Amnesty Material

Positionspapier von Amnesty International zur geplanten Asylverfahrensordnung

Nachdem die Europäische Kommission am 4. Mai 2016 bereits einen Vorschlag für eine Neufassung der sogenannten Dublin-Verordnung (dann Dublin-IV)1 vorgelegt hatte, stellte sie in einem zweiten Schritt am 23. Juli 2016 weitere Neuerungen im Rahmen der geplanten Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems vor.

Im Zuge dieser Reform soll die Asylverfahrensrichtlinie durch eine Verordnung ersetzt werden. Nach Art. 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) setzt eine Richtlinie Mindeststandards, deren Umsetzung dem jeweiligen Mitgliedstaat überlassen ist. Eine Verordnung dagegen hat unmittelbare Gültigkeit in dem Mitgliedstaat und ist in ihren Regelungen verbindlich. Es können folglich keine höheren Standards im nationalen Recht gesetzt werden. Durch die Einführung einer Verordnung strebt die Kommission die weitere Harmonisierung des Europäischen Asylsystems mit dem erklärten Ziel an, Anerkennungsquoten anzugleichen und Sekundärbewegungen zu verhindern.

Amnesty International begrüßt Bemühungen, Asylgesetze und –verfahren der EU-Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Allerdings befürchtet Amnesty International, dass Mitgliedstaaten mit höheren verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Garantien gezwungen werden, ihre Standards auf das vorgeschriebene Niveau abzusenken und keinen oder nur sehr begrenzten Ermessensspielraum haben, um eine bessere Behandlung zu gewähren.

Zwar enthält die vorgeschlagene Reform einige positive Aspekte, doch im Ganzen betrachtet würde die Reform zu einem beunruhigenden Rückschritt der bestehenden Standards führen – beispielsweise durch die geplanten beschleunigten Verfahren, die verpflichtenden Zulässigkeitsverfahren und auch hinsichtlich der verpflichtenden Anwendung von "sicheren Herkunftsstaaten", "sicheren Drittstaaten" und "ersten Asylstaaten". Dies soll auch für unbegleitete Minderjährige möglich sein und geht mit geringeren Verfahrensrechten einher. Außerdem beunruhigt, dass durch die Verpflichtung zur Einstellung der Asylverfahren für bestimmte Fallgruppen (wie Personen, die nicht rechtzeitig ihren Asylantrag gestellt haben) eine Vielzahl an Asylsuchenden ganz vom Asylverfahren ausgeschlossen werden könnte.

Im Folgenden werden die für Amnesty International relevanten Änderungen dargelegt. 

Positionspapier von Amnesty International zur geplanten Asylverfahrensordnung