Somalia: Journalist unter Anklage

Diese Urgent Action ist beendet.

Mohamed Ibrahim Osman Bulbul ist seit dem 7. Oktober wieder auf freiem Fuß. Der Journalist war am 17. August festgenommen worden, einen Tag nachdem er einen Bericht über die mutmaßliche Veruntreuung von EU-Geldern für die Ausbildung somalischer Polizeikräfte veröffentlicht hatte. Am 25. September wurde er wegen "Verunglimpfung des Staates" und "Verbreitung falscher und tendenziöser Nachrichten" angeklagt. Die Anklagen wurden am 11. Oktober fallengelassen.

Das Bild zeigt ein Foto von einer Person, mit einer blauen Weste auf der "Press" steht

Der somalische Journalist Mohamed Ibrahim Osman Bulbul (Archivbild).

+++ Update 17.10.2023: Das Gericht hat letzte Woche die Anklage gegen Mohamed Ibrahim Osman Bulbul aus Mangel an Beweisen abgewiesen und seine bedingungslose Freilassung angeordnet. Die Staatsanwaltschaft hat keine Möglichkeit, Rechtsmittel gegen diese Entscheidung einzulegen. +++ Aktualisierung: Mohamed Ibrahim Osman Bulbul wurde am 7. Oktober gegen Kaution aus der Haft entlassen. Er steht aber nach wie vor unter Anklage. +++ Am 17. August nahmen Sicherheitsbeamte in Zivil Mohamed Ibrahim Osman Bulbul fest. Der Journalist arbeitet bei Kaab TV und ist Mitarbeiter einer lokalen Medienorganisation, dem Somali Journalists Syndicate. Die Festnahme erfolgte einen Tag, nachdem er einen Bericht über die mutmaßliche Veruntreuung von EU-Geldern für die Ausbildung von somalischen Polizeibeamt*innen veröffentlicht hatte. Am 25. September wurde er wegen "Verunglimpfung des Staates" und "Verbreitung falscher und tendenziöser Nachrichten" angeklagt. Am 28. September wurde er in das Zentralgefängnis von Mogadischu verlegt, wo er bis heute inhaftiert ist. Die somalischen Behörden müssen Mohamed Ibrahim Osman Bulbul bedingungslos freilassen und alle Anklagen gegen ihn fallenlassen.

Appell an

Generalstaatsanwalt der Bundesrepublik Somalia

Sulayman Mohamed Mohamoud

c/o
Botschaft der Bundesrepublik Somalia

S. E. Herrn Mohamud Mohamed Tifow

Rheinstraße 10

12159 Berlin

Sende eine Kopie an

Botschaft der Bundesrepublik Somalia

S. E. Herrn Mohamud Mohamed Tifow

Rheinstraße 10

12159 Berlin


Fax: 030 23 63 00 11

E-Mail: somaliembassyberlin@gmail.com

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie höflich auf, von Ihren Befugnissen Gebrauch zu machen und Mohamed Ibrahim Osman Bulbul bedingungslos freizulassen und alle Anklagen gegen ihn fallen zu lassen.

 

Sachlage

Am 17. August nahmen Sicherheitsbeamte in Zivil Mohamed Ibrahim Osman Bulbul fest. Der Journalist arbeitet bei Kaab TV und ist Sekretär für Information und Menschenrechte des somalischen Journalistenverbands namens Somali Journalists Syndicate, einer lokalen Organisation, die sich für die Medien einsetzt. Die Festnahme erfolgte einen Tag, nachdem er einen Bericht über die mutmaßliche Veruntreuung von EU-Geldern, die für die Ausbildung von somalischen Polizeibeamt*innen bestimmt waren, veröffentlicht hatte.

Am 19. August wurde er dem Regionalgericht von Banadir vorgeführt, wo ein*e Richter*in dem Antrag der Polizei stattgab, ihn während der Ermittlungen für sieben Tage in Gewahrsam zu halten. Während seiner Festnahme beschlagnahmten und durchsuchten Angehörige der Kriminalpolizei seine beiden Telefone, um an die Quellen seiner Berichterstattung zu gelangen. Am 25. September wurde er vor das Regionalgericht von Banadir gebracht und wegen Vergehen nach dem übermäßig weit gefassten und veralteten somalischen Strafgesetzbuch angeklagt, darunter "Verunglimpfung des Staates" und "Verbreitung falscher und tendenziöser Nachrichten". Während der Anhörung gab der*die Richter*in den Einwänden seiner Rechtsbeistände statt, dass journalistische Arbeit nicht kriminalisiert werden dürfe und dass Mohamed Ibrahim Osman Bulbul nicht wegen Straftaten nach dem Strafgesetzbuch angeklagt werden könne. Stattdessen forderte das Gericht die Staatsanwaltschaft auf, Mohamed Ibrahim Osman Bulbul, wenn überhaupt, nach dem Mediengesetz anzuklagen. Am 28. September wurde er in das Zentralgefängnis von Mogadischu verlegt, wo er bis heute inhaftiert ist.

Die strafrechtliche Verfolgung von Mohamed Ibrahim Osman Bulbul ist auf seine Arbeit als Journalist zurückzuführen. Diese strafrechtliche Verfolgung, nur weil er seiner Arbeit nachgeht, ist ein eklatanter Verstoß gegen sein Recht auf freie Meinungsäußerung und gegen die Pressefreiheit, die beide in regionalen und internationalen Menschenrechtsinstrumenten, deren Vertragsstaat Somalia ist, garantiert werden. Die Inhaftierung von Journalist*innen, die sich wie Mohamed Ibrahim Osman Bulbul, sowohl durch ihre Berichterstattung als auch durch ihre Lobbyarbeit – dafür einsetzen, dass die Regierung zur Rechenschaft gezogen wird, ist ein abschreckendes Signal an Journalist*innen, Menschenrechtsaktivist*innen und alle anderen, die es wagen, sich in friedlicher Weise kritisch über die somalische Regierung zu äußern.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Mohamed Ibrahim Osman Bulbul ist in Somalia tätig, einem Land, das sich seit über 30 Jahren im Konflikt befindet. Die Militäroperationen der somalischen Regierung und ausländischer Truppen – einschließlich der Übergangsmission der Afrikanischen Union in Somalia (ATMIS) und des US-Militärs gegen Al-Shabaab – fordern weiterhin einen Tribut von der Zivilbevölkerung. Alle Konfliktparteien verstoßen nach wie vor gegen die Menschenrechte und das humanitäre Völkerrecht. Die somalischen Streitkräfte und die mit ihnen verbündeten militärischen Kräfte haben bei Zusammenstößen mit Al-Shabaab sowie im Kreuzfeuer der Gewalt zwischen den Clans, zu der es in einigen Landesteilen immer wieder kommt, wahllos Zivilpersonen getötet.

Im Laufe der Jahre ist das Recht auf freie Meinungsäußerung in Somalia stark unterdrückt worden. Journalist*innen und andere Medienmitarbeiter*innen wurden schikaniert, eingeschüchtert, bedroht, geschlagen und willkürlich festgenommen, unter anderem von der Polizei, dem Militär und weiteren Sicherheitskräften der Regierung. Die Behörden beschränken nach wie vor den Zugang zu Informationen und unterdrücken die Medienfreiheit. Sie führen auch Razzien durch und schließen vorübergehend Medieneinrichtungen, um die Berichterstattung zu verhindern oder zu erschweren und als Vergeltungsmaßnahme für kritische Berichterstattung. In den letzten fünf Jahren wurden mehr als zwölf Journalist*innen getötet. Für diese Menschenrechtsverletzungen wird häufig niemand zur Rechenschaft gezogen.

Die derzeitige Regierung schränkt die Medienfreiheit weiterhin ein. So veröffentlichte sie beispielsweise im Dezember 2022 eine Verordnung, die lokale Nachrichtensender verpflichtet, alle Inhalte vor der Ausstrahlung zur Genehmigung vorzulegen. Am 8. Oktober 2022 erließ das somalische Informationsministerium eine Verordnung, die die "Verbreitung von Nachrichten mit extremistischer Ideologie über traditionelle und soziale Medien" untersagt.