Amnesty Journal China 28. Mai 2013

Ein langer Kampf

Diese zierliche Frau hat es mit einem großen Gegner aufgenommen: Mao Hengfeng kämpft in der Volksrepublik China gegen die Ein-Kind-Doktrin und gegen illegale Zwangsräumungen. Ihr Engagement brachte sie im vergangenen Oktober erneut ins Gefängnis, nun wurde sie vorzeitig aus der Haft entlassen.

Von Ulrike Maiwald

Den Mächtigen ist sie ein Dorn im Auge: Immer wieder landete Mao Hengfeng in ihrer Heimat China in psychiatrischen Anstalten, Umerziehungslagern und Gefängniszellen. Sie wurde schi­kaniert, misshandelt und gefoltert. Der Grund: Seit Jahren setzt sich die 52-Jährige gegen rechtswidrige Zwangsräumungen und die staatlich verordnete Ein-Kind-Politik ein.

Zuletzt war sie im vergangenen Oktober wegen "Störung der öffentlichen Ordnung" zu 18 Monaten Zwangsarbeit in einem Arbeitslager verurteilt worden, weil sie an zwei Gedenkveranstaltungen für verstorbene Aktivistinnen teilgenommen hatte. Am 8. Februar wurde sie nun vorzeitig aus der Haft entlassen. Amnesty hatte in einer "Urgent Action" ihre Freilassung gefordert.

Seit Jahren setzt sich Mao Hengfeng gegen die Ein-Kind-­Politik Chinas zur Wehr. Sie hat die Repressalien dieser Politik selbst erfahren. Im Jahr 1988 wurde sie von ihrem Arbeitgeber, einer Seifenfirma in Shanghai, entlassen, nachdem sie zum zweiten Mal schwanger geworden war. Zur Begründung hieß es, sie habe mit der Schwangerschaft gegen das Gesetz verstoßen. Dennoch brachte sie ihr Kind zur Welt. Als sie Widerspruch gegen ihre Kündigung einlegte, wurde diesem stattgegeben und sie konnte zunächst an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Doch ihr Arbeitgeber akzeptierte die Entscheidung nicht und erhob Einspruch. Mao Hengfeng verlor abermals ihren Job und sah sich gezwungen, eine weitere Schwangerschaft abzubrechen.

Seit vielen Jahren engagiert sie sich zudem für das Recht auf Wohnen und gegen rechtswidrige Zwangsräumungen, was sie immer wieder in Konflikt mit chinesischen Behörden bringt. Illegale Zwangsräumungen sind in China stark verbreitet, um das Wirtschaftswachstum und den Bauboom anzukurbeln. Ört­liche Beamte versuchen, die Menschen aus ihren Wohnungen und Häusern zu vertreiben, weil sie sich davon eine Beförderung versprechen. Dabei ist ihnen jedes Mittel recht: Bewohner, die sich gegen die Räumungen wehren, werden schikaniert, geschlagen, inhaftiert oder getötet. Die Vertriebenen erhalten keine angemessene Entschädigung und haben keinen Zugang zu Rechtsmitteln. Aus Verzweiflung verbrennen sich viele der Betroffenen selbst. In einem Bericht von Amnesty vom Oktober 2012 heißt es, die Zahl der Zwangsräumungen sei in den vergangenen drei Jahren stark angestiegen. Viele, die sich den Zwangsräumungen nicht beugten, kamen ins Gefängnis oder
ins Arbeitslager.

Auch Mao Hengfeng bekam die Härte des Gesetzes bereits in der Vergangenheit zu spüren. Im März 2010 war sie zu 18 Monaten "Umerziehung durch Arbeit" verurteilt worden, ihre Strafe verbüßte sie bis September 2011 im "Shanghai Prison General Hospital". Dort durfte sie weder das Bett verlassen, noch mit anderen kommunizieren. Sobald sie sich den Anordnungen widersetzte, wurde sie geschlagen. Ihren Aufenthalt beschrieb sie als "Hölle auf Erden". Trotzdem hat Mao Hengfeng nicht aufgegeben. Ihr Schicksal ist ein beeindruckendes Beispiel eines unermüdlichen Kampfes für die Menschenrechte in China, der noch lange nicht beendet ist.

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