Guantánamo-Häftling überstellt

Ahmed Zuhair wurde am 12. Juni 2009 aus der Haft in Guantánamo entlassen und nach Saudi-Arabien geflogen. Er war ohne einen Prozess oder Anklageerhebung seit Juni 2002 in Guantánamo festgehalten worden. 2005 trat er in einen Hungerstreik und wurde seitdem zwangsernährt.

Sachlage

In einer Pressemitteilung des US-Justizministeriums heißt es zu der Überstellung von Ahmed Zuhair und zweier weiterer Saudi-Arabier namens Khalid Saad Mohammed und Abdalaziz Kareem Salim Al Noofayaee, dass "alle Personen, die nach Saudi-Arabien überstellt werden, dort erneut einer gerichtlichen Prüfung unterzogen werden, bevor man sie in Rehabilitationsprogramme aufnimmt. Während sie an diesen Programmen teilnehmen, stehen sie unter der Beobachtung der saudi-arabischen Regierung. Die US-Regierung und die saudi-arabische Regierung arbeiten in allen Bereichen eng zusammen, die mit der Überstellung von saudischen Guantánamo-Häftlingen nach Saudi-Arabien zusammenhängen."

Das Justizministerium betonte, die Überstellungen seien das Ergebnis der Überprüfungen durch die "Guantánamo Review Task Force", die nach einer von US-Präsident Obama am 22. Januar 2009 unterzeichneten Anordnung ins Leben gerufen wurde (siehe auch: The promise of real change. President Obama’s executive orders on detentions and interrogations, 30. Januar 2009, http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR51/015/2009/en). In der Pressemitteilung wurde ebenfalls bekannt gegeben, dass die drei Häftlinge bereits unter der Bush-Regierung für eine Überstellung vorgesehen waren. Wie in der weiteren Information zu Urgent Action 350/2008 vom 20. Februar 2009 erwähnt, wurde die Überstellung von Ahmed Zuhair nach Saudi-Arabien bereits vor sechs Monaten im Dezember 2008 beschlossen.

Ahmed Zuhair war über sieben Jahre ohne Anklageerhebung oder Prozess inhaftiert. Einem Habeas Corpus-Antrag von 2008 zufolge wurde er Ende Dezember 2001 auf einem Markt in der pakistanischen Stadt Lahore von zwölf Männern in Zivil festgenommen. Man verband ihm die Augen und brachte ihn in ein Haus in einer Wohngegend von Lahore. Dort wurde er seinen Angaben zufolge gefoltert und in anderer Weise misshandelt. Anfang Januar 2002 brachte man ihn in eine Militäreinrichtung in der Hauptstadt Islamabad und hielt ihn dort etwa zehn Wochen lang ohne Kontakt zur Außenwelt fest. Mitte März 2002 übergab man ihn in US-Gewahrsam und hielt ihn auf dem Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan fest. Im Juni 2002 wurde er nach Kandahar verlegt, wo man ihn zwei Wochen lang festhielt. Er gibt an, im US-Gewahrsam in Afghanistan misshandelt worden zu sein. Seinen Angaben zufolge ließ man ihn zum Beispiel über längere Zeiträume knien und zog ihn während der Verhöre nackt aus. Im Juni 2002 verlegte man ihn nach Guantánamo. Mitte 2005 trat Ahmed Zuhair in den Hungerstreik, um damit gegen seine unbefristete Inhaftierung ohne Anklage und gegen die Haftbedingungen zu protestieren. Ab August 2005 wurde er zwangsernährt.

Vor kurzem wurden sieben weitere Guantánamo-Häftlinge aus unbefristeter Militärhaft entlassen. Am 11. Juni 2009 überstellten die US-Behörden vier uigurische Gefangene nach Bermuda, ein irakischer Staatsbürger wurde in den Irak gebracht, ein tschadischer Staatsbürger in den Tschad. Am 9. Juni wurde der aus Tansania stammende Ahmed Khalfan Ghailani nach New York überstellt, um dort einem Bundesbezirksrichter vorgeführt zu werden. Zuvor hatte ihm ein Prozess vor einer Militärkommission in Guantánamo gedroht. Anfang des Jahres wurden zwei weitere Häftlinge aus Guantánamo entlassen: Der früher in Großbritannien wohnhafte Äthiopier Binyam Mohammed wurde im Februar nach Großbritannien überstellt, und den Algerier Lakhdar Boumediene brachte man Mitte Mai nach Frankreich.
Berichten zufolge werden noch immer 229 Häftlinge in Guantánamo festgehalten. Amnesty International ist weiterhin besorgt hinsichtlich der langsamen Klärung der Fälle der Gefangenen.

Ahmed Zuhair und die beiden anderen saudi-arabischen Staatsbürger wurden zu einem Datum entlassen, an dem sich das Urteil Boumedine vs. Bush des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten zum ersten mal jährt. Das Urteil besagt, dass Häftlinge in Guantánamo das verfassungsmäßige Recht haben, die Rechtmäßigkeit ihrer Inhaftierung vor einem US-Bundesgericht anzufechten. Bisher erfolgten nur für eine Handvoll der Häftlinge Anhörungen aufgrund ihrer Klagen. Ahmed Zuhair sollte eine solche Anhörung am 30. Juni 2009 erhalten.

Einige Gefangene, die vor Gericht erwirken konnten, dass ihre Haft als unrechtmäßig eingestuft wurde, befinden sich dennoch seit vielen Monaten immer noch in Haft. Beispielsweise befinden sich 13 uigurische Männer noch immer in unbefristeter Haft in Guantánamo, obwohl vor mehr als acht Monaten ein US-Bundesrichter verfügte, dass ihre Inhaftierung nicht rechtmäßig sei und man sie unverzüglich in die USA freilassen müsse. Die US-Behörden legten erfolgreich Rechtsmittel ein, und der Fall wird nun vor dem Obersten Gerichtshof verhandelt werden. Die Behörden behalten die Uiguren weiterhin mit dem Argument in Haft, dass es Sache politischer Gremien der Regierung sei, zu entscheiden, wer in die USA einreisen dürfe. Für weitere Informationen siehe USA: Detainees continue to bear costs of delay and lack of remedy, April 2009, http://www.amnesty.org/en/library/info/AMR51/050/2009/en.

Weitere Aktionen des Eilaktionsnetzes sind zurzeit nicht erforderlich. Die US-amerikanischen Anwälte von Ahmed Zuhair dankten Amnesty International für die Appelle im Zusammenhang mit dem Fall. Die Anwälte kündigten an, weiterhin vor einem US-Gericht erwirken zu wollen, dass die Inhaftierung von Ahmed Zuhair für "von Anfang an ungerechtfertigt und ungesetzlich" erklärt wird.