Kein Kontakt zur Außenwelt

Die ehemaligen Gefangenen Ayman Gharib und Anis el-Krifi wurden am frühen Morgen des 19. Juli in ihren Wohnungen in der Stadt Menzel Bourguiba im Norden Tunesiens festgenommen. Ihre Familien haben keinen Kontakt zu ihnen und wissen weder, wo sie festgehalten werden noch warum.

Appell an

MINISTER FÜR JUSTIZ UND MENSCHENRECHTE
Lazhar Karoui Chebbi
Ministry of Justice and Human Rights
57 Bab B’net, 1006 Tunis - La Kasbah
TUNESIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 216) 71 568 106
E-Mail: mju@ministeres.tn

INNENMINISTER
Habib Essid, Ministry of Interior
Avenue Habib Bourguiba
1000 Tunis, TUNESIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00216) 71 340 888
E-Mail: mint@ministeres.tn

Sende eine Kopie an

LEITER DER TUNESISCHEN STRAFVOLLZUGSBEHÖRDE
Direction générale des prisons et de la rééducation
Rue 8003 – Appartement L
Espace de Tunis
Monplaisir, Tunis
TUNESIEN

BOTSCHAFT DER TUNESISCHEN REPUBLIK
Herrn Wacef Chiha, Geschäftsträger a.i., Botschaftsrat
Lindenallee 16
14050 Berlin
Fax: 030-3082 06 83

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. August 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

Amnesty fordert:

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich appelliere an Sie, den Aufenthaltsort von Ayman Gharib, Anis El-Krifi, Walid Boujbali und Haitham el-Mejri bekannt zu geben, ihnen unverzüglich Kontakt zu ihren Familien und zu RechtsanwältInnen ihrer Wahl zu ermöglichen, ihnen Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung zu gewähren und sicherzustellen, dass sie vor Folterungen und anderen Misshandlungen geschützt werden.

  • Ich bitte Sie, die vier Männer entweder einer erkennbar strafbaren Handlung anzuklagen und vor Gericht zu stellen oder sie andernfalls freizulassen.

PLEASE WRITE IMMEDIATELY

  • Urging the Tunisian authorities to disclose the whereabouts of the four men, allow them immediate access to their families, lawyers and any medical attention. Ensure that they are not tortured or otherwise ill-treated.

  • Calling on them either to charge the four men with recognizably criminal offences, and try them in fair proceedings, or release them.

Sachlage

Diese Wohnungen waren nur zwei von vielen, in die Sicherheitskräfte am frühen Morgen des 19. Juli eindrangen. Alle Amnesty International vorliegenden Zeugenaussagen beschreiben das gleiche Muster. Den Berichten zufolge stürmten sehr viele Sicherheitskräfte mit vermummten Gesichtern mehrere Häuser. Die ZeugInnen erzählten Amnesty International, dass die Sicherheitskräfte im Dunkeln auf Familienangehörige eingeschlagen und Schüsse in die Luft gefeuert hätten, bevor sie das Licht anmachten und nach der Person verlangten, die sie festnehmen wollten.

Während dieser Überfälle wurden einige Personen festgenommen und später wieder freigelassen. Ayman Gharib und Anis el-Krifi blieben jedoch in Haft. Ayman Gharibs Mutter sagte aus, dass die Sicherheitskräfte schwer bewaffnet in die Wohnung gekommen seien und angegeben hätten, Waffen zu suchen. Diese fanden sie nicht, aber Ayman Gharib nahmen sie trotzdem mit. Seine Mutter wurde auf den Arm geschlagen, als sie versuchte die Sicherheitskräfte aufzuhalten.

Anis el-Krifi wurde mit drei seiner Brüder festgenommen, von denen einer erst zwölf Jahre alt ist. Die drei Brüder wurden später wieder freigelassen. Anis el-Krifis Bruder Walid el-Krifi berichtete, dass die Sicherheitskräfte sie immer wieder geschlagen und beschimpft hätten, bis sie die Polizeidienststelle el-Gourjani erreichten. Ayman Gharib und Anis el-Krifi hatten schon einige Jahre im Gefängnis verbracht, weil beide auf der Grundlage des umstrittenen Anti-Terrorismus-Gesetzes für schuldig befunden worden waren. Während Anis schon 2008 freigelassen wurde, kam Ayman Gharib erst Anfang dieses Jahres wieder in die Freiheit. Die Familien haben seit der erneuten Festnahme nichts von den beiden gehört. Auch auf Anfrage bekamen sie von den Gefängnisbehörden keine Informationen.

Walid Boujbali und Haitham el-Mejri wurden auf gleiche Weise festgenommen und ebenfalls nicht wieder freigelassen. Sie waren zuvor noch nicht im Gefängnis.

[EMPFOHLENE AKTIONEN]

SCHREIBEN SIE BITTE FAXE ODER LUFTPOSTBRIEFE MIT FOLGENDEN FORDERUNGEN

  • Ich appelliere an Sie, den Aufenthaltsort von Ayman Gharib, Anis El-Krifi, Walid Boujbali und Haitham el-Mejri bekannt zu geben, ihnen unverzüglich Kontakt zu ihren Familien und zu RechtsanwältInnen ihrer Wahl zu ermöglichen, ihnen Zugang zu notwendiger medizinischer Versorgung zu gewähren und sicherzustellen, dass sie vor Folterungen und anderen Misshandlungen geschützt werden.

