Häusliche Gewalt muss geahndet werden

Portrait von Josina Machel, Mosambik, mit dem erblindeten rechten Auge

Josina Machel, Mosambik

Der Angreifer der Feministin Josina Machel war der Anwendung physischer und psychischer Gewalt schuldig gesprochen worden. Am 12. Juni hob die zweite Berufungskammer des Strafgerichts in Maputo den Schuldspruch jedoch auf. Am 5. August legte Josina Machel gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein. Nun muss der Oberste Gerichtshof entscheiden.

Appell an

President Filipe Jacinto Nyusi

Avenida Julius Nyerere

PABX 2000

Maputo

MOSAMBIK

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Botschaft der Republik Mosambik

S.E. Herrn Sérgio Nathú Cabá


Stromstraße 47

10551 Berlin


Fax: (030) 772 06 26


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Amnesty fordert:

Sachlage

Am 17. Oktober 2015 wurde Josina Machel von ihrem damaligen Partner Rofino Licuco brutal angegriffen und verlor dadurch ihr rechtes Auge. Im Februar 2017 sprach das Bezirksgericht von Ka-Pfumu ihren Angreifer nach den Paragrafen 246(b), 171(e) und 247(i) des mosambikanischen Strafgesetzbuchs der schweren physischen und psychischen Gewalt schuldig. Rofino Licuco wurde zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Die Strafe wurde unter der Bedingung einer Entschädigungszahlung in Höhe von 2, 8 Mio. US-Dollar ausgesetzt.

Am 12. Juni 2020 hob die zweite Berufungskammer des Strafgerichts in Maputo den Schuldspruch auf und begründete dies damit, dass es keine Augenzeug_innen zur Bestätigung der physischen und psychischen Aggression gäbe und dass die vorgelegten medizinischen Beweise die Möglichkeit nicht ausschließen könnten, dass die Verletzung von Josina Machel das Ergebnis eines "einfachen Sturzes" oder eines stumpfen Gegenstandes sei. Am 5. August 2020 legte Josina Machel vor dem Obersten Gerichtshof Rechtsmittel gegen die Aufhebung des ursprünglichen Urteils ein. Nun wird der Oberste Gerichtshof über das Rechtsmittel entscheiden. .

Nach dem Angriff im Oktober 2015 wurde Josina Machel eingeschüchtert und schikaniert, um zu verhindern, dass sie die durch Rofino Licuco erlittene häusliche Gewalt vor Gericht bringt. Fremde Männer verfolgten sie durch Maputo und sie erhielt einschüchternde Anrufe, darunter auch abendliche Anrufe von Rofino Licuco, der ihr drohte, er wisse, dass sie allein zuhause sei. Im Juli 2016 wurden die Fensterscheiben des Wagens ihrer/s Freundes_in zerstört, als sie im Zentrum von Maputo in einem Restaurant waren, und im Auto wurde eine Drohnachricht hinterlassen. Am 12. August 2020 erhielt Josina Machel einen Brief des Anwalts von Rofino Licuco, in dem sie aufgefordert wurde, sich nicht weiter auf ihn zu beziehen und seinen Namen in keiner Weise zu benutzen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

Josina Machel ist eine bekannte Feministin; Tochter der bekannten Frauen- und Kinderrechtlerin Graça Machel und von Samora Machel, dem ersten Präsidenten Mosambiks, sowie Stieftochter des verstorbenen Nelson Mandela. Die Entscheidung vom 12. Juni, Rofino Licuco vom Vorwurf der geschlechtsspezifischen Gewalt gegen Josina Machel freizusprechen, ist ein schwerer Schlag gegen Frauen in Mosambik und diejenigen, die gegen geschlechtsspezifische Gewalt kämpfen. Der Fall zeigt deutlich, dass auch die mächtigsten Frauen nicht vor Gewalt geschützt sind. Im Gegenteil, das Strafjustizsystem führt die Misshandlung und das Leid von Betroffenen und Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt noch fort.

Zur Zeit des Angriffs waren Josina Machel und Rofina Licuco bereits drei Jahre lang ein Paar. In der Nacht des 16. Oktober 2015 waren Josina Machel und Rofino Licuco mit einigen Freund_innen in ein Restaurant gegangen. Auf dem Weg nach Hause gegen 1.20 Uhr des 17. Oktober 2015 bat Josina Machel Rofina Licuco, sie bei ihrer Mutter abzusetzen, da diese am nächsten Tag ihren 70. Geburtstag feiern würde. Er wurde wütend und behauptete, sie würde ihn zum Narren halten und wolle sich doch nur mit anderen Freund_innen treffen. Er nannte sie eine "Schlampe" und "Prostituierte". Dann hielt er den Wagen an und schlug Josina Machel zweimal mit der Faust ins Gesicht und ein weiteres Mal gegen den Hinterkopf. Als sie die Hände vor ihr Gesicht legte, spürte sie wie Blut heruntertropfte. Sie stieg aus dem  Auto aus, rannte die Straße entlang und rief dabei um Hilfe. Nach ein paar Metern fiel sie in Ohnmacht und wachte erst wieder auf, als Rofina Licuco sie aufhob, um sie ins Krankenhaus zu bringen.

Gleich nach dem Vorfall im Juli 2016, als in das Auto von Josina Machels Freund_in eingebrochen und eine Drohnachricht darin hinterlassen worden war, beantragte sie eine Schutzanordnung beim Gericht in Randburg, Südafrika. Das Gericht in Randburg wies den Antrag mit der Begründung ab, es habe keine Zuständigkeit für Ereignisse, die sich in Mosambik zugetragen haben.

Rofino Licuco stieg Dank seiner Verbindungen zu einflussreichen Familien schnell zu einem angesehenen Geschäftsmann auf und verfügt über großen politischen Einfluss im Land.

Im Februar 2017 wurde Rofino Licuco nach den Paragrafen 246(b), 171(e) und 247(i) des mosambikanischen Strafgesetzbuchs der schweren physischen und psychischen Gewalt schuldig gesprochen.  Er wurde zu drei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Die Strafe wurde unter der Bedingung einer Entschädigungszahlung für seelische und materielle Schäden in Höhe von 2,8 Mio. US-Dollar ausgesetzt. Die Höhe des Betrags orientierte sich an der wirtschaftlichen und sozialen Situation von Josina Machel und ihrem Angreifer.