Drohende Auslieferung

Freiheit für Ahmet Nesin, Şebnem Korur Fincancı und Erol Önderoğlu

Protestaktion vor der türkischen Botschaft in Dublin, Irland im Juni 2013.

Der türkische Lehrer Mustafa Çabuk lebt in Georgien. Jetzt droht ihm unmittelbar die Auslieferung an die Türkei. Dort läuft er Gefahr, gefoltert zu werden. Die Türkei wirft Mustafa Çabuk vor, "den Terrorismus zu unterstützen", wobei sie sich auf seine mutmaßlichen Verbindungen zur Gülen-Bewegung beruft.

Appell an

JUSTIZMINISTERIN

Tea Tsulukiani

24a Gorgasali St

Tbilisi

GEORGIEN

 

Sende eine Kopie an

BOTSCHAFT VON GEORGIEN

S.E. Herrn Lado Chanturia

Rauchstraße 11

10787 Berlin

Fax: 030-48 49 07-20

Amnesty fordert:

  • Ich möchte Sie dringend bitten, sich an Ihre Verpflichtungen gemäß der internationalen Menschenrechtsnormen zu halten und Mustafa Çabuk nicht an ein Land auszuliefern, in dem ihm Folter, anderweitige Misshandlungen oder sonstige schwere Menschenrechtsverletzungen drohen.

Sachlage

Mustafa Çabuk, ein türkischer Staatsbürger, der seit 2002 in Georgien lebt und arbeitet, ist am 24. Mai von der georgischen Polizei festgenommen worden. Er ist derzeit in der Organisation und als Lehrer an der privaten Demirel-Schule in der georgischen Hauptstad Tiflis beschäftigt. Der Festnahme lag ein Auslieferungsgesuch der Türkei zugrunde; dort soll Mustafa Çabuk wegen terroristischer krimineller Handlungen angeklagt und vor Gericht gestellt werden. Mustafa Çabuk leugnet jegliche Terrorunterstützung. Er könnte jederzeit ausgeliefert werden, in der Türkei drohen ihm Folter, anderweitige Misshandlungen, ein unfaires Verfahren sowie andere schwere Menschenrechtsverletzungen.

Mustafa Çabuk wird vorgeworfen, einem der Teilhaber_innen der privaten Demirel-Schule geholfen zu haben, seine Anteile an eine Erziehungsinstitution in den USA (Metropolitan Education and Consulting Services – LCC) zu verkaufen, die, so glaubt die Türkei, Verbindungen zur Gülen-Bewegung pflegt. Die Gülen-Bewegung (welche ein internationales Netzwerk von Unternehmen und 200Schulen hat) wurde von Fethullah Gülen gegründet, dem die türkischen Behörden vorwerfen, den Putschversuch vom Juli 2016 geleitet zu haben und dessen Organisation sie als "Fethullahistische Terrororganisation" (FETÖ) bezeichnen. Fethullah Gülen, der derzeit in den USA lebt, weist diese Anschuldigungen zurück.

Am 25. Mai stellte das Gericht der Stadt Tiflis Mustafa Çabuk unter einen dreimonatigen Auslieferungsarrest. Der Rechtsbeistand von Mustafa Çabuk legte gegen diese Entscheidung Rechtsmittel ein. Trotz dieser Rechtsmitteleinlegung ist die georgische Justizministerin befugt, jederzeit die Auslieferung von Mustafa Çabuk in die Wege zu leiten.

Seit 2016 existieren Berichte, dass die türkische Regierung ihre Verbündeten unter Druck setzt, rechtliche Schritte gegen mutmaßliche Anhänger_innen von Fethullah Gülen einzuleiten. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen dokumentierten glaubwürdige Beweise über willkürliche Festnahmen und die Folter von Gefangenen, denen man eine Verbindung zur Gülen-Bewegung nachsagt. Georgien obliegt sowohl unter internationalen Menschenrechtsnormen als auch unter der eigenen nationalen Gesetzgebung der Pflicht, eine Person nicht an ein Land auszuliefern, in dem ihr Folter, anderweitige Misshandlung oder sonstige schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohen.

Hintergrundinformation

Hintergrund

2016 führte der Putschversuch in der Türkei zu einem massiven Vorgehen der Regierung gegen Beamt_innen und die türkische Zivilgesellschaft. Die Behörden machen den Exilgeistlichen Fethullah Gülen für den Putschversuch verantwortlich und diejenigen zur Hauptzielscheibe, denen Verbindungen zur Gülen-Bewegung vorgeworfen werden.

Nach dem Putschversuch rief die türkische Regierung einen dreimonatigen Ausnahmezustand aus, der seither zweimal verlängert wurde und gegen eine Anzahl von Artikeln des Internationalen Paktes für bürgerliche und politische Rechte sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention verstößt. Die Regierung hat eine Reihe von Präsidialerlassen verabschiedet, die nicht einmal diese bereits eingeschränkten Standards einhalten. Mehr als 100.000 Mitarbeiter_innen des öffentlichen Dienstes, darunter Lehrer_innen, Polizist_innen und Militärangehörige, Ärzt_innen, Richter_innen und Staatsanwält_innen wurden mit der Begründung aus ihren Ämtern entlassen, sie hätten Verbindungen zu Terrororganisationen oder seien eine Bedrohung für die nationale Sicherheit. Mindestens 47.000 Menschen wurden in Untersuchungshaft genommen und beschuldigt, Verbindungen zu dem Putschversuch oder der Gülen-Bewegung zu haben, die von den türkischen Behörden als "Fethullahistische Terrororganisation" (FETÖ) bezeichnet wird. Amnesty International und andere Menschenrechtsorganisationen haben die Folter von Gefangenen in der Türkei dokumentiert.

 

Appell auf Englisch

  • Urging the Georgian authorities to comply with their obligations under international human rights law not to deport, extradite or otherwise return Mustafa Çabuk to a country where he would be at risk of torture, other ill-treatment or other serious human rights violations.