Amnesty Report Zypern 12. Mai 2009

Zypern 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Republik Zypern Staats- und Regierungschef: Demetris Christofias (löste im Februar Tassos Papadopoulos im Amt ab) Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 0,9 Mio. Lebenserwartung: 79 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 8/6 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 96,8%

Die im Februar 2008 neu gewählte Regierung versprach eine Reihe politischer Veränderungen mit dem Ziel einer stärkeren Achtung der Menschenrechte. Es wurde betont, dass insbesondere in Bezug auf die Rechte von Migranten sowie die Maßnahmen zur Eindämmung des Menschenhandels Verbesserungen erreicht werden sollen. Der UN-Ausschuss für vermisste Personen setzte seine Arbeit fort, Opfer des inter-ethnischen Konflikts, die seit 1963 vermisst werden, zu exhumieren und zu identifizieren. In zwei Fällen bestand weiterhin die Sorge, die Behörden könnten nicht in der Lage sein, effektive, gründliche und unparteiische Untersuchungen durchzuführen.

Hintergrund

Nach den Wahlen im Februar trat der erste der Kommunistischen Partei angehörende Präsident Zyperns sein Amt an. Demetris Christofias war wegen seines Versprechens gewählt worden, den Zypern-Konflikt während seiner fünfjährigen Amtszeit zu lösen und die sozialen Bedingungen zu verbessern. Im September begannen die bilateralen Verhandlungen auf Führungsebene zwischen den griechischen und den türkischen Zyprern. Es wurde erwartet, dass Menschenrechtsfragen ein Schwerpunktthema der Diskussion sein würden.

Vermisste Personen

Der von den UN unterstützte Ausschuss für vermisste Personen setzte die Koordinierung der Exhumierung, Identifizierung und Überführung der sterblichen Überreste von vermissten Personen fort. Während des Berichtsjahrs wurden die sterblichen Überreste von 93 Personen exhumiert. Die Überreste von 39 Personen konnten 2008 identifiziert und ihren Familien übergeben werden. Damit erhöhte sich die Gesamtzahl der seit 2004 durchgeführten Exhumierungen auf 466 und die Gesamtzahl der identifizierten und ihren Familien übergebenen sterblichen Überreste auf 110.

Rechte von Flüchtlingen und Migranten

Im September kündigte die Regierung Pläne für eine Kurskorrektur in der Einwanderungspolitik an, die der Integration der Migranten ein größeres Gewicht einräumen sollte. Die vorgeschlagene neue Politik sah auch die Festsetzung einer Maximaldauer der Abschiebehaft bis zur anstehenden Abschiebung vor.

Freilassungen

Insassen des Zentralgefängnisses von Nikosia, die länger als 18 Monate in Haft gehalten worden waren, während sie auf ihre Abschiebung gewartet hatten, kamen 2008 frei.

Rassistische Gewalt

Nachdem ihre Mannschaft ein Volleyballspiel gewonnen hatte, griffen am 18. Dezember 40 Jugendliche ein 14-jähriges zyprisches Mädchen an, dessen Familie aus dem Sudan zugewandert war. Berichten zufolge wurde das Mädchen wiederholt von den Jugendlichen gestoßen und getreten, während sie rassistische Beschimpfungen von sich gaben. Das Mädchen wurde daraufhin mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Der Angriff wurde von Politikern und dem Bildungsminister aufs Schärfste verurteilt. Lokale Nichtregierungsorganisationen berichteten über Versäumnisse bei den polizeilichen Ermittlungen des Zwischenfalls.

Gewalt gegen Frauen

Im November beendete die Regierung die Praxis, ausländischen Staatsbürgern, die in der Unterhaltungsbranche als Tänzer oder Musiker beschäftigt waren, Künstlervisa auszustellen. Über Jahre hinweg war diese Politik von einer Anzahl lokaler und internationaler Organisationen sowie dem UN-Ausschuss zur Beseitigung der Diskriminierung der Frau als eine Maßnahme kritisiert worden, die den Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung ermöglichte.

Polizei und Sicherheitskräfte

  • Im Mai 2008 ergab eine gerichtliche Untersuchung des Todes von Athanasios Nicolaou, einem Soldaten der Nationalgarde, im Jahr 2006, dass es sich um Selbstmord gehandelt habe. Die Familie stellte einen Antrag auf nochmalige Überprüfung des Falls. Der Antrag wurde im Oktober vom Obersten Gericht geprüft. Am 31. Dezember ordnete das Gericht die Wiederaufnahme des Verfahrens an. Amnesty International hatte sich 2007 besorgt darüber geäußert, dass die Behörden es versäumt hätten, den Tod in einer gründlichen, unparteiischen und effektiven Weise zu untersuchen.

  • Am 10. Oktober 2008 wurde das Verfahren gegen zehn Polizeibeamte eröffnet, die beschuldigt wurden, im Dezember 2005 gegen zwei mit Handschellen gefesselte Studenten exzessive Gewalt angewandt zu haben. Sechs der Beamten waren wegen Folter und schwerer Körperverletzung angeklagt worden. Sie wurden zwar von dieser Anklage freigesprochen, doch blieben gegen sie noch 34 weitere Klagen anhängig, darunter Anklagen wegen grausamer, inhumaner und erniedrigender Behandlung. Ein weiterer Beamter wurde wegen Verletzung seiner Dienstpflicht, die übrigen drei Beamten wegen stillschweigender Billigung der Misshandlungen angeklagt.

Schlagworte

Zypern Amnesty Report

Weitere Artikel