Sieben Jahre Haft für Uiguren

Abuduaini Kadier

   

Der uigurische Geschäftsmann Abuduaini Kadier wurde in einem Geheimverfahren zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Allem Anschein nach wurde er im Zusammenhang mit einer Urlaubsreise nach Ägypten im Jahr 2016 inhaftiert. Bislang hat seine Familie weder Informationen über seine Haftumstände noch über die Vorwürfe gegen ihn. Ohne regelmäßigen Zugang zu einer recthlichen Vertretung und der Familie besteht große Sorge um seine Sicherheit.

Appell an

LEITER DER BEHÖRDE FÜR GEFÄNGNISVERWALTUNG

Direktor Wang Jiang

Prison Administration Bureau of Xinjiang Uyghur Autonomous Region

No 380, Huanghe lu

Urumqi

830000 Xinjiang Uyghur Autonomous Region

VOLKSREPUBLIK CHINA

 

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT DER VOLKSREPUBLIK CHINA

S. E. Herrn Ken Wu

Märkisches Ufer 54

10179 Berlin

Fax: 030-27 58 82 21

E-Mail: presse.botschaftchina@gmail.com

Amnesty fordert:

  • Bitte sorgen Sie dafür, dass Abuduaini Kadier sofort und bedingungslos freigelassen wird, es sei denn, es liegen ausreichende, glaubwürdige und zulässige Beweise vor, nach denen er eine international anerkannte Straftat begangen hat, und er erhält einen Prozess, der internationalen Standards für faire Gerichtsverfahren entspricht.
  • Sorgen Sie bitte dafür, dass Abuduaini Kadier bis zu seiner Freilassung Zugang zu seiner Familie und Rechtsbeiständen seiner Wahl erhält und vor Folter und anderen Misshandlungen geschützt wird.

Sachlage

Abuduaini Kadier (阿布都艾尼.卡德尔) aus Kashgar in der Autonomen Region Xinjiang wurde im Juli 2017 in einem Geheimverfahren zu sieben Jahren Haft verurteilt. Er ist der Schwiegervater von Yiliyasijiang Reheman (依力亚斯江·热合曼), der im Juli 2017 verschwand, nachdem die ägyptische Regierung Hunderte Uigur_innen inhaftiert und zur Rückkehr nach China an die chinesische Regierung übergeben hatte.

Abuduaini Kadier soll derzeit im Bezirksgefängnis Yining inhaftiert sein. Doch seine außerhalb von China lebenden Familienangehörigen haben seit seinem Verschwinden vor vier Jahren keinen regelmäßigen Kontakt zu ihm. Man geht davon aus, dass seine Inhaftierung mit der Entscheidung zu tun hat, 2016 zusammen mit weiteren Uigur_innen, für die er die Flugtickets bezahlte, nach Ägypten in den Urlaub zu fahren.



Da es keine Informationen zu den Vorwürfen gegen Abuduaini Kadier oder seinen Haftbedingungen gibt und ohne Zugang zu seiner Familie und einen Rechtsbeistand seiner Wahl ist Amnesty International in großer Sorge um ihn.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Abuduaini Kadier eröffnete 2007 in Kashgar ein Unternehmen für Elektrofahrzeuge. Vor seiner Verurteilung im Juli 2017 soll er von April bis Juni 2017 in einem "Umerziehungslager" eingesperrt gewesen sein. Seine Inhaftierung wurde nicht offiziell bekannt gegeben und seine Familie erfuhr erst durch eine Quelle im Juli 2017 von seiner Haft.



Sein Schwiegersohn Yiliyasijiang Reheman studierte in Ägypten, als er im Juli 2017 verschwand. In diesem Monat nahmen die ägyptischen Behörden im Land Hunderte Uigur_innen fest und übergaben sie der chinesischen Regierung. Yiliyasijiang Reheman versuchte mit seiner Familie aus Ägypten zu fliehen. Es gelang ihnen jedoch nicht, das Flugzeug zu besteigen. Seither fehlt jede Spur von ihm und seine Frau geht davon aus, dass er in ein Umerziehungslager gebracht wurde.

Xinjiang gehört zu ethnisch vielfältigsten Regionen Chinas. Mehr als die Hälfte der 22 Millionen Einwohner_innen der Region gehören überwiegend turksprachigen und meist muslimischen ethnischen Gruppen an, darunter Uigur_innen (rund 11,3 Millionen), Kasach_innen (rund 1,6 Millionen) und andere Bevölkerungsgruppen, deren Sprache, Kultur und Lebensweise sich deutlich von denen der Han-Chines_innen unterscheiden, die im "inneren" Chinas die Bevölkerungsmehrheit bilden.



Im März 2017 erließ die Autonome Region Xinjiang eine Verordnung zur "Entradikalisierung", die ein breites Spektrum an Handlungen beschreibt und diese als "extremistisch" verbietet. Dazu zählen unter anderem "Verbreitung von extremistischem Gedankengut", die Verunglimpfung von staatlichen Radio- oder Fernsehsendern und die Verweigerung, diese zu konsumieren sowie das Tragen von Burkas oder "ungewöhnlichen" Bärten. Darüber hinaus zählen Widerstand gegen nationale Politik sowie das Publizieren, Herunterladen, Aufbewahren und Lesen von Artikeln oder Publikationen und audiovisuellen Beiträgen mit "extremistischem Inhalt" zur Liste dieser "extremistischen" Handlungen. Aufgrund der Verordnung wurde zudem ein "Zuständigkeitssystem" eingerichtet, mit dem die "Antiextremismus-Arbeit" der Regierung in verschiedene Bereiche eingeteilt und jährlich überprüft wird.

Es werden schätzungsweise eine Million Uigur_innen, Kasach_innen und Angehörige anderer mehrheitlich muslimischer Bevölkerungsgruppen in sogenannten Einrichtungen für "Transformation durch Erziehung" festgehalten. Die chinesischen Behörden bestritten bis Oktober 2018 die Existenz dieser "Umerziehungseinrichtungen". Danach erklärten sie, die Menschen seien freiwillig in diesen Lagern und würden eine Berufsausbildung erhalten. Ziel dieser Einrichtungen sei es, den Menschen eine technische und berufliche Ausbildung zu bieten und ihnen zu ermöglichen, eine Arbeit zu finden und sich zu "nützlichen" Bürger_innen zu entwickeln. Im Widerspruch zu diesen Erläuterungen stehen allerdings die Berichte von ehemaligen Insass_innen dieser Lager, die Schläge, Nahrungsentzug und Isolationshaft beschreiben.

China ist bisher den Aufforderungen der internationalen Gemeinschaft und auch Amnesty Internationals nicht nachgekommen, unabhängige Expert_innen uneingeschränkt nach Xinjiang einreisen zu lassen. Stattdessen versucht die chinesische Regierung, kritische Stimmen zu unterdrücken, indem sie sorgfältig ausgewählte Delegationen aus verschiedenen Ländern zu streng durchgeplanten und überwachten Besuchen nach Xinjiang einlädt.