha Mapinduzi (CCM) gekürt. Im selben Monat trat der ehemalige Regierungschef Edward Lowassa aus der CCM aus und ließ sich vom Oppositionsbündnis Ukawa, dem er sich angeschlossen hatte, zum Kandidaten für das Amt des Präsidenten aufstellen. Es wurden zahlreiche Bedenken über die Effizienz des neuen, auf biometrischen Daten basierenden Wählerregisters geäußert. Unter anderem konnten sich Berichten zufolge die Wähler in einigen großen Wahlkreisen nicht registrieren lassen. Dennoch hielten beide Parteien Wahlkampfveranstaltungen ab.

Diskriminierung

Von Januar bis Juni 2015 wurden mehr als 50 Menschen getötet, weil man sie der Hexerei bezichtigte. 350 weitere Menschen wurden bei dokumentierten Angriffen gewalttätiger Gruppen ermordet. Es fanden keine wirksamen Untersuchungen zu diesen Fällen statt. Wie es in Berichten hieß, waren ältere Frauen in ländlichen Gebieten und Kinder besonders gefährdet, Opfer solcher Übergriffe zu werden.

Berichten zufolge wurde ein Kind mit Albinismus im Februar 2015 in der Region Geita getötet, um an seine Körperteile zu gelangen. In der ersten Jahreshälfte gingen Meldungen über drei weitere Fälle ein, in denen Menschen mit Albinismus entführt, verstümmelt und ihre Körperteile abgetrennt wurden. Es gelang der Regierung nicht, wirksame Schutzmaßnahmen für Menschen mit Albinismus einzurichten.

Recht auf freie Meinungsäußerung

Im Januar 2015 erging ein Erscheinungsverbot gegen die Zeitung East African in Tansania. In den ersten sechs Monaten des Jahres wurden mehrere Journalisten wegen ihrer Tätigkeit festgenommen, schikaniert, geschlagen und eingeschüchtert.

Im Berichtsjahr wurden vier Gesetzentwürfe im Parlament eingebracht, die ungerechtfertigte und unverhältnismäßige Einschränkungen des Rechts auf freie Meinungsäußerung enthielten. Die Gesetzentwürfe wurden nach einem Dringlichkeitsverfahren eingebracht, bei dem die normalerweise vorgesehene Öffentlichkeitsbeteiligung nur in begrenztem Umfang stattfindet. Das ganze Jahr über herrschte erhebliche Verwirrung über den Status und den Inhalt einiger Gesetze, weil diese nicht veröffentlicht wurden.

Bedenken gab es vor allem im Hinblick auf das im April 2015 verabschiedete Gesetz über Internetkriminalität, das übermäßig vage Bestimmungen enthielt, die darauf abzielten, das Teilen "falscher und irreführender" Informationen im Internet unter Strafe zu stellen. Das vom Parlament im März 2015 angenommene Statistikgesetz definierte die Veröffentlichung "falscher und irreführender" Statistiken als strafbare Handlung und sah dafür unverhältnismäßig hohe Haftstrafen vor.

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