  • Ich bitte Sie, die vier Männer entweder einer erkennbar strafbaren Handlung anzuklagen und vor Gericht zu stellen oder sie andernfalls freizulassen.

[APPELLE AN]

MINISTER FÜR JUSTIZ UND MENSCHENRECHTE
Lazhar Karoui Chebbi
Ministry of Justice and Human Rights
57 Bab B’net, 1006 Tunis - La Kasbah
TUNESIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00 216) 71 568 106
E-Mail: mju@ministeres.tn

INNENMINISTER
Habib Essid, Ministry of Interior
Avenue Habib Bourguiba
1000 Tunis, TUNESIEN
(korrekte Anrede: Your Excellency / Exzellenz)
Fax: (00216) 71 340 888
E-Mail: mint@ministeres.tn

KOPIEN AN
LEITER DER TUNESISCHEN STRAFVOLLZUGSBEHÖRDE
Direction générale des prisons et de la rééducation
Rue 8003 – Appartement L
Espace de Tunis
Monplaisir, Tunis
TUNESIEN

BOTSCHAFT DER TUNESISCHEN REPUBLIK
Herrn Wacef Chiha, Geschäftsträger a.i., Botschaftsrat
Lindenallee 16
14050 Berlin
Fax: 030-3082 06 83

Bitte schreiben Sie Ihre Appelle möglichst sofort. Schreiben Sie in gutem Arabisch, Französisch, Englisch oder auf Deutsch. Da Informationen in Urgent Actions schnell an Aktualität verlieren können, bitten wir Sie, nach dem 24. August 2011 keine Appelle mehr zu verschicken.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Sicherheitskräfte in Menzel Bourguiba drangen auch in andere Wohnungen ehemaliger Gefangener ein, die auf der Grundlage des umstrittenen Anti-Terrorismus-Gesetzes inhaftiert worden waren. Fanden sie die Männer, nach denen sie suchten, nicht vor, verließen sie die Wohnungen nicht, ohne Familienangehörige zu schlagen oder die Wohnung zu verwüsten. Zainab Chebli, die Mutter von Khaled el-Arfaoui, ist Menschenrechtsverteidigerin und berichtete Amnesty International, dass die Familie gerade in Tunis war, als sich die Sicherheitskräfte Zutritt zu ihrer Wohnung verschafften. Die Nachbarn beobachteten, wie über 50 vermummte Sicherheitskräfte in die Wohnung eindrangen. Sie berichten weiter, dass ihnen bei dem Versuch einzuschreiten, Waffen vor das Gesicht gehalten wurden und befohlen wurde, still zu sein. Zainab Chebli gab an, dass ihre Möbel zerstört wurden. Ihr Sohn Khaled el-Arfaoui saß wegen Anklagen im Zusammenhang mit Terrorismus fünf Jahre im Gefängnis. Im Mai 2010 wurde er freigelassen.

Ähnlich erging es Saber el-Najri, der auch nicht zu Hause war, als die Sicherheitskräfte kamen. Sein Vater erzählte Amnesty International, dass die Angehörigen der Sicherheitskräfte die Tür eintraten, hereinstürmten und ihn sowie seine Frau und seine beiden Töchter schlugen. Er gab weiter an, dass die Sicherheitskräfte mindestens 20 Schüsse in die Luft feuerten. Das alles geschah im Dunkeln, bis die Sicherheitskräfte letztlich das Licht anschalteten und nach Saber el-Najris fragten. Weil sie ihn nicht vorfanden, verließen sie die Wohnung wieder. Saber el-Najris Vater trug Blutergüsse davon und seine Frau wurde mit ausgekugelter Schulter zurückgelassen.

Die Festnahmen sind die Folge der zunehmenden Spannungen in einigen Regionen des Landes. Eine Demonstration im Stadtteil al Kasbah von Tunis wurde am 15. Juli von Sicherheitskräften gewaltsam aufgelöst. Der Vorfall in Tunis entfachte Kämpfe zwischen den Demonstrierenden und den Sicherheitskräften in Menzel Bourguiba. Berichten zufolge wurden am 16. Juli eine Polizeiwache und ein Polizeiauto in Brand gesetzt. Am darauffolgenden Tag wurde ein 13-jähriger Junge in Sidi Bouzid erschossen, als Armeangehörige eine Demonstration mit scharfer Munition auflösten. In Sidi Bouzid und Menzel Bourguiba wurde nun eine Ausgangssperre verhängt.

Das tunesische Anti-Terrorismus-Gesetz wurde mehrfach von UN-Menschenrechtsorganen sowie lokalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen kritisiert, weil es zu viel Raum für allgemeine und breite Auslegung lässt. Es wird als repressive Maßnahme genutzt, um abweichende Meinungen zu unterdrücken. Solche Bedenken äußerte auch die UN-Menschenrechtskommission in ihren Abschlussbetrachtungen über Tunesien im März 2008. In ähnlicher Weise äußerte sich kürzlich auch der Sonderberichterstatter über die Förderung und den Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bei der Bekämpfung des Terrorismus nach seinem Besuch in Tunesien im Mai 2011. Weitere Informationen finden Sie in den Berichten von Amnesty International: Continuing Abuses in the Name of Security (Index: MDE 30/010/2009) und In the Name of Security: Routine Abuses in Tunisia (Index: MDE 30/007/2008).