Pressemitteilung Aktuell Kultur Deutschland 24. Februar 2024

Berlinale: Amnesty-Filmpreis 2024 geht an "The Strangers' Case"

Gruppenfoto der drei Jury-Mitglieder und dem Regisseur, der eine Urkunde in der Hand hält. Die vier Personen stehen nebeneinander und lächeln.

Regisseur Brandt Andersen (2. v.r.) wurde auf der Berlinale 2024 für seinen Film "The Strangers' Case" von den Amnesty-Jury-Mitgliedern Anne-Catherine Paulisch, Dr. Alice Brauner und Jannik Schümann mit dem Amnesty-Filmpreis ausgezeichnet (24. Februar 2024).

Der jordanische Film "The Strangers' Case" von Brandt Andersen überzeugte die Jury um Filmproduzentin Alice Brauner und Schauspieler Jannik Schümann.

Der jordanische Film "The Strangers' Case" von Brandt Andersen aus der Sektion "Berlinale Special Gala" gewinnt den mit 5.000 Euro dotierten Amnesty-Filmpreis der Berlinale. Die Jury um Filmproduzentin Alice Brauner und Schauspieler Jannik Schümann sprach zudem eine lobende Erwähnung für den Film "Intercepted" von Oksana Karpovych aus der Ukraine aus, der in der Sektion "Forum" lief, sowie für den peruanisch-chilenischen Film "RaÌz" von Franco García Becerra aus der Sektion "Generation Kplus".

Die Amnesty-Jury begründet ihre Entscheidung für den Gewinner-Film wie folgt:

"The Strangers' Case", ein Spielfilm über die Odyssee einer Flucht aus Syrien, ist in jeder Hinsicht gelungen: Vom Drehbuch über die Erzählperspektive bis hin zur schauspielerischen Leistung hat dieser Film alles, was es braucht, um sehr viele Menschen emotional zu berühren.

In diesem Drama werden unterschiedliche Perspektiven einfühlsam und mit Empathie erzählt – ob es die der Kinderchirurgin ist, die eine lebensrettende Operation vornimmt, des Kapitäns, der nicht mehr schlafen kann, oder des "Smugglers", der selbst ein Geflüchteter ist und mit dem Geld seinem kranken Sohn ein besseres Leben ermöglichen möchte.

Die Beweggründe der Protagonist*innen, ihre Probleme und Schmerzpunkte, sind Einblicke, die wir selten so gut erzählt bekommen. Der Kontext des syrischen Bürgerkrieges bleibt dabei fast außen vor – man braucht ihn aber auch nicht. Denn diese Geschichte könnte so in jedem Krieg passieren, in jedem Jahrhundert – das ist die humanitäre Botschaft, die Shakespeare seinen Hamlet schon vor mehr als vier Jahrhunderten ausrufen ließ und so zum Titel des Films verhalf.

Weil wir Filme auszeichnen, die versuchen, Wahrhaftigkeit abzubilden, gewinnt "The Strangers' Case" mit dieser sensiblen Vielstimmigkeit den diesjährigen Amnesty Filmpreis der Berlinale.

Der fiktionale Charakter des Films ermöglicht, dass man hautnah dran ist am Geschehen und an den Figuren, wie etwa bei der Wiederbelebung eines Kindes. Diese extremen Bilder vergisst man so schnell nicht mehr, sie brennen sich ein. Der Film rüttelt damit auf, und obwohl wir meinen, schon alles gesehen zu haben, reißt er uns aus unserer Apathie und regt an, aktiv zu werden.

Der Film kommt zu einer Zeit, in der Europa legale Fluchtwege verunmöglicht, Seenotrettung kriminalisiert und Asylverfahren an die Außengrenzen oder sogar in Drittstaaten verlagert. Es braucht den Aufschrei der Zivilgesellschaft, um diese menschenverachtende Politik zu beenden. Der Film kann dazu einen Beitrag leisten.

Der mit 5.000 Euro dotierte Preis wurde dieses Jahr zum 19. Mal verliehen. Auf der sich als politisches Filmfestival verstehenden Berlinale will er Filmschaffende würdigen, die ihre Arbeit den Menschenrechten widmen.

Die Jury

Das Bild zeigt eine Collage versch. Porträtfotos in Farbe

Die Jury des Amnesty-Filmpreises auf der Berlinale 2024: Filmproduzentin Dr. Alice Brauner, Schauspieler Jannik Schümann und Anne-Catherine Paulisch, Teamleiterin Kampagnen und Kommunikation von Amnesty International in Deutschland (v.l.).

Dr. Alice Brauner ist Journalistin, Historikerin und Filmproduzentin. Sie studierte Neuere Geschichte, Politische Wissenschaften und Romanistik an der Freien Universität Berlin. Nach ihrer Tätigkeit als Redakteurin für verschiedene Printmedien wurde sie Interviewerin und Referentin bei der Survivors of the Shoah Visual History Foundation. Die von Steven Spielberg gegründete Stiftung archiviert Berichte von Überlebenden der Schoah. 1999 promovierte sie am Zentrum für Antisemitismusforschung an der TU Berlin. 2006 stieg sie in die Firma CCC Filmkunst ihres Vaters Artur Brauner ein, die sie seit 2019 leitet. Sie produzierte u.a. die vielfach preisgekrönten Kinofilme "Wunderkinder" (2011) und "Crescendo #makemusicnotwar" (2019). Seit November 2023 läuft in der ARD Mediathek die von CCC zusammen mit der argon film, NDR und WDR produzierte dreiteilige Doku-Serie "Mord. Macht. Medien. Der Fall Jens Söring". 2023 erfolgten die Dreharbeiten zum neuen Kinofilm "Münter & Kandinsky", der voraussichtlich 2024 in die Kinos kommt.

Jannik Schümann (*1992) ist ein deutscher Schauspieler, Synchron- und Hörspielsprecher. Er studiert Anglistik und Medienwissenschaften an der Humboldt Universität Berlin. Bekannt ist er durch ausdrucksstarke Rollen in TV-Serien und Spielfilmen wie "Mein Sohn Helen" (2015), "Die Mitte der Welt" (2016), "Jugend ohne Gott" (2017) oder das Liebesdrama "Dem Horizont so nah" (2019). Von 2016–2023 spielte er die Rolle des Assistenten Nikolaus Tanz in der ARD-Kriminalreihe "Die Diplomatin" an der Seite von Natalia Wörner, etablierte sich dann in der Branche durch sein Mitwirken bei der TV-Erfolgs-Serie "Charité". Seit drei Staffeln verkörpert er die Hauptrolle Franz in der RTL+-Neuverfilmung "Sisi". Im Frühjahr 2024 erscheint sein neues Serien-Projekt "Disko 76".

Anne-Catherine Paulisch (*1973 in Berlin) leitet seit 2011 das Kampagnen- und Kommunikationsteam von Amnesty International in Deutschland. Sie hat mit ihrem Team zahlreiche Kampagnen, Veranstaltungen und Kooperationen entwickelt und umgesetzt.

Ausgezeichnete Filme: Der Amnesty-Filmpreis auf der Berlinale 2009 bis 2023

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