Amnesty 28. Mai 2011

Hart an der Grenze

Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Iran in der griechischen Hafenstadt Patras

Flüchtlinge aus Afghanistan und dem Iran in der griechischen Hafenstadt Patras

Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht vor Krieg, Gewalt und Verfolgung. Artikel 14 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt, dass Flüchtlinge das Recht haben, in einem anderen Land Asyl zu suchen. Jeder Staat muss Personen Schutz gewähren, denen in ihrem Herkunftsland Verfolgung droht. Doch viele Staaten kommen ihrer Verpflichtung nicht nach. Amnesty unterstützt Flüchtlinge, die in Länder abgeschoben werden sollen, wo ihnen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohen.

Die deutsche Amnesty-Sektion war in den siebziger Jahren eine der ersten, die sich im Bereich Flüchtlinge und Asyl engagierte. 1973 wurden nach dem Putsch gegen Salvador Allende in Chile Tausende Menschen wegen ihrer politischen Ansichten inhaftiert und gefoltert. Einige konnten fliehen und in Deutschland Schutz finden. Wenige Jahre später ging es um die Aufnahme von Menschen aus Argentinien, die von dem dortigen Militärregime verfolgt worden waren. Immer mehr Asylsuchende wandten sich an Amnesty. Die deutsche Amnesty-Sektion trat daher Mitte der siebziger Jahre auf internationaler Ebene dafür ein, dass die Organisation auch im Flüchtlingsbereich tätig wird. 1985 wurde dies als Arbeitsschwerpunkt im Mandat von Amnesty verankert.

In Deutschland besteht die Flüchtlings- und Asyl-Arbeit von Amnesty aus drei Säulen. Einen sehr wichtigen Beitrag leisten die ehrenamtlichen Mitglieder der Asyl-Gruppen. Sie bieten unter anderem bundesweit unentgeltlich asylrechtliche Beratung für Flüchtlinge an, vermitteln Kontakte zu Rechtsbeiständen und stellen ihnen Informationen zur Menschenrechtssituation in den Herkunftsländern zur Verfügung. Zudem bitten Gerichte und Behörden, die über Asylanträge zu entscheiden haben, Amnesty um Gutachten über die Menschenrechtslage im Herkunftsland der Antragsstellerin oder des Antragsstellers. Die dritte Säule ist die Lobby-Arbeit auf nationaler und internationaler Ebene. Amnesty organisiert unter anderem Konferenzen und gibt Stellungnahmen zu Gesetzesänderungen und aktuellen politischen Entwicklungen, wie zum Beispiel der restriktiven Flüchtlingspolitik der Europäischen Union (EU). Diese Politik betrachtet Amnesty äußerst kritisch.

Im Video: Wolfgang Grenz, ehem. Generalsekretär der deutschen Sektion von Amnesty International.

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Denn die EU bezeichnet sich zwar selbst als der "Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts". Doch Verfolgten bleibt dieser Raum immer häufiger verschlossen. Flüchtlingsschutz wird heute eher als Schutz vor Flüchtlingen verstanden denn als Schutz von Flüchtlingen. Für sie ist es kaum noch möglich, in die EU einzureisen, um einen Asylantrag zu stellen. Die Außengrenzen werden immer strenger überwacht. Flüchtlingsboote im Mittelmeer werden abgefangen, bevor sie die nationalen Hoheitsgewässer erreichen können. Trotzdem nehmen jedes Jahr Tausende Menschen den gefährlichen Weg in kleinen Booten auf sich – in der Hoffnung auf Schutz und ein besseres Leben. Hunderte Menschen ertrinken dabei jährlich im Mittelmeer und im Atlantischen Ozean.

"Die Gefahr der ,Festung Europa’ sehen wir sehr deutlich ", kritisierte Wolfgang Grenz, damaliger Leiter der Abteilung "Länder, Themen und Asyl" der deutschen Amnesty-Sektion. "Allzu oft wird aber vergessen, dass die meisten Flüchtlinge aus Ländern wie Somalia, Afghanistan, dem Iran und dem Irak stammen. Sie kommen ja nicht zum Vergnügen nach Europa, sondern weil sie keine andere Wahl haben und unseren Schutz brauchen".

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