Amnesty Report Timor-Leste 12. Mai 2009

Timor-Leste 2009

 

Amtliche Bezeichnung: Demokratische Republik Timor-Leste Staatsoberhaupt: José Manuel Ramos-Horta Regierungschef: Kay Rala Xanana Gusmão Todesstrafe: für alle Straftaten abgeschafft Einwohner: 1,2 Mio. Lebenserwartung: 59,7 Jahre Kindersterblichkeit (m/w): 90/89 pro 1000 Lebendgeburten Alphabetisierungsrate: 50,1%

Die institutionellen Schwächen von Polizei und Justiz bestanden nach wie vor. Es kam zu bewaffneten Angriffen auf den Staatspräsidenten und den Regierungschef. Die Verantwortlichen für die schweren Menschenrechtsverletzungen, die im Zusammenhang mit der Loslösung von Indonesien im Jahr 1999 verübt wurden, genossen weiter Straffreiheit. Im Sommer wurde der seit langem erwartete Bericht der von Indonesien und Timor-Leste gemeinsam eingerichteten Kommission für Wahrheit und Freundschaft (Commission of Truth and Friendship – CTF) an die Regierungen der beiden Länder übergeben. Die Vereinten Nationen hatten die Untersuchung der CTF wegen des Problems der Straffreiheit boykottiert. Nach wie vor lebten zahlreiche Menschen, die bei den gewalttätigen Unruhen im Jahr 2006 aus ihren Wohnorten vertrieben worden waren, in Flüchtlingslagern.

Hintergrund

Auch 2008 mussten die Verantwortlichen für die Menschenrechtsverletzungen, die während des Unabhängigkeitsreferendums im Jahr 1999 und während der gewalttätigen Unruhen im April und Mai 2006 begangen worden waren, nicht mit Bestrafung rechnen.

Das Mandat der Integrierten Mission der UN in Timor-Leste (UNMIT) wurde bis zum 26. Februar 2009 verlängert. Präsident José Ramos-Horta forderte den Verbleib der UNMIT bis mindestens 2012.

Polizei und Sicherheitskräfte

Das Programm für den Wiederaufbau der Nationalpolizei von Timor-Leste wurde weiter umgesetzt. Es gab jedoch Berichte über Menschenrechtsverletzungen durch Polizisten und Militärangehörige. Die Spannungen zwischen den beiden Sicherheitsorganen verschärften sich nach dem Anschlag auf Staatspräsident Ramos-Horta und Ministerpräsident Gusmão, als die Polizei vorübergehend der Armee unterstellt wurde. Die Unterstützung der Polizei von Timor-Leste durch die Vereinten Nationen wurde fortgesetzt.

Am 11. Februar wurde Präsident Jose Ramos-Horta bei einem Überfall auf sein Haus von dem rebellierenden Soldaten Major Alfredo Reinado mit drei Schüssen schwer verletzt. Bei der nachfolgenden Schießerei zwischen den Rebellen und Leibwächtern des Präsidenten wurde Major Reinado getötet. Am selben Tag drangen Rebellen in das Wohnhaus des Regierungschefs ein und überfielen seine Wagenkolonne. Gusmão kam unverletzt davon. Reinado war bereits wegen seiner führenden Rolle bei den gewalttätigen Unruhen im Frühjahr 2006 von der Polizei gesucht und wegen Mordes unter Anklage gestellt worden. Präsident Ramos-Horta erholte sich vollständig von seinen Verletzungen.

Straflosigkeit

Der Bericht der CTF über die Gewaltakte im Jahr 1999 wurde im Juli der Regierung von Timor-Leste sowie der indonesischen Regierung offiziell vorgestellt. Darin wurde die Verantwortung für die schweren Menschenrechtsverletzungen in unerwarteter Deutlichkeit den nach Autonomie strebenden Milizen bzw. der indonesischen Armee, der Regierung und der Polizei zugeordnet. Da die CTF gemäß ihrem Mandat keine Strafverfolgung betreiben darf, wurden keine Täter namentlich genannt. Schwere Bedenken wegen der Straffreiheit veranlassten die Vereinten Nationen, die Untersuchung der CTF zu boykottieren und die Strafverfolgung stattdessen dem zusammen mit einheimischen Staatsanwälten gebildeten Ermittlungsteam für schwere Straftaten zu überlassen. Bis zum Jahresende wurden 20 Fälle vorgelegt. Nach Ansicht der UN ist damit zu rechnen, dass die Ermittlungen zu den insgesamt fast 400 Fällen drei Jahre dauern werden.

Im Mai setzte der Präsident bei zahlreichen Mitgliedern der pro-indonesischen Milizen, die im Zusammenhang mit den Gewaltakten von 1999 wegen Mordes verurteilt worden waren, das Strafmaß herab.

  • Die Haftstrafe für den Milizenführer Joni Marques wurde auf zwölf Jahre herabgesetzt. Das ursprüngliche Strafmaß von 33 Jahren wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit war bereits 2004 um neun Jahre reduziert worden.

  • Im April 2008 hob der indonesische Oberste Gerichtshof das Urteil gegen den ehemaligen Milizenführer Eurico Guterres auf, der wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war. Guterres war einer von ursprünglich sechs Angeklagten, die für schuldig befunden worden waren. Doch war er der Einzige, dessen Urteil aufrechterhalten wurde, und der eine Gefängnisstrafe verbüßte.

Binnenflüchtlinge

Etwa 100000 Menschen lebten auch 2008 als Binnenflüchtlinge an einem anderen als ihrem angestammten Wohnort. Sie litten weiterhin unter einem Mangel an Nahrungsmitteln und sauberem Wasser, außerdem fehlte es ihnen an Wohnraum, sanitären Einrichtungen sowie ärztlicher Versorgung.

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