Peru: Tote und Verletzte bei Protesten

Da Bild zeigt im Vordergrund einen Polizisten mit ABC-Schutzmaske, dahinter die peruanische Flagge

Polizist am Rande einer Demonstration in der peruanischen Hauptstadt Lima am 7. Dezember 2022

In Peru dreht sich anlässlich der Regierungskrise die Gewaltspirale weiter. Insbesondere in Lima und anderen größeren Städten kommt es im Zusammenhang mit der versuchten Niederschlagung der aktuellen Proteste zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen. Es sollen bisher sieben Menschen durch Schusswaffen getötet worden sein, darunter zwei Jugendliche. Dutzende Demonstrierende und Journalist*innen wurden verletzt.

Appell an

Präsidentin

Dina Ercilia Boluarte Zegarra

Jr. De la Unión S/N

Cuadra uno Lima

Lima 15001, PERU

Sende eine Kopie an

Botschaft der Republik Peru

Herrn Enrique Augusto Noria Freyre

Gesandter-Botschaftsrat (Geschäftsträger a.i.)

Taubenstraße 20


10117 Berlin

Fax: 030-20 64 10 77

E-Mail: info@embaperu.de

Amnesty fordert:

  • Ich fordere Sie auf, den Dialog zu suchen und alle gewalttätigen Handlungen der nationalen Sicherheitskräfte sofort zu unterbinden.
  • Bitte sorgen Sie dafür, dass jegliche übermäßige Gewaltanwendung gegen Demonstrierende beendet wird. Setzen Sie bitte alle verfügbaren Mittel ein, um das Leben der Verletzten zu schützen und den Familien der Getöteten die notwendige Unterstützung zukommen zu lassen.
  • Gewährleisten Sie in Zusammenarbeit mit den Behörden, dass alle Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der aktuellen Krise sofort gründlich, unabhängig und unparteiisch untersucht werden.

Sachlage

Die aktuelle politische Krise eskalierte, als der ehemalige Präsident Pedro Castillo am 7. Dezember die Auflösung des Nationalkongresses ankündigte. Nach der darauffolgenden Absetzung von Pedro Castillo, der Präsidentschaftsübernahme durch die Vizepräsidentin Dina Boluarte und der Aufstellung des neuen Kabinetts durch die neue Präsidentin kommt es landesweit weiterhin zu massiven Protesten gegen den Kongress und die neuen politischen Kräfte im Land. Im Gegenzug nimmt die Gewalt gegen Demonstrierende zu, die Sicherheitskräfte reagieren unverhältnismäßig. Die neue Regierung scheint diejenigen ins Visier zu nehmen, die ihre Unzufriedenheit mit der aktuellen Krise zum Ausdruck bringen. Damit reagiert sie massiv auf die Demonstrationen und trägt zu einem Anstieg der Gewalt im Land bei.

Die neue Präsidentin muss das repressive Vorgehen gegen die Demonstrierenden beenden und stattdessen die Menschenrechte und den Dialog in den Mittelpunkt stellen, um eine Lösung für die aktuelle Krise zu finden. Staatliche Gewalt sollte nur dann angewandt werden, wenn sie unbedingt notwendig ist. Sie muss verhältnismäßig sein und einem legitimen Zweck dienen, über den dann Rechenschaft abgelegt werden muss. In Gewaltsituationen müssen die Sicherheitskräfte individuell auf diejenigen reagieren, die für Störungen verantwortlich sind oder die das Leben und die Unversehrtheit anderer gefährden. Als neue Staatschefin hat die Präsidentin die Macht, eine weitere Eskalation der Gewalt zu verhindern, eine neue Ära für das Land einzuleiten und den internationalen Menschenrechtsverpflichtungen von Peru gerecht zu werden.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Nach einer langen politischen Krise eskaliert in Peru die Gewalt. Insbesondere in Lima und anderen größeren Städten kommt es im Zusammenhang mit der versuchten Niederschlagung der aktuellen Proteste zu zahlreichen Menschenrechtsverletzungen. Die Krise eskalierte, als der damalige Präsident Pedro Castillo am 7. Dezember die Auflösung des Nationalkongresses ankündigte. Sowohl das Verfassungsgericht als auch der Kongress lehnten diese Entscheidung ab und Pedro Castillo wurde noch am selben Tag festgenommen. Die damalige Vizepräsidentin Dina Boluarte wurde rasch als Präsidentin vereidigt, und die peruanischen Behörden haben sie offiziell als Oberbefehlshaberin des Militärs anerkannt.

Doch seitdem kommt es landesweit zu massiven Protesten gegen den Kongress und die neuen politischen Kräfte im Land. Nach Angaben der Ombudsstelle wurden bisher sieben Menschen durch Schusswaffen getötet, darunter zwei Jugendliche. Mehreren Medienberichten zufolge wurden Dutzende Demonstrierende und Journalist*innen verletzt. Am 11. Dezember wurden der 18-jährige Romario Quispe Garfias und ein weiterer 15-jähriger Junge in der südperuanischen Stadt Andahuaylas getötet. Die Medien berichteten von zwei weiteren Menschen, die bei Protesten ums Leben gekommen sein sollen. Dutzende von Menschen, darunter sowohl Zivilpersonen als auch Polizeibeamte, wurden durch Schusswaffen und Schlagwerkzeuge verletzt.

Darüber hinaus verzeichnete der peruanische Journalistenverband in Lima, Apurímac, Huaura, Arequipa und Puno Angriffe auf 21 Journalist*innen, die zwischen dem 7. und 11. Dezember über die Proteste berichtet hatten. Amnesty International liegen außerdem Informationen über weitere Vorfälle vor, bei denen das Ausmaß der Gewalt die journalistische Arbeit behindert hat. Damit ist das Recht, zu informieren und informiert zu werden, eingeschränkt. Die Aggressionen reichen von der unverhältnismäßigen Anwendung von Gewalt durch die Nationalpolizei bis hin zu Angriffen und Beleidigungen durch Demonstrierende, die versuchten, Journalist*innen ihre Arbeitsausrüstung abzunehmen.

Amnesty International hat Bilder bestätigt, auf denen zu sehen ist, wie die Polizei auf der Plaza San Martin in Lima aus nächster Nähe Tränengaskanister direkt auf die Körper von Demonstrierenden abfeuert. Die Menschenrechtsorganisation erinnert die Behörden daran, dass ein Protest seinen friedlichen Charakter nicht durch Einzelaktionen oder rechtswidriges Verhalten Einzelner verliert. Daher müssen die Menschenrechte derjenigen, die an überwiegend friedlichen Demonstrationen teilnehmen, geachtet, gewährleistet und geschützt werden. Die staatlichen Sicherheitskräfte sollten der friedlichen Lösung der Situation Vorrang einräumen und Gewalt vermeiden, die gegen internationale Standards verstößt.

Die peruanischen Behörden müssen unverzüglich allen Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der derzeitigen Krise gründlich, unabhängig und unparteiisch nachgehen. Amnesty International ist besonders besorgt darüber, dass das Polizeischutzgesetz (Nr. 3110), das seit März 2020 in Kraft ist, die Möglichkeit offenlässt, dass exzessive Gewaltanwendung durch die Nationalpolizei straffrei bleibt, was gegen die völkerrechtlichen Verpflichtungen Perus verstößt